Tz. 25

Stand: EL 68 – ET: 03/2010

Die Vorschrift des § 8 Abs 4 KStG ist in hohem Maße auslegungsbedürftig, aber nur begrenzt auslegungsfähig (s Orth, DB 1997, 2242, 2249).

Das Grundproblem der Vorschrift wird mit Rödder (StbJb 2002/2003, 307ff) und Frotscher (in F/M, § 8 KStG Rn 182) darin gesehen, dass der Telos der Norm letztlich ungeklärt ist. MaW, es fehlt an einem verlässlichen "Kompass" als Auslegungsrichtschnur bei auftretenden Einzelfragen. § 8 Abs 4 KStG, zunächst im StRefG 1990 in Fortsetzung der früheren BFH-Rspr als Regelung zur Unterbindung des missbräuchlichen Handels mit stlichen Verlustvorträgen in Gestalt leerer GmbH-Mäntel geschaffen, hat durch das in 1997 verabschiedete Gesetz zur Forts der UntStRef eine inhaltliche Veränderung erhalten (glA s Prinz in H/ H/R, § 8 KStG Rn G 2). Die Frage ist nur, welche. Das Verständnis der Vorschrift schwankt zwischen

dem einer im Verhältnis zu § 42 AO speziellen Missbrauchsverhütungsnorm, die den Untergang eines stlichen Verlustabzugs an die wes Veränderung der "personellen und sachlichen Substrats" der Verlust-Kap-Ges anknüpft. Nach Auff von Bock (GmbHR 2004, 221) und Kaeser (DStR 2005, 349) besteht der Regelungszweck der Vorschrift darin, zu verhindern, dass neue AE der Verlust-Kap-Ges neues BV zuführen, um die Besteuerung der aus dem zugeführten BV fließenden Erträge bei sich selbst zu vermeiden. Danach soll § 8 Abs 4 KStG verhindern, dass das der Verlustgesellschaft zugeführte neue Ertragspotenzial durch die bestehenden Alt-Verlustabzüge in stfreies Einkommen "gewaschen" wird. Ähnlich s Orth (DK 2003, 441, 451), der allerdings die Frage, ob § 8 Abs 4 KStG als Missbrauchsverhütungsnorm anzusehen ist, offen lässt. Nach diesem Verständnis will § 8 Abs 4 KStG die Gewinnverlagerung von der AE-Ebene hinein in die Ebene der Verlust-Kap-Ges verhindern, indem sie auf der Ebene der Verlust-Kap-Ges deren noch nicht verbrauchten Alt-Verlustabzug für stlich nicht mehr nutzbar erklärt. Anders hingegen der BFH (s Urt des BFH v 05.06.2007, BStBl II 2008, 986, s Urt des BFH v 28.05.2008, HFR 2008, 1259 und s Urt des BFH v 01.07.2009, GmbHR 2009, 1115). Danach zielt das Tatbestandsmerkmal des neuen BV nicht darauf ab, einer Verlagerung zusätzlichen Ertrags- und damit Verlustverrechnungspotenzials in die Verlust-Kö zu begegnen. Vielmehr sind jegliche Änderungen der Struktur, Zusammensetzung und wirtsch Bedeutung des BV zu erfassen, weil es auf die Nämlichkeit des BV ankommt;
dem einer zusätzlichen Verlustabzugsvoraussetzung, bei deren Fehlen ein Verlustabzug mangels Vorliegen der wirtsch Identität bereits dem Grunde nach nicht stlich nutzbar ist. So inbes s Frotscher (in F/M, § 8 KStG Rn 182), der in § 8 Abs 4 KStG ein zusätzliches Tatbestandsmerkmal für den Verlustabzug geregelt sieht. SE korrespondiert die "wirtsch Identität" im KSt-Recht mit der für den gewstlichen Verlustabzug erforderlichen "Unternehmensidentität" (s R 67 GewStR 1998). Danach hat auch die KSt insoweit einen objektstartigen Charakter, weil es für den Verlustabzug nicht ausreicht, dass die Kap-Ges identisch ist (Unternehmeridentität). Es muss hinzukommen, dass das den Verlust verursachende stliche Substrat (Geschäftsbetrieb iSd § 8 Abs 4 KStG, Unternehmen iSd GewSt-Rechts) identisch ist. Wegen der Unterschiede zur Rechtslage bei der GewSt allerdings s Orth (DK 2003, 378, 382).

Lt Roser (in Gosch, § 8 KStG Rn 1396) liegt eine Typenvermischung vor, die eine spezialges Zusatzvoraussetzung der Verlustnutzung mit Elementen eines Missbrauchstatbestands verbindet. Der BFH (s Urt des BFH v 01.02.2001, BStBl II 2001, 520) geht davon aus, dass § 42 AO neben § 8 Abs 4 KStG Anwendung findet. Dazu auch s Gosch (DStR 2003, 1917, 1919).

In seinem Urt (s Urt des BFH v 20.08.2003, BStBl II 2004, 616) lehnt sich der BFH stark an das Identitätskonzept von Frotscher an, ohne sich jedoch ausdrücklich dafür auszusprechen. Die Fin-Verw hat sich zum Telos der Norm nicht offiziell geäußert. UE ist mit Frotscher (aaO) davon auszugehen, dass das Vorliegen der wirtsch Identität eine zusätzliche Voraussetzung für die Inanspruchnahme des kstlichen Verlustabzugs ist (ebenso hierzu s Dötsch in FS Wassermeyer, 2005, 113, 118).

 

Tz. 26

Stand: EL 76 – ET: 12/2012

Es drängt sich der Eindruck auf, dass weder die Fin-Verw noch die Rspr ein Patentrezept für eine überzeugende Auslegung des § 8 Abs 4 KStG anbieten können. Die Situation ist (s Dötsch, FSWassermeyer, 2005, 113, 115) dadurch geprägt, dass

einerseits im Anschluss an einen mehrheitlichen AE-Wechsel bei einer Verlust-Kap-Ges der stliche Verlustabzug umso eher verloren geht, je wirtsch vernünftiger sich die Kap-Ges verhält und
andererseits § 8 Abs 4 S 2 KStG unverständlicherweise zB den Fall nicht erfasst, dass der AE einer Gewinn-Kap-Ges einen leeren Mantel an einer Verlust-Kap-Ges erwirbt, danach die fünf Jahre iSd Rn 12 des Schr des BMF v 16.04.1999 (BStBl I 1999, 455) "aussitzt" und anschließend die ihm gehörende Gewinn-Kap-Ges aus deren (Schwester-)Verlust-Kap-Ges verschmilz...

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