Die Übergangsregelung zur nachgelagerten Besteuerung des § 22 Nr. 1 S. 3 EStG ist Gegenstand einer Vielzahl erstinstanzlicher und höchstrichterlicher Entscheidungen. Im Folgenden werden die wichtigsten höchstgerichtlichen Verfahren vorgestellt.

Bereits im Jahr 2016 urteilte der BFH mit Urteil vom 21.6.2016 (BFH v. 21.6.2016 – X R 44/14, BFHE 254, 545) in einem Verfahren, in welchem es um einen freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Selbständigen ging, dass die Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung nach dem 2005 in Kraft getretenen Alterseinkünftegesetz grundsätzlich verfassungsgemäß ist. Er führt aus, dass es aber in keinem Fall zu einer doppelten Besteuerung der Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezüge kommen darf. Hat ein Rentner die Vermutung, dass er doppelt besteuert wird, hat er zu den Besonderheiten seines Einzelfalles einen konkreten und substantiierten Sachvortrag vorzubringen. Kann er die Nachweise für die Doppelbesteuerung nicht erbringen, muss er die damit verbundenen möglichen Rechtsnachteile – hier die Doppelbesteuerung seiner Rente – hinnehmen.

Der BFH hat die Sache an das FG Baden-Württemberg zurückverwiesen. Gegen das darauf ergangene erneute Urteil des FG wurde abermals das Rechtsmittel der Revision eingelegt, überwelches mit Urteil vom 19.5.2021 vom BFH entschieden wurde (BFH v. 19.5.2021 – X R 33/19, BFHE 273, 266). Das Gericht folgte hierin der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung vorliegt. Es wurden konkrete Berechnungsparameter für die Ermittlung einer doppelten Besteuerung von Renten im Einzelfall festgelegt. Gegen das Urteil des BFH wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt (BVerfG – 2 BvR 1140/21).

In einem weiteren BFH-Urteil v. 19.5.2021 (BFH v. 19.5.2021 – X R 20/19, BFHE 273, 237) (hier ging es um neben verpflichtenden Beitragszahlungen in ein berufsständisches Versorgungswerk erfolgte, freiwillige Beitragszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung) folgte das Gericht ebenfalls der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach keine verfassungswidrige Doppelbesteuerung vorliegt, und es wurden abermals konkrete Berechnungsparameter festgelegt. Auch gegen dieses Urteil wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt (BVerfG – 2 BvR 1143/21).

In beiden Urteilen wurde zwar keine doppelte Besteuerung von Rentenzahlungen erkannt, jedoch die generelle Möglichkeit bestätigt, dass die gegenwärtige Rechtslage zur Besteuerung von Renten aus der gesetzlichen Altersversorgung zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung führt. Diese Prüfung sei im Einzelfall vorzunehmen. Die Darlegungs- und Feststellungslast trage der Steuerpflichtige.

Streitig ist nun insb. die Methode, welche der BFH zur Feststellung einer Doppelbesteuerung verwendet hat. Nach seiner Auffassung in den genannten Urteilen liegt eine doppelte Besteuerung nicht vor, wenn die Summe der voraussichtlich steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Rentenbeiträge (BFH v. 19.5.2021 – X R 33/19, BFHE 273, 266). Es müssen also zwei Werte gegenübergestellt werden:

  • die aus versteuertem Einkommen gezahlten Rentenbeiträge und
  • der durch den Rentenfreibetrag steuerfrei gestellte Teil der Rente.

Ist der zweite Wert geringer als der erste, so handelt es sich um eine Doppelbesteuerung.

Diese Methode wurde vor und nach dem Urteil abgelehnt (z.B. Siegel/Kempny, jurisPR-SteuerR 51/2021 Anm. 4; Schindler/Braun, NWB 2020, 784), aber auch verteidigt (z.B. Reddig, jurisPR-SteuerR 46/2021 Anm. 1).

 
BFH v. 21.6.2016 – X R 44/14  
nachfolgend:  
BFH v. 19.5.2021 – X R 33/19

Verfassungsbeschwerde

2 BvR 1140/21
BFH v. 19.5.2021 – X R 20/19

Verfassungsbeschwerde

2 BvR 1143/21

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