4.2.2.1 Allgemeines

 

Tz. 340

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Da § 14 Abs 1 KStG die stliche Anerkennung der Organschaft von dem Vorliegen eines GAV iSd § 291 Abs 1 AktG und dessen tats Durchführung abhängig macht, hat die Fin-Verw in der Vergangenheit einem nach ausl HR abgeschlossenen GAV die Eignung zur Begr einer Organschaft versagt.

Da D eine grenzüberschreitende Organschaft mit der Wirkung einer Einkommenszurechnung von einer inl TG zu einer ausl MG oder von einer ausl TG zu einer inl MG nicht kennt (s Tz 321), stellt sich die Frage nach der Anerkennung eines ausl GAV vorrangig bei OG, die nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats der EU bzw des EWR gegründet wurden und die ihren Verwaltungssitz (Geschäftsleitung) in D haben.

Da außer D nur die EU-Staaten Österreich, Portugal, Slowenien und Kroatien das Rechtsinstitut des GAV kennen (s Tz 99, 315), stellt sich für in anderen EU-/EWR-Staaten oder in Drittstaaten gegründete TG mit inl Geschäftsleitung die Frage, ob ein inhaltlich dem GAV iSd § 291 Abs 1 AktG nachgebildeter schuldrechtlicher Vertrag als Grundlage für die Anwendung der dt Organschaftsregelungen anzuerkennen ist (dazu s Tz 344ff).

 

Tz. 341

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Zur Beantwortung der Frage nach der Zulässigkeit eines "grenzüberschreitenden" GAV ist auf das Gesellschaftsrecht des Ansässigkeitsstaats der Untergesellschaft abzustellen (s Urt des BGH v 15.06.1992, BGHZ 119, 1; v 03.04.1998, BGHZ 138, 136 und v 13.12.2004, DStR 2005, 340, unter III 2a; weiter s Hoene, IStR 2012, 462). Daher kann eine TG mit Sitz und Geschäftsleitung in D als OG einen GAV unabhängig davon abschließen, in welchem Staat der OT ansässig ist. Ggf sind jedoch noch evtl Zustimmungserfordernisse nach ausl Gesellschaftsrecht zu beachten (s Hoene, IStR 2012, 462). Anders bei einer OG mit Geschäftsleitung im Inl, aber statutarischem Sitz in einem ausl EU-/EWR-Staat, bei der sich Zulässigkeit und Wirkungen eines GAV nach dem jeweiligen ausl HR richten.

Nach Auff von Kollruss/Schultze/Nöhring (Wpg 2022, 54) lässt sich eine grenzüberschreitende Organschaft durch Wegzug der OG in Form der Verlegung der Geschäftsleitung ins Ausl oder durch grenzüberschreitenden rechtsformkongruenten Hinausformwechsel der OG in eine ausl EU-/EWR-Tochter-Kap-Ges erreichen, weil in solchen Fällen der dt GAV "mitgenommen" wird. UE scheitert die Organschaft wegen der Aufgabe der in § 14 Abs 1 S 1 KStG zwingend geforderten inl Geschäftsleitung.

4.2.2.2 Gewinnabführungsvertrag nach ausländischem Recht liegt vor

 

Tz. 342

Stand: EL 110 – ET: 06/2023

Als Reaktion auf die Einleitung eines förmlichen Vertragsverletzungsverfahrens seitens der EU-Kommission v 26.07.2019 (dazu s Tz 100) erkennt D nunmehr einen nach ausl Recht abgeschlossenen GAV unter folgenden Voraussetzungen an (s Vfg der OFD Ffm v 12.11.2019, DStR 2019, 2701 und v 09.07.2020, DB 2020, 1768):

Zitat

Die Regelungen des ausl GAV

  1. entspr vollständig den Vorgaben des § 291 AktG und beinhalten insbes auch die Pflicht zur Verlustübernahme entspr der Regelung des § 302 AktG,
  2. sind nach ausl (Zivil-)Recht zulässig (insbes Vereinbarkeit mit den dortigen handels- und gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zum Schutz von Gläubigern sowie Minderheitsgesellschaftern),
  3. sind in eintragungspflichtiger Form vereinbart, dh es besteht nach ausl Recht eine Pflicht, die Regelungen in ein mit dem dt HReg vergleichbares öff Register einzutragen oder die Regelungen zur Gewinnabführung werden in die Satzung der OG aufgenommen und es besteht nach dem ausl Recht eine Eintragungspflicht hinsichtlich von Satzungsänderungen,
  4. haben, falls der GAV nicht selbst in der Satzung verankert wird, satzungsändernden Charakter (eine bloße satzungsüberlagernde Wirkung genügt nicht). Dies ist bspw der Fall, wenn das entspr ausl GesellschaftsR des jeweiligen Landes das Institut des GAV kennt und diesem satzungsändernden Charakter beimisst oder innerhalb der Satzung die Regelungen des GAV aufgenommen werden. Allein das satzungsmäßige Einräumen der Möglichkeit zum Abschluss eines GAV iSd § 291 AktG ist nicht ausreichend, da hierdurch seitens der Gesellschafter der beherrschten Gesellschaft keine unmittelbare Entsch über eine essenzielle Änderung des rechtlichen Status getroffen wird.

Zu der in vorstehender Nr 3 genannten Voraussetzung "in eintragungsfähiger Form vereinbart" führt das Fin-Min SH (Kurzinfo v 17.01.2020, IStR 2020, 436) erläuternd aus: "Es kann entweder nach ausl Recht bereits für das Rechtsinstitut des GAV eine Eintragungspflicht bestehen oder die Regelungen zur Gewinnabführung werden in die Satzung der beherrschten Gesellschaft aufgenommen und es besteht nach dem ausl Recht eine Eintragungspflicht für Satzungsänderungen."

Liegen die vg Kriterien vor, ist, so die oa Vfg der OFD Ffm, die Organschaft frühestens ab dem Jahr der Eintragung in das Register anzuerkennen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen ein GAV bereits früher abgeschlossen wurde. Denn eine Satzungsänderung und die entspr Eintragung in das ausl Handels- oder Firmenbuch entfalten keine stliche Rückwirkung auf den Zeitpunkt des bereits früher erfolgten Abschl...

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