Leitsatz

Veräußert ein in Belgien ansässiger Mitunternehmer einer Schiffbetriebs-KG mit Sitz in Deutschland seinen Mitunternehmeranteil und wird ihm aus diesem Anlass anteilig der auf ihn entfallende Unterschiedsbetrag nach § 5a Abs. 4 EStG zugerechnet, steht Deutschland im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht des Mitunternehmers das Besteuerungsrecht unabhängig davon zu, ob der Gewinn als laufender oder als Veräußerungsgewinn zu qualifizieren ist.

 

Normenkette

Art. 3 Abs. 1 Nrn. 3 und 4, Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 Nr. 1, Art. 13 Abs. 2 und 3, Art. 22 Abs. 3 DBA-Belgien; § 5a Abs. 4 Satz 3, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin hatte ihren Wohnsitz in den Streitjahren 2006 und 2008 in Belgien. Seit 2003 war sie Kommanditistin der Beigeladenen, einer GmbH & Co. KG mit Sitz und Geschäftsleitung in Deutschland, die in den Streitjahren ein Handelsschiff im internationalen Verkehr betrieb.

Durch Vertrag vom 29.12.2006 übertrug die Klägerin mit Wirkung vom 31.12.2006 90 % ihrer Beteiligung auf ihren damaligen Ehemann. Der ihr verbliebene Anteil von 10 % wurde mit Wirkung vom 1.9.2008 auf eine andere GmbH & Co. KG übertragen.

Das FA stellte die Einkünfte der Beigeladenen aus Gewerbebetrieb für die Streitjahre einheitlich und gesondert fest; auf die Klägerin entfielen in 2006 rd. 370.000 EUR und in 2008 rd. 44.000 EUR. Hierin enthalten war jeweils ein nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG hinzuzurechnender Unterschiedsbetrag.

Den Antrag der Klägerin, die Feststellungsbescheide zu ändern und den hinzugerechneten Unterschiedsbetrag als Veräußerungsgewinn nach Art. 13 Abs. 3 DBA-Belgien im Ansässigkeitsstaat des Veräußerers – und damit hier in Belgien – zu besteuern, lehnte das FA ab.

Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos (FG Hamburg, Urteil vom 8.8.2012, 2 K 221/11, Haufe-Index 3429446, EFG 2012, 2273).

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG-Urteil auf die Revision der Klägerin bestätigt. Die Gründe dafür ergeben sich vollen Umfangs aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Die Entscheidung ist als Beschluss gem. § 126a FGO gegen den "Willen" der klagenden Steuerpflichtigen ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangen, letzten Endes deswegen, weil der BFH die Sache als "klar" eingeschätzt hat.

2. Dessen ungeachtet ist die Materie, um die es ging, recht komplex und mehrschichtig. Sie betrifft eine sehr spezielle Situation im Abkommenskontext und ist kaum verallgemeinerungsfähig:

a) Eine natürliche Person beteiligt sich als Kommanditist an einer inländischen KG, die ein Seehandelsschiff im internationalen Verkehr betreibt und damit der sog. Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG unterfällt. Der Kommanditist verkauft seine Kommanditbeteiligung, wodurch § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG "aktiviert" wird: Der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert der Wirtschaftsgüter, die unmittelbar dem Betrieb des Handelsschiffs im internationalen Verkehr dient, wird in jenem Jahr, in dem der Gesellschafter aus der Gesellschaft ausscheidet, dem Gewinn anteilig hinzugerechnet.
b) Wie verhält es sich aber, wenn der Kommanditist im Ausland in einem DBA-Vertragsstaat wohnt? Zweifelsfrei ist, dass der entsprechende Hinzurechnungsgewinn dann in Deutschland gem. § 5a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 nach§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG der Besteuerung nach Maßgabe der beschränkten Steuerpflicht unterfällt.

3. Kann Deutschland von seinem Besteuerungsanspruch aber auch Gebrauch machen? Oder steht das Besteuerungsrecht dem anderen Vertragsstaat zu? Folgende Antworten bieten sich an:

Entweder: Es handelt sich bei dem Unterschiedsbetrag um laufenden Gewinn der Betriebsstätte, welche dem Kommanditisten durch die inländische KG aus Abkommenssicht "vermittelt" wird. Dann richtet sich das Besteuerungsrecht – wiederum alternativ – nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 OECD-MA, sofern man es auf das Betriebsstättenprinzip ankommen lassen will, oder aber nach Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 8 OECD-MA, sofern man auf das schiffahrtsbetreibende Unternehmen, die deutsche KG, abstellt. So oder so hat Deutschland jedenfalls das Besteuerungsrecht.

Oder aber: Es handelt sich aus Abkommenssicht um einen Veräußerungsgewinn, und für einen solchen bestimmt sich das Besteuerungsrecht nach Art. 13 Abs. 2 OECD-MA. Auch dann gebührt das Besteuerungsrecht aber Deutschland, weil das veräußerte Vermögen eben jenes der deutschen Betriebsstätte ist, die dem in Belgien wohnenden Kommanditisten infolge der Transparenz der KG "vermittelt" wird.

4. Das alles ist "eigentlich" völlig unproblematisch. Wenn dennoch Streit aufkommt (und auch aufkam), dann deshalb, weil im Urteilsfall nicht ein DBA anzuwenden war, das vollauf dem OECD-MA entspricht, sondern das DBA-Belgien, welches gegenüber dem OECD-MA Besonderheiten aufweist:

Es folgt in gewisser Weise dem nationalen Steuerrecht Belgiens, das Personengesellschaften als intransparent behandelt. Dessentwegen fingiert das DBA-Belgien die Personen...

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