Verfahrensgang

AG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 45 Gs 2063/20)

 

Tenor

Gegen den Angeklagten wird die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet.

Die Haftkontrolle wird für die Dauer von drei Monaten dem Landgericht Frankfurt (Oder) übertragen.

 

Gründe

I.

Der Angeklagte befindet sich nach seit seiner vorläufigen Festnahme am 16. Januar 2021 aufgrund des am 17. Januar 2021 verkündeten Haftbefehls des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. November 2020, neu gefasst durch Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. Juni 2021 (verkündet am 1. Juli 2021), in Untersuchungshaft.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, in der Zeit vom 1. April 2020 bis zum 19. Mai 2020 in zehn Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) sowie in zwei Fällen (am 19. Mai 2020 und am 16. Januar 2021 ohne erforderliche Erlaubnis Betäubungsmittel besessen zu haben (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG). Er soll sich spätestens im März 2020 mit seinem - gesondert verfolgten und bereits rechtskräftig verurteilten - Bruder P... A... zum Betäubungsmittelhandel zusammengeschlossen haben. Er soll die ihm vorgeworfenen Taten in acht Fällen gemeinschaftlich und Aufteilung des Gewinns mit diesem ausgeführt, im Übrigen die Geschäfte auch auf eigene Rechnung vorgenommen haben, wobei teilweise u.a. der gesondert verfolgte B... als Fahrer eingesetzt worden sein soll. Der Angeklagte soll bei den Betäubungsmittelgeschäften mit insgesamt 173 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 17.300 g Tetrahydrocannabinol sowie 11 kg Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt 7.700 g Kokainhydrochlorid gehandelt haben. Wegen der Tatvorwürfe im Einzelnen wird auf den Haftbefehl in der Fassung des Beschlusses des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. Juni 2021 Bezug genommen.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) hat unter dem 31. Mai 2021 Anklage zum Landgericht Frankfurt (Oder) - Große Strafkammer - erhoben. Das Landgericht hat durch Beschluss vom 2. Juli 2021 die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Die Strafkammer hat die Fortdauer der Untersuchungshaft für erforderlich erachtet und die Akten dem Senat zur Entscheidung nach § 121 f. StPO vorgelegt. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Fortdauer der Untersuchungshaft anzuordnen.

II.

Der Senat entscheidet antragsgemäß, weil die Voraussetzungen für den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft vorliegen.

1. Der Angeklagte ist der ihm zur Last gelegten Straftat dringend tatverdächtig (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus der in der Anklageschrift zutreffend dargestellten Würdigung der vorliegenden Beweismittel, auf die der Senat Bezug nimmt. Soweit der Angeklagte, der sich zu den Tatvorwürfe nicht eingelassen hat, nicht zusätzlich durch die geständigen Einlassungen der gesondert verfolgten P... A..., K... B... und C... H... belastet wird, sind ihm die Tatbegehungen aufgrund der sichergestellten und ausgewerteten Chat-Daten der von ihm und seinen Mittätern zur Kommunikation genutzten, mit Verschlüsselungstechnik ausgestatteten "EncroChat-Telefone" nachzuweisen.

Die Verwertung dieser durch die französischen Ermittlungsbehörden im Zusammenhang mit der Überwachung des Dienstleistungsanbieters für sogenannte Krypto-Handys (EncroChat) durch Entschlüsselung von Chat-Nachrichten gewonnenen Daten unterliegt keinem Verbot. Der Senat teilt die hierzu in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretene Auffassung (OLG Bremen, Beschl. v. 18. Dezember 2020 - 1 Ws 166/20; OLG Hamburg, Beschl. v. 29. Januar 2021 - 1 WS 2/21 - 7 OBL 3/21; OLG Schleswig, Beschl. v. 29. April 2021 - 2 Ws 47/21; OLG Rostock, Beschl. v. 23. März 2021 - 20 Ws 70/21; ebenso LG Flensburg, Beschl. v 11. Juni 2021 - V Qs 26/21, jeweils zitiert nach Juris) und folgt insoweit nicht der entgegenstehenden, soweit ersichtlich nicht rechtskräftigen Entscheidung des Landgerichts Berlin (Beschl. v. 1. Juli 2021 - [525 KLs] 254 Js 592/20 [10/21]; ein Verwertungsverbot ebenfalls bejahend Wahl ZIS 2021, 452ff.). Hierfür sind für den Senat zusammengefasst im Wesentlichen folgende Überlegungen maßgeblich:

a) Ein zu einem Beweisverwertungsverbot führender Verstoß gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung liegt nicht vor (§ 73 Satz 1 IRG).

Die Art und Weise der in Frankreich betriebenen Beweisgewinnung (näher dargestellt in der Entscheidung OLG Hamburg v. 29. Januar 2021, aaO.) unterliegt dabei nicht uneingeschränkter Überprüfung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht den deutschen Gerichten eine Nachprüfung der im Ausland getroffenen Maßnahmen nach dem dortigen innerstaatlichen Recht grundsätzlich nicht zu, soweit die dortige Beweiserhebung - wie hier - nicht auf einem inländischen Rechtshilfeersuchen beruht (BGH, Beschl. v. 21. November 2012 - 1 StA 310/12; eingehend Pauli NStZ 2021, 146ff.).

Dass die Anordnung der von den französischen Behörden durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen nach bisherigem Erkenntnisstand nicht den An...

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