Tz. 34

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Erfolgt eine Einbringung zum Bw oder Zwischenwert, ordnet der Verweis in § 23 Abs 1 UmwStG auf die entspr Anwendung der Regelung in § 4 Abs 2 S 3 UmwStG eine sog Besitzzeitanrechnung an. Die Besitzzeitanrechnung tritt damit für die in der Praxis weitaus überwiegende Zahl der Fälle als grundlegendes weiteres Besteuerungsprinzip (eigenständig) neben die stliche Rechtsnachfolge (s Tz 17 und 19). Danach ist eine für die Besteuerung maßgebende Dauer der Zugehörigkeit eines WG zum BV des übertragenden Rechtsträgers der Übernehmerin anzurechnen (s § 4 Abs 2 S 3 UmwStG). Hierbei geht es folglich um ein für die Gewinnermittlung konstitutives Zeitmerkmal, das der Einbringende vor dem stlichen Übertragungsstichtag erfüllt hat. Selbst wenn die Sacheinlage nach den §§ 20, 25 UmwStG stlich in Zeiträume zurückbezogen wird, die der Einbringende zivilrechtlich realisiert hat, ist das eingebrachte BV ab dem zurückliegenden Einbringungsstichtag stlich der übernehmenden Gesellschaft vorbehaltlos zuzurechnen (s § 20 UmwStG Tz 319ff). Im Rückbezugszeitraum kommt es daher nicht zu einer "Anrechnung" von Besitzzeiten eines anderen Rechtsträgers, da die Übernehmerin die WG der Sacheinlage (bereits) in eigener Pers "besitzt".

 

Tz. 35

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Die Dauer der stlichen Zurechnung (ggf durch wirtsch Eigentum) an WG des Einbringenden vor dem Einbringungsstichtag wird der Übernehmerin für ihre Einkommensermittlung mit den übernommenen WG angerechnet (Bsp s Tz 52; s Tz 69; s Tz 71; s Tz 77; s Tz 138–139). Nach Auff der Fin-Verw umfasst die Besitzzeitanrechnung des § 4 Abs 2 S 3 UmwStG auch die Fortführung von Behalte- oder Verbleibensfristen (s UmwSt-Erl 2011 Rn 23.06 iVm Rn 04.15). Behaltefristen des Einbringenden sollen durch den Übergang des BV nicht unterbrochen werden (zust die hA, zB s Nitzschke, in Blümich, § 23 UmwStG 2006 Rn 53; s Schmitt, in S/H/S, 8. Aufl, § 23 UmwStG Rn 29; s Ritzer, in R/H/vL, 3. Aufl, § 23 UmwStG Rn 83; s Bilitewski, in H/M/B, 5. Aufl, § 23 UmwStG Rn 25). Diese Rechtsfolge lässt sich uE aus dem Verweis auf § 4 Abs 2 S 3 UmwStG nicht ableiten. Denn sowohl im originären Anwendungsbereich des § 4 UmwStG als auch im personellen und sachlichen Regelungsbereich des § 23 UmwStG geht es nur um die Besteuerung der übernehmenden Gesellschaft. Die Anrechnung (zurückliegender) Zeiterfordernisse erfolgt nämlich nach diesen Vorschriften nur, wenn und soweit diese "Auswirkungen bei der übernehmenden Gesellschaft" (s Überschrift zu § 23 UmwStG) hat. Bei der Fortführung der Behaltefristen durch tats Besitz der übertragenen WG bei der Übernehmerin werden jedoch nur Besteuerungsfolgen beim einbringenden Rechtsträger angesprochen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Verwaltungssicht im UmwSt-Erl 2011 als "Billigkeitsregelung" angesehen werden kann (s Mutscher, in F/D, § 23 UmwStG Rn 48). Jedenfalls kann uE aus dem Prinzip der stlichen Rechtsnachfolge abgeleitet werden, dass vom Einbringenden unter der Auflage von Behaltefristen in Anspruch genommene St-Vergünstigungen erhalten bleiben, wenn die Übernehmerin als Betriebsfortführende die (betriebsbezogene) Behaltedauer übernommener WG bis zum Ende der vom Einbringenden in Gang gesetzten Frist erfüllt (zB § 7g Abs 1 S 2 Nr 2b EStG aF, § 2 Abs 1 S 1, Abs 2 InvZulG; dies gilt freilich nur, wenn die Sacheinlage – als dem Grunde nach entgeltliche Veräußerung – selbst nicht zur Verletzung von Sperr- und Verbleibensfristen des Einbringenden führt; dazu s § 20 UmwStG Tz 242).

 

Tz. 36

Stand: EL 100 – ET: 10/2020

Die Anrechnung der Besitzzeit der eingebrachten WG beim übertragenden Rechtsträger für die Besteuerung der Übernehmerin ergibt sich nicht unmittelbar aus der stlichen Rechtsnachfolge gem §§ 23 Abs 1 oder 3 iVm 12 Abs 3 Hs 1 UmwStG (zust s Schmitt, in S/H/S, 8. Aufl, § 23 UmwStG Rn 29). Im UmwStR wird generell ausdrücklich zwischen der stlichen Rechtsnachfolge einerseits und der Übernahme von Vorbesitzzeiten andererseits differenziert (s § 4 Abs 2 S 1 und S 3 UmwStG sowie § 12 Abs 3 Hs 1 und Hs 2 iVm § 4 Abs 2 S 3 UmwStG). Aus diesem Grund wird für die Einbringungsvorschriften des UmwStG in § 23 Abs 1 UmwStG nicht bloß auf eine analoge Anwendung des § 12 Abs 3 Hs 1 UmwStG, sondern auch auf § 4 Abs 2 S 3 UmwStG verwiesen. Aus der letztgenannten Vorschrift ergibt sich, dass die Zugehörigkeit eines WG zum BV des Einbringenden für Zwecke der Ermittlung der stlichen Besitzzeit der Dauer der Zugehörigkeit bei der Übernehmerin ab dem stlichen Übertragungsstichtag hinzugerechnet wird. Selbst wenn man der Auff wäre, die stliche Rechtsnachfolge umfasse auch zeitbezogene Merkmale der eingebrachten WG, ist die ausdrückliche Regelung in § 4 Abs 2 S 3 UmwStG spezieller als die allumfassende stliche Rechtsnachfolge und damit vorrangig (so die Rspr, s Urt des BFH v 16.04.2014, BStBl II 2015, 303 unter Rn 11). Nach aA solle die Regelung zur Besitzzeitanrechnung gem § 4 Abs 2 S 3 UmwStG nur deklaratorische Bedeutung haben und daher obsolet sein, weil die d...

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