Vorsteuerabzug eines Gesellschafters aus Investitionsumsätzen; Veröffentlichung des BFH-Urteils v. 11.11.2015 – V R 8/15: Der BFH hat mit Urteil vom 11.11.2015 (BFH v. 11.11.2015 – V R 8/15, BStBl. II 2022, 288) entschieden, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nach den EuGH-Urteilen vom 29.4.2004 (EuGH v. 29.4.2004 – C-137/02 – Faxworld) und vom 1.3.2012 (EuGH v. 1.3.2012 – C-280/10 – Polski Trawertyn) auch im Zusammenhang mit Übertragungsvorgängen auf Gesellschaften bestehen könne. Die vom Kläger bezogenen Beratungsleistungen seien aber – anders als die Vermögensgegenstände in den Sachverhalten der EuGH-Urteile Faxworld und Polski Trawertyn – auch im Fall einer tatsächlich gegründeten GmbH nicht auf die GmbH übertragbar gewesen. Durch sie seien keine auf eine GmbH übertragbaren Vermögenswerte ("Investitionsgüter") entstanden. Der Gesellschafter einer noch zu gründenden GmbH könne im Hinblick auf eine beabsichtigte Unternehmenstätigkeit der GmbH aber nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt sein, wenn der Leistungsbezug durch den Gesellschafter bei der GmbH zu einem Investitionsumsatz führen soll.

Das BMF erweitert insoweit den UStAE (BMF v. 12.4.2022 – III C 2 - S 7300/20/10001 :005, BStBl. I 2022, 650).

Ein Gesellschafter oder eine zur Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtete Personengesellschaft (sog. Vorgründungsgesellschaft), der bzw. die nach Gründung der Kapitalgesellschaft die bezogenen Leistungen in einem Akt gegen Entgelt an diese veräußert und andere Ausgangsumsätze von vornherein nicht beabsichtigt hatte, ist unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG zum Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen ungeachtet dessen berechtigt, dass die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Maßgebend sind insoweit die beabsichtigten Umsätze der Kapitalgesellschaft.

Erfolgt die Übertragung außerhalb einer entgeltlichen Leistung, kann dem Gesellschafter bzw. der Vorgründungsgesellschaft unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG der Vorsteuerabzug aus einer bezogenen Leistung zustehen, wenn es sich aus Sicht der geplanten Gesellschaft um einen Investitionsumsatz handelt und soweit die beabsichtigte Tätigkeit der Gesellschaft einen Vorsteuerabzug nicht ausschließt. Unter Investitionsumsatz fallen dabei bezogene Lieferungen oder sonstige Leistungen, die der Gesellschafter bzw. die Vorgründungsgesellschaft tatsächlich an die Gesellschaft überträgt und die von dieser für ihre wirtschaftliche Tätigkeit genutzt werden.

Gleiches gilt, wenn der Investitionsumsatz zwar beabsichtigt ist, aber nur deshalb nicht tatsächlich erfolgt, weil eine geplante Gesellschaftsgründung scheitert. Der private Verbrauch oder der Weiterverkauf eines Investitionsumsatzes nach einer gescheiterten Gesellschaftsgründung führt nicht zum Verlust des ursprünglichen Vorsteuerabzugs, sondern zu einer Entnahmebesteuerung bzw. Lieferung im Rahmen eines Hilfsgeschäfts. Für einen Vorsteuerabzug aus einem Investitionsumsatz genügt es, dass die Eigenschaft des Gesellschafters als erfolgloser Unternehmer aus diesem Investitionsumsatz resultiert.

Von einem Investitionsumsatz abzugrenzen sind bezogene Leistungen, die generell nicht an die Gesellschaft übertragen werden können, sondern z.B. durch den Gesellschafter selbst genutzt oder verbraucht werden, oder die zwar von der Gesellschaft genutzt, aber nicht tatsächlich an sie übertragen werden.

Versagung des Vorsteuerabzugs und der Steuerbefreiung bei Beteiligung an einer Steuerhinterziehung (§ 25f UStG): Durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (BGBl. I 2019, 2451) wurde § 25f UStG zur Versagung des Vorsteuerabzugs und der Steuerbefreiung bei Beteiligung an einer Steuerhinterziehung zum 1.1.2020 neu eingeführt.

Das BMF nimmt hierzu erstmals ausführlich Stellung und ergänzt den UStAE (BMF v. 15.6.2022 – III C 5 - S 7429-b/21/10003 :001, BStBl. I 2022, 1001, UR 2022, 559).

Weist das Finanzamt nach, dass der Unternehmer wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Eingangs- oder Ausgangsumsatz an einem Umsatz beteiligt, bei dem der Leistende oder ein anderer Beteiligter auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe in eine begangene Hinterziehung von Umsatzsteuer, an einer Erlangung eines nicht gerechtfertigten Vorsteuerabzugs i.S.d. § 370 AO oder in eine Schädigung des Umsatzsteueraufkommens i.S.d. §§ 26a und 26c UStG einbezogen war, sind der geltend gemachte Vorsteuerabzug und die in Anspruch genommene Steuerbefreiung für die entsprechende innergemeinschaftliche Lieferung zu versagen.

Die Feststellung einer Steuerhinterziehung kann sowohl den unmittelbaren Eingangs- oder Ausgangsumsatz des Unternehmers, als auch einen Umsatz auf allen vor- und nachgelagerten Umsatzstufen innerhalb der Leistungskette umfassen. Voraussetzung für die Anwendung der Regelung des § 25f UStG ist, dass der objektive und su...

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