Leitsatz

Abschn. 16 Buchst. d des Protokolls vom 18.10.1989 zu Art. 24 Abs. 3 Buchst. a DBA-Italien 1989 enthält eine sog. Rückfallklausel, weshalb der von einem unbeschränkt Steuerpflichtigen erzielte und in Italien im Umwandlungszeitpunkt effektiv nicht besteuerte Gewinn aus der formwechselnden Umwandlung einer italienischen Personengesellschaft in eine italienische Kapitalgesellschaft der deutschen Besteuerung zu unterwerfen ist (Anschluss an das Senatsurteil vom 05.02.1992, I R 158/90, BStBl II 1992, 660; Abweichung von dem Senatsurteil vom 17.12.2003, I R 14/02, BStBl II 2004, 260, BFH-PR 2004, 209).

 

Normenkette

Art. 3 Abs. 1 Buchst. d und f, Art. 4 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 13 Abs. 2, Art. 24 Abs. 3 DBA-Italien 1989, Abschn. 2, Abschn. 16 Buchst. d Protokoll vom 18.10.1989 zum DBA-Italien 1989, § 16, § 17 EStG

 

Sachverhalt

Der im Inland wohnende Kläger war im Streitjahr 1994 zu 80 % an dem Ge­sell­schafts­kapital einer KG italienischen Rechts (Società in accomandita semplice -- S.a.s. --), der I-S.a.s., beteiligt. Die I-S.a.s. wurde am 01.09.1994 in eine -- der deutschen GmbH entsprechende -- Società a responsabilita limitata (S.r.l.) formwechselnd umgewandelt. Die Umwandlung erfolgte im Einklang mit der italienischen Steuergesetzgebung zum Buchwert. Mit Vertrag vom 09.09.1994 veräußerte der Kläger seine Anteile an eine in Deutschland ansässige GmbH zu einem Kaufpreis von 2,2 Mio. DM.

Das FA behandelte die Umwandlung vom 01.09.1994 im Ergebnis als Veräußerung und besteuerte den Kläger mit dem hiernach ermittelten Gewinn nach § 16 und § 34 EStG. Der Kläger widersprach dem mit dem Einwand, der Veräußerungsgewinn sei von der deutschen Besteuerung gem. Art. 24 Abs. 3 Buchst. a i.V.m. Art. 7 DBA-Italien 1989 freizustellen.

Seine Klage gegen den ESt-Bescheid 1994 war erfolgreich (EFG 2007, 356).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil hingegen auf und wies die Klage ab. Der Formwechsel sei nach deutschem Recht im Streitjahr als Veräußerungsvorgang zu beurteilen. Und Abschn. 16 Buchst. d des Protokolls vom 18.10.1989 zum DBA-Italien 1989 enthalte eine sog. Rückfallklausel, was zur Folge habe, dass ein Besteuerungsrecht an jenem Gewinn Deutschland gebühre.

 

Hinweis

1. Das Urteil spiegelt die Wechselhaftigkeit (auch) der höchstrichterlichen Rechtsprechung (und des Steuerrechts) wider:

  • Im Urteil vom 05.02.1992, I R 158/90 (BStBl II 1992, 660) hatte der BFH zu Art. 23 Abs. 2 Buchst. a und Abs. 3 DBA-Kanada 1981 entschieden, die dortige Regelung enthalte eine sog. Rückfall- oder -- neudeutsch -- Subject to tax-Klausel, wonach das Prinzip der virtuellen Doppelbesteuerung durchbrochen und die Besteuerungszuordnung an den Wohnsitzstaat zurückfällt, wenn der Quellenstaat von dem ihm abkommensrechtlich zugestandenen Besteuerungsrecht tatsächlich keinen Gebrauch macht.
  • Im Urteil vom 17.12.2003, I R 14/02 (BFH-PR 2004, 209) war der BFH von dieser Betrachtungsweise abgerückt. Er hatte jene Abkommensklausel nunmehr als eine bloße Herkunftsbestimmung gedeutet, nicht als Rückfallklausel. Dass das im Ergebnis zu einer sog. Keinmalbesteuerung der betreffenden Einkünfte, also zu sog. weißen Einkünften, führen kann, nimmt der BFH hin. Es entspricht vielmehr, so der BFH, dem "natürlichen Interesse der Vertragsstaaten (...), dass der Verzicht auf die Besteuerung der aus dem eigenen Staat stammenden Einkünfte der Steuerpflichtigen selbst und nicht dem jeweils anderen Staat zugute kommen soll".
  • Jetzt die "Volte" zurück: Zu der bis auf Nuancen textlich mit der (früheren) Kanada-Regelung übereinstimmenden Vorschrift in der Protokollvereinbarung zum DBA-Italien 1989 vertritt er nun wieder seine Ursprungsauffassung und bejaht eine Rückfallklausel.

Damit dürfte sich die (wohl) bessere Erkenntnis durchgesetzt haben. Die zwischenzeitlich vertretene Auffassung war zu eng und wurde dem Willen der Abkommensparteien mit einiger Gewissheit nicht gerecht.

Beachten Sie: Mit seinem abermaligen Erkenntniswandel geht der BFH über die Verwaltungs­praxis hinaus, die das Urteil vom 17.12.2003, I R 14/02 im Grundsatz hingenommen hatte (vgl. OFD Frankfurt vom 19.07.2006, DStZ 2006, 708) und die nur bezogen auf das DBA-Italien eine ­abweichende Ansicht verfocht. Dabei enthalten fortan auch wieder entsprechend Abkommensklauseln in weiteren DBA einen Rückfallcharakter, so z.B. in den DBA mit Dänemark, Neuseeland, Norwegen und Schweden.

2. Im Urteilsfall erwies sich jene "Volte" für den Steuerpflichtigen als misslich. Er wurde in Deutschland mit einer Transaktion besteuert, die andernfalls "billiger" gekommen wäre:

Der Steuerpflichtige war an einer italienischen Personengesellschaft beteiligt, die er formwechselnd in eine italienische Kapitalgesellschaft umwandelte, nach italienischem Steuerrecht unter Fortführung der Buchwerte. In unmittelbarem Anschluss danach wurden die Anteile an der Kapitalgesellschaft "teuer" verkauft.

Hier machte sich der Steuerpflichtige die Unabgestimmtheiten zwischen italienischem und deutschem Steuerrecht zunutze: Der Formwechsel generiert...

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