Leitsatz

Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob das Unterhalten eines strukturell dauerdefizitären Betriebs gewerblicher Art (BgA) durch eine Gebietskörperschaft (hier: das Unterhalten des Bäderbetriebs einer Stadt) ohne Verlustausgleich und angemessenen Gewinnaufschlag durch die Trägerkörperschaft zur Annahme einer vGA führt.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 KStG , § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Stadt, unterhielt seit 1968 und so auch in den Streitjahren 1993 und 1994 einen Bäderbetrieb als BgA i.S.d. § 4 Abs. 1 KStG. In den Jahren 1968 bis 1988 erzielte der BgA Verluste i.H.v. insgesamt 55.086.786 DM. Der BgA vereinnahmte im Rahmen des Finanzierungsbedarfs laufend Gelder aus dem Gesamthaushalt der Klägerin. Mit Wirkung zum 1.1.1989 legte diese eine Beteiligung im Nennwert von 20.000.000 DM (dies entsprach 1/6 des Grundkapitals) einer AG in den BgA ein, der die Beteiligung in der Eröffnungsbilanz zum 1.1.1989 als Finanzanlage auswies und mit einem Wert von 122.000.000 DM aktivierte. In den Jahren 1989 bis 1993 stellten sich die Jahresergebnisse des BgA unter Berücksichtigung der Beteiligungseinkünfte wie folgt dar: ./. 750.541 DM, + 82.484 DM, ./. 359.684 DM, ./. 1.043.312 DM, ./. 1.978.511 DM.

Im Streitjahr 1994 erzielte der BgA der Klägerin einen Gewinn i.H.v. 44.779.823 DM. Darin enthalten war eine auf den BgA entfallende anteilige Gewinnausschüttung i.H.v. 50.222.909 DM, die auf einem am 22.6.1994 von den Aktionären der AG gefassten Gewinnverwendungsbeschluss beruhte. In den nachfolgenden Jahren erzielte die Klägerin unter Berücksichtigung der Beteiligungseinkünfte folgende Gewinne (Jahresüberschüsse zuzüglich Steuern vom Einkommen) bzw. Verluste: ./. 985.133 DM, ./. 2.197.643 DM, + 4.899.046 DM, ./. 2.156.046 DM, + 2.334.315 DM, ./. 749.463 DM, + 11.730.020 DM, + 12.591.861 DM.

Das FA vertrat die Auffassung, der BgA werde mit Gewinnerzielungsabsicht unterhalten und unterliege deshalb der Gewerbesteuer.

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Gewerbesteuermessbescheide war erfolgreich. (EFG 2003, 1408)

 

Entscheidung

Der BFH hat noch nicht entschieden, sondern zunächst das BMF gem. § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO zum Verfahrensbeitritt aufgefordert. Alles Nötige, das Sie dazu wissen müssen, ergibt sich aus den Praxis-Hinweisen.

Ergänzend ist nur anzufügen: Die für die Gewerbebesteuerung notwendige Gewinnerzielungsabsicht könnte im Beschlussfall auch schon deswegen vorliegen, weil der BgA infolge der Beteiligungseinlage im Jahr 1988 in der Zukunft womöglich einen Totalgewinn erzielen konnte.

 

Hinweis

1. Lagert eine Kommune einen strukturell dauerverlustbehafteten Betriebsteil auf eine selbstständige Kapitalgesellschaft aus und trägt die Kapitalgesellschaft diese Verluste "klaglos", dann kann eine Dauer-vGA vorliegen:

Um eine vGA handelt es sich gemeinhin, wenn eine Kapitalgesellschaft ohne angemessenes Entgelt Geschäfte tätigt, die im privaten Interesse ihrer Gesellschafter liegen und bei der Gesellschaft selbst zu Verlusten führen.

Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen sind die von der Gesellschaft erzielten Verluste außerbilanziell um die angefallenen Verlustbeträge sowie einen angemessenen Gewinnaufschlag zu erhöhen. Ein gedachter ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter würde nicht bereit sein, eine fortdauernde Kostenunterdeckung aus Dienstleistungen hinzunehmen, die an sich ihrem Gesellschafter – wie hier einer Stadt – obliegen. Offenbar deckt sich das mit der Verwaltungsauffassung in R 7 Abs. 2 Satz 3 KStR 2004 für "ausgelagerte" kommunale Kapitalgesellschaften, wonach eine vGA "nach den Umständen des Einzelfalls" anzunehmen sein soll.

An diesen Vorgaben muss sich regelmäßig auch eine kommunale Eigengesellschaft messen lassen. Der BFH hat das erst kürzlich wieder klar zum Ausdruck gebracht: Urteil vom 28.1.2004, I R 87/02 (BFH-PR 2004, 230); siehe auch Urteil vom 14.7.2004, I R 9/03 (BFH-PR 2005, 18).

2. Die vorgenannten Grundsätze zur vGA sind im Grundsatz nicht nur bei rechtlich verselbstständigten Kapitalgesellschaften, sondern gleichermaßen auch bei Betrieben gewerblicher Art der öffentlichen Hand ("Regiebetrieb") einschlägig, vgl. BFH, Urteil vom 15.5.2002, I R 92/00 (BFH-PR 2002, 427, m.w.N.); (vgl. auch z.B. Urteile vom 27.6.2001, I R 82-85/00, BFH-PR 2001, 422; vom 28.1.2004, I R 87/02, BFH-PR 2004, 230): Lagert die zur Daseinsvorsorge verpflichtete Gemeinde dauerdefizitäre Bereiche wie beispielsweise den öffentlichen Nahverkehr, die Versorgung der Bevölkerung mit Energie (Strom, Wärme) oder einen Bäderbetrieb in einen BgA aus, so spricht deswegen auch hier einiges dafür, dass Letztere Leistungen erbringt, die an sich der Gemeinde (oder einem anderen öffentlichen Träger, z.B. einem Landkreis) obliegen. Folglich wäre auf einen Verlustausgleich zu drängen und ein angemessener Gewinnaufschlag zu fordern. Ein fremder Dritter (in Gestalt eines entsprechend beauftragten Drittunternehmens) würde es nicht in Kauf nehmen, "offenen" Auges (Dauer-)Verlu...

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