Entscheidungsstichwort (Thema)

Unvollständiger Prüfungstext bei der Steuerberaterprüfung. uneinheitliche Vollziehung von Bundesrecht durch Landesbehörden

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es verletzt nicht die Chancengleichheit bei der Steuerberaterprüfung, daß die bayerische Prüfungsbehörde auf die versehentliche Ausgabe eines unvollständigen Aufgabentextes nicht in Übereinstimmung mit den Prüfungsbehörden der anderen Bundesländer, sondern eigenständig reagierte.

2. Wird – wie bei der Durchführung der Steuerberaterprüfung – Bundesrecht durch Landesbehörden ausgeführt, so sind diese nicht unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots zu übereinstimmendem Verwaltungshandeln verpflichtet. Den Landesbehörden ist lediglich eine im wesentlichen uneinheitliche Vollziehung des Bundesrechts verwehrt, die im Hinblick auf die bezweckte Bundeseinheitlichkeit nicht mehr hinnehmbar ist.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 30, 83-84; DVStB § 18

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 13.03.1990; Aktenzeichen VII B 141/89)

FG München (Urteil vom 01.06.1989; Aktenzeichen 4 K 725/89)

 

Gründe

Über die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist gemäß Art. 8 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht vom 2. August 1993 (BGBl. I S. 1442) – ÄndG – nach §§ 93 a, 93 b BVerfGG in der Fassung des Art. 1 ÄndG zu entscheiden. Die Verfassungsbeschwerde erfüllt nicht die nach § 93 a Abs. 2 BVerfGG erforderlichen Voraussetzungen für ihre Annahme. Ihr kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu noch ist sie zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten angezeigt.

Eine Verletzung des in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG verankerten Gebots der Chancengleichheit als prüfungsrechtlicher Ausprägung des allgemeinen Gleichbehandlungsgebots liegt nicht darin, daß die bayerische Prüfungsbehörde auf die versehentliche Ausgabe eines unvollständigen Aufgabentextes für die Aufsichtsarbeit Nr. 3 nicht in Übereinstimmung mit den Prüfungsbehörden der anderen Bundesländer, sondern eigenständig reagierte. Wird – wie bei der Durchführung der Steuerberaterprüfung – Bundesrecht durch Landesbehörden ausgeführt (Art. 30, Art. 83, Art. 84 GG), so sind diese nicht unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots zu übereinstimmendem Verwaltungshandeln verpflichtet. Vielmehr ist den Landesbehörden lediglich eine im wesentlichen uneinheitliche Vollziehung des Bundesrechts verwehrt, die im Hinblick auf die bezweckte Bundeseinheitlichkeit nicht mehr hinnehmbar ist (BVerfG, Beschluß vom 15. März 1960, BVerfGE 11, 6 ≪18≫; Beschluß vom 12. Mai 1987, BVerfGE 76, 1 ≪77≫). Zu einer solchen nicht mehr hinnehmbaren Verschiedenheit bei der Durchführung der Steuerberaterprüfung konnte es hier schon deshalb nicht kommen, weil es nur um die Regelung einer konkreten, unvorhersehbar aufgetretenen Situation ging.

Die angegriffenen Entscheidungen lassen auch keinen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG erkennen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1503272

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