Allgemeiner Verjährungsbeginn: Gemäß § 78a S. 1 StGB beginnt die Verjährung sobald die Tat beendet ist, es sei denn, ein zum Tatbestand gehörender Erfolg tritt später ein, vgl. § 78a S. 2 StGB. Die bloße Vollendung der Tat, also die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes, reicht nicht aus. Nach der Rspr. ist die Tat erst beendet, wenn der Taterfolg eingetreten ist und das Tatunrecht seinen tatsächlichen Abschluss erreicht hat (BGH v. 6.4.1965 – 1 StR 73/65, NJW 1965, 1235).

Bei der Steuerhinterziehung hängt der Zeitpunkt der Tatbeendigung maßgeblich davon ab, ob es sich bei den verkürzten Steuern um Veranlagungssteuern oder um Fälligkeitssteuern handelt, ob der Tatbestand durch Tun oder Unterlassen verwirklicht wurde und ob die Tat im Festsetzungsverfahren oder zu einem anderen Zeitpunkt begangen wurde (Jäger in Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 370 Rz. 20). Beachten Sie: Je nach Steuerart und Begehungsform ist der Erfolgseintritt und damit der Zeitpunkt des Verjährungsbeginns unterschiedlich zu bestimmen.

Die Umsatzsteuer ist im Gegensatz zur Einkommensteuer eine Fälligkeitsteuer (Anmeldesteuer). Der Steuerpflichtige ist im Grunde selbst zur Berechnung der Steuer verpflichtet (§ 150 Abs. 1 S. 3 AO i.V.m. § 18 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 1 UStG). Die Höhe der geschuldeten Umsatzsteuer und der damit zu verrechnenden Vorsteuer erfährt das FA durch monatliche oder vierteljährliche Voranmeldungen und zusätzlich durch die Jahreserklärung.

Bei Fälligkeitssteuern beginnt die Verjährung bei pflichtwidrig unterlassener Abgabe von Steuererklärungen bzw. -anmeldungen mit Ablauf des gesetzlichen Fälligkeitstermins. Eine durch die pflichtwidrige Nichtabgabe einer Steueranmeldung begangene Steuerhinterziehung ist bereits mit Ablauf der Erklärungsfrist vollendet und damit im Regelfall zugleich beendet (Jäger in Klein, AO, 15. Aufl. 2020, § 370 Rz. 202). Die Steueranmeldung steht im Zeitpunkt ihres Eingangs beim FA einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, vgl. § 168 S. 1 AO.

Tatbeendigung bei der USt: In Bezug auf die Hinterziehung der Umsatzsteuer durch Unterlassen hat der BGH entschieden, dass die Tat zu dem Zeitpunkt beendet ist, zu dem der Täter verpflichtet war, eine Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben und dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist (BGH v. 11.12.1990 – 5 StR 519/90, NJW 1991, 1315; v. 26.5.1993 – 5 StR 190/93, NJW 1993, 2692). Fristablauf ist i.d.R. der 1. August des Folgejahres (§ 149 Abs. 2 AO), da der Tag des Fristablaufs nicht mitgerechnet wird (BGH v. 31.5.2011 – 1 StR 189/11, wistra 2011, 346; Jäger in Klein, AO 15. Aufl. 2020, § 376 Rz. 38 f.). Die Tat ist also beendet, wenn die Abgabefrist vollständig abgelaufen ist.

Vollendung ist nicht Beendigung: Die Rspr. sieht in der Nichtabgabe einzelner Umsatzsteuervoranmeldungen lediglich eine vollendete und keine beendete Umsatzsteuerhinterziehung. Beendet ist die Tat erst, wenn die Umsatzsteuerjahreserklärung nicht abgegeben wird und zwar zu dem Zeitpunkt, zu dem die Umsatzsteuerjahreserklärung spätestens abzugeben war (BGH v. 11.11.2015 – 1 StR 96/15, StraFo 2016, 33; v. 21.4.2021 – 1 StR 27/21, NStZ-RR 2021, 247; Krumm in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 370 AO Rz. 99 [Nov. 2021]). Dies gilt gleichermaßen, wenn die Begehungsvariante in Ansehung der Umsatzsteuervoranmeldungen mit der Unterlassungsvariante in Bezug auf die Umsatzsteuerjahreserklärung zusammentrifft; auch dann bestimmt das Verstreichen der Abgabefrist für die Umsatzsteuerjahreserklärung den Beendigungszeitpunkt (BGH v. 10.12.1991 – 5 StR 536/91, BGHSt 38, 165; Krumm in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 376 AO Rz. 13 [Nov. 2021]). Die Umsatzsteuervoranmeldungen stellen zur Umsatzsteuerjahreserklärung eine mitbestrafte Vortat dar (BGH v. 25.10.2018 – 1 StR 7/18, BFH/NV 2019, 670).

Beraterhinweis Das Verhältnis zwischen Umsatzsteuervoranmeldung und Umsatzsteuerjahreserklärung im Rahmen von § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO ist eines der Gesetzeskonkurrenz in Form der mitbestraften Vortat. Dies gilt auch für die Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO (BGH v. 25.10.2018 – 1 StR 7/18, wistra 2019, 203; v. 13.7.2017 – 1 StR 536/16, wistra 2018, 43). Die durch die Verletzung der Erklärungspflichten bei den Umsatzsteuervoranmeldungen und bei der Umsatzsteuerjahreserklärung für das nämliche Jahr begangenen Steuerhinterziehungen bilden eine einheitliche Tat i.S.d. § 264 StPO. Dies gilt auch in Fällen der Umsatzsteuerhinterziehung durch Unterlassen (BGH v. 12.6.2013 – 1 StR 6/13, wistra 2013, 430).

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