Tz. 1

Stand: EL 104 – ET: 12/2021

Die rasante Entwicklung der Volkswirtschaft vor allem in den letzten beiden Jahrhunderten hat dazu geführt, dass urspr relativ einfache, lose zusammengebundene Personen- und Vermögensgesellschaften zunehmende Selbständigkeit und Eigenständigkeit erlangten. Dieser Entwicklung Rechnung tragend haben auch Bürgerliches, Öff und StR den entspr Gebilden eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Rechtspersönlichkeit zuerkannt. Aus diesem Prozess geht die KSt als die ESt der im KStG genannten Kö, Pers-Vereinigungen und Vermögensmassen hervor. Wegen der historischen Entwicklung s Tz 6ff.

1.1.1 Warum werden Körperschaften besteuert?

 

Tz. 2

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Betrachtet man die KSt als ESt verselbständigter Personengemeinschaften, stellt sich die Frage, ob es zwingend ist, diese eigenständigen Gebilde zu besteuern, oder ob nicht ein Durchgriff – mit der Folge der Besteuerung der Eink bei den Beteiligten selbst – zweckmäßiger wäre. Das BVerfG hat hierzu (s Urt des BVerfG v 24.01.1962, BVerfGE 13/331) ausgeführt, dass die KSt eine notwendige Konsequenz aus der Verselbständigung der jur Pers ist, deren nicht ausgeschüttete Gewinne ansonsten überhaupt stfrei bleiben würden. Unter Bezugnahme auf dieses Urt hatte auch die B-Reg in der Begr zur KSt-Reform 1976 (s BT-Drs 7/1470, 323ff) argumentiert, dass insbes dem Grundgedanken der wettbewerbsgerechten Besteuerung bei den einzelnen St-Arten Rechnung getragen werden muss. Das setzt voraus, dass jeweils derjenige als St-Subjekt heranzuziehen ist, der im Wettbewerb tätig ist. Auch wenn die jur Pers durch natürliche Pers geführt werden, so stellen sie sich doch selbst als im Wettbewerb tätige Gebilde dar. Nach Art 19 Abs 3 GG sind sie sogar grundrechtsfähig, soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf sie anwendbar sind. Das gilt auch für den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG, aus dem sich der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und der Grundsatz der Wettbewerbsneutralität ergeben. Daraus folgt konsequenter Weise, dass die von diesen Gebilden erwirtschafteten Gewinne – zumindest soweit sie wieder im betreffenden Unternehmen eingesetzt werden – gleichermaßen unter Berücksichtigung der pers Leistungsfähigkeit (der Kö) zu besteuern sind, wie die Gewinne mit ihr vergleichbar im Wettbewerb stehender natürlicher Pers (vgl dazu auch den Bericht der B-Reg "über die Untersuchung der Wettbewerbsverschiebung im Kreditgewerbe und über eine Einlagensicherung" v 18.11.1968, Drs V/3500, 101 sowie zum Gebot der Besteuerung nach der wirtsch Leistungsfähigkeit: s Urt des BVerfG v 22.02.1984, BVerfGE 66/214, 223).

 

Tz. 3

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Das frühere kstliche Anrechnungsverfahren hatte dieser Vorgabe dadurch sehr weit gehend Rechnung getragen, dass es letztlich den diesem immanenten Grundsatz der Einmalbesteuerung nahezu perfektionierte. Eine vom BMF eingesetzte Kommission zur Verbesserung der stlichen Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze hatte deshalb in einem Gutachten vom Juni 1991 vorgeschlagen, iRe künftigen UntStRef das KSt-System der Vollanrechnung beizubehalten, dabei aber möglichst Thesaurierungs- und Ausschüttungs-St-Satz einander anzugleichen. Das hätte letztlich die von den verfassungsrechtlichen Vorgaben geforderte Besteuerungsgleichheit weiter erhöht.

Die von der B-Reg im Dezember 1998 eingesetzte Kommission zur Reform der Unternehmensbesteuerung hat dann aber in den sog Brühler Empfehlungen die Rückkehr zu einem sog klassischen System mit niedrigem Einheits-St-Satz ohne Anrechnungsverfahren, einhergehend mit einer Besteuerung der Hälfte der Ausschüttung beim AE, vorgeschlagen. Daraus folgte mit dem StSenkG v 14.07.2000 (BGBl I 2000, 1433) ein grundlegender Systemwechsel bei der KSt vom Anrechnungs- zum sog Halb-Eink-Verfahren.

Es ist zumindest fraglich, inwieweit bereits dieser Systemwechsel dem oa verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Wettbewerbsgleichheit und der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit hinreichend Rechnung trägt. IRd UntStRefG v 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) hat der Ges-Geber aber den unter Wettbewerbsgesichtspunkten gebotenen Pfad der stlichen Rechtsformneutralität mit einer deutlichen Absenkung des KSt-Satzes und der Einführung der AbgeltungSt noch weiter verlassen. Die zur Kompensation für estpfl Unternehmen ua vorgenommene Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns (§ 34a EStG) behebt diesen Umstand nur bedingt. Weitere systemabhängige Unterschiede wie etwa die stliche Behandlung von Ges-GF-Gehältern, von Entgelten für die Überlassung von WG oder für die Hingabe von Darlehen (‹Gesellschafterfremdfinanzierung›) sowie die Schedulenbesteuerung von Kap-Eink über die AbgeltungSt sorgen dafür, dass die ges Ursprungsintention einer rechtsformneutralen Besteuerung inzwischen sehr weit gehend leer läuft und eine grundlegende Reform der Besteuerung unternehmerischer Aktivitäten mehr denn je angezeigt ist. Inwieweit mit der Einführung des Optionsmodells nach § 1a KStG in der praktischen Anwendung eine rechtsformneutrale Besteuerung erreich...

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