Leitsatz

1. Die Zusage einer dienstzeitunabhängigen Invaliditätsversorgung durch eine GmbH zugunsten ihres beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers in Höhe von 75 % des Bruttogehalts kann wegen ihrer Unüblichkeit auch dann zu vGA führen, wenn die Versorgungsanwartschaft von der GmbH aus Sicht des Zusagezeitpunkts finanziert werden kann.

2. Die Rückstellung wegen einer Versorgungszusage, die den Wert einer fehlenden Anwartschaft des Gesellschafter-Geschäftsführers auf gesetzliche Rentenleistungen ersetzt, ist steuerlich nur in jenem Umfang anzuerkennen, in dem sich die im Fall der Sozialversicherungspflicht zu erbringenden Arbeitgeberbeiträge ausgewirkt hätten (Anschluss an Senatsurteil vom 15.7. 1976, I R 124/73, BStBl II 1977, 112).

3. Ist eine Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, so rechtfertigt dies nicht die gewinnerhöhende Auflösung der Pensionsrückstellung. Vielmehr sind nur die im jeweiligen Veranlagungszeitraum erfolgten Zuführungen zur Pensionsrückstellung außerbilanziell rückgängig zu machen. Eine nachträgliche Korrektur von Zuführungen, die früheren Veranlagungszeiträumen zuzuordnen sind, ist nicht zulässig.

 

Normenkette

§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, zahlte ihrem Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer GP für dessen Tätigkeit neben einem monatlichen Festgehalt eine Gewinntantieme. Außerdem hatte sie ihm – GP war in diesem Zeitpunkt 41 Jahre alt – vertraglich eine betriebliche Altersversorgung zugesagt, die eine Altersrente bei Vollendung des 65. Lebensjahrs, ein Witwenruhegeld sowie eine Invaliditätsversorgung einschloss. Die Invaliditätsrente war für die Fälle der dauernden Berufs- und Erwerbsunfähigkeit i.S.d. RVO lebenslänglich auf 75 % des Bruttogehalts bemessen. 1997 wurde die Vereinbarung hierüber geändert. Der monatliche Rentenbetrag sollte sich nunmehr im Fall der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit um so viele 29stel vermindern, wie das Alter des Versorgungsberechtigten bei Versorgungseintritt vom 65. Lebensjahr entfernt ist. – Für das Altersruhegeld und die Witwenbezüge, nicht jedoch für die Invaliditätsrente, schloss die Klägerin eine Rückdeckungsversicherung ab.

Das FA sah in der für die dienstzeitunabhängige Invaliditätsrente in den Streitjahren 1991 bis 1995 gebildeten Pensionsrückstellung eine vGA. Wegen des Fehlens einer Rückdeckung träte im Fall der vorzeitigen Invalidität des GP die sofortige Überschuldung ein. Denn für diesen Fall müsste für die zugesagte Invaliditätsrente ein Barwert von 2,5 Mio. DM passiviert werden. Die Zusage sei in Anbetracht dessen nicht ernsthaft gemeint.

Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg (EFG 2002, 941).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an dieses zurück:

Zwar bestehe bei der Ausgestaltung der betrieblichen Versorgungszusage prinzipiell Vertragsfreiheit. Das betreffe sowohl die Bedingungen für den Eintritt des Versorgungsfalls als auch die Versorgungshöhe. Gleichwohl sei die Zusage, die den Wert einer fehlenden Anwartschaft auf gesetzliche Rentenleistungen ersetze, steuerlich nur in jenem Umfang anzuerkennen, in welchem sie aus anderweitig ersparten gesetzlichen Arbeitgeberbeiträgen gespeist werde (vgl. BFH, Urteil vom 15.7.1976, I R 124/73, BStBl II 1977, 112). Eine Invaliditätsrente, die sich von vornherein und ohne dienstzeitabhängige Abschläge gegenüber der Altersrente auf 75 % der Bruttobezüge belaufen solle, werde dem nicht gerecht; sie sei überhöht. Eine solche Versorgung werde der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter deshalb regelmäßig nicht zusagen.

Das FG sei aber gehalten, die danach angemessene Höhe der Versorgungszusage zu ermitteln. Es habe dabei auch die Rechtsfolgen einer vGA zu berücksichtigen, die sich auf die außerbilanzielle Korrektur nur der jährlichen Zuführungen zur Pensionsrückstellung reduzierten.

 

Hinweis

Pensionszusage und vGA, speziell im Zusammenhang mit der Frage der sog. Finanzierbarkeit erscheint als ein Thema ohne Ende. Hatte der BFH in einer ganzen Kette von Entscheidungen noch in den letzten drei, vier Jahren ein "Gerüst" entwickelt, an dem man sich in diesem Punkt orientieren konnte, so zeigt der Urteilsfall, dass es noch immer offene Flanken gibt:

1. Die besagte Entscheidungskette bezog sich auf die Risiken, welche ein gedachter ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter in Kauf zu nehmen bereit ist, wenn er einem angestellten Geschäftsführer eine Pensionszusage erteilt. Diese Risiken müssen finanzierbar sein.

Sie sind dies, wenn die GmbH, die ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pension zusagt, trotz der erteilten Zusage im Zusagezeitpunkt im insolvenzrechtlichen Sinn nicht überschuldet ist. Sie muss weder den unmittelbaren Versorgungsfall einplanen, noch muss sie eine künftige wirtschaftliche "Verelendung" vorsorglich mit einbeziehen – Einzelheiten dazu ergeben sich z.B. aus den Urteilen vom 8.11.2000, I R 70/99, BFH-PR 2001, 182; vom 20.12.2000, I R 15/00, BFH-PR 2001, 222; vom 7.11.2001, I R 79/00, BFH-PR 2...

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