[Ohne Titel]

Dipl.-Finw. (FH) Christian Anemüller[*]

Der zweiteilige Beitrag greift die Fragestellungen auf, die die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs vom Kapitalertrag für im Privatvermögen gehaltene Kapitalanlagen betreffen. In Teil I wird im Zusammenhang damit auch auf die Grundzüge der Erklärungspflicht gem. § 32d Abs. 3 EStG eingegangen. Teil II nimmt relevante Einzelfragen zur Veranlagung bei fehlender Abgeltungswirkung in den Blick. Ausführungen zur aktuellen Rspr. des BFH zur Abgeltungswirkung des Steuerabzugs auf Scheinrenditen aus Schneeballsystemen runden die Darstellung ab.

[*] Der Autor ist in der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen tätig. Der Beitrag wurde nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst.

I. Einführung

Die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen im Privatvermögen wurde durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 – UntStRefG (v. 14.8.2007, BStBl. I 2007, 630) grundlegend neu geregelt. Diese Neuordnung des Systems zur Besteuerung privater Kapitaleinkünfte liegt mittlerweile mehr als zehn Jahre zurück. Kernpunkte der Reform waren einerseits die Einführung einer abgeltenden Besteuerung privater Kapitaleinkünfte, geregelt in § 43 Abs. 5 Satz 1 ff. EStG, flankiert durch die Tarifvorschrift des § 32d EStG, welche für das Veranlagungsverfahren Wirkung entfaltet und andererseits materiell-rechtlich korrespondierend hierzu die Verlustausgleichsbeschränkungen gem. § 20 Abs. 6 EStG und das Werbungskostenkostenabzugsverbot gem. § 20 Abs. 9 EStG. Das Veranlagungsverfahren ist subsidiär zum Kapitalertragsteuerabzugsverfahren und dient der sachgerechten Abgrenzung der Abgeltungsteuer zur Regelbesteuerung nach dem EStG und der Herstellung von Steuergerechtigkeit (s. hierzu Jachmann-Michel, jM 2020, 212).

Die Erfahrungen seit Einführung der Abgeltungsteuer haben gezeigt, dass mit der Reform nicht nur Vereinfachungen verbunden sind. Es gibt weiterhin eine Vielzahl an Fallkonstellationen, in denen eine Veranlagung privater Kapitaleinkünfte fakultativ oder obligatorisch in Betracht kommt. Einerseits bestehen Veranlagungswahlrechte, welche ggf. zu einer günstigeren Besteuerung privater Einkünfte aus Kapitalvermögen führen. Zu diesen Wahlrechten gehören im Wesentlichen

Andererseits existieren Pflichtveranlagungstatbestände, um die Anwendung der Regelbesteuerung nach dem EStG sicherzustellen oder ganz oder teilweise steuerunbelastete Kapitalerträge doch noch mit dem Steuersatz nach § 32d Abs. 1 EStG oder in bestimmten Fällen nach § 32a EStG zu besteuern. Im Wesentlichen handelt es sich um folgende Fallkonstellationen:

II. Abgeltungswirkung des Steuerabzugs auf private Kapitaleinkünfte

1. Schedulenbesteuerung

Kapitalerträge, die dem Tarif gem. § 32d Abs. 1 EStG im Veranlagungsverfahren oder der abgeltenden Besteuerung gem. § 43 Abs. 5 EStG im Steuerabzugsverfahren (Bemessung der Kapitalertragsteuer gem. § 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2, 3 EStG) unterliegen, sind grundsätzlich nicht in die Ermittlung der Einkünfte, der Summe der Einkünfte, des Gesamtbetrags der Einkünfte, des Einkommens und des zu versteuernden Einkommens einzubeziehen (vgl. § 2 Abs. 5b EStG). Für Kapitalerträge i.S.d. § 20 EStG, soweit sie der Kapitalertragsteuer unterlegen haben, ist die Einkommensteuer mit dem Steuerabzug abgegolten. Die abgeltende Wirkung des Steuerabzugs führt dazu, dass die Kapitalerträge i.S.d. § 20 EStG nicht mehr gesondert ggü. dem FA erklärt werden müssen, sog. Definitivsteuer (s. z.B. Haug in HHR, EStG/KStG, § 43 EStG Rz. 90) und nicht veranlagt werden, § 25 Abs. 1 EStG (Weber-Grellet, DStR 2013, 1357). Die Kapitalertragsteuer wird entspr. nicht mehr angerechnet (s. z.B. Jachmann-Michel in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 43 EStG Rz. 191).

Im Zuge der Erhebung der Kapitalertragsteuer fungieren die Kreditinstitute als Organe der Steuererhebung; sie haben beim Steuereinbehalt gem. § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung anzuwenden (BMF v. 18.1.2016 – IV C 1 - S 2252/08/10004:017, BStBl. I 2016, 85 Rz. 151a [im Folgenden BMF v. 18.1.2016]; Schmidt, DStR 2018, 1201). Nur in bestimmten Ausnahmefällen ist die Abgeltungswirkung des Steuerabzugs nicht gegeben; s. hierzu im Wesentlichen die Ausführungen unter I. und II. 3.

2. Voraussetzungen der Abgeltungswirkung des Steuerabzugs

Voraussetzung...

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