Leitsatz

Die Zusammenfassung unterschiedlicher Betriebe gewerblicher Art einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft in der Organisationsform einer Kapitalgesellschaft ist grundsätzlich als zulässige Handlungsform anzuerkennen.

 

Normenkette

§ 4 KStG , § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG , § 42 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, wurde 1993 durch Umwandlung des Regiebetriebs "Parkhaus" der Stadt W errichtet. Unternehmensgegenstand war im Streitjahr 1996 die Errichtung, der Erwerb und der Betrieb von wirtschaftlichen Unternehmen im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge, insbesondere Einrichtungen des ruhenden Verkehrs, Sport- und Freizeiteinrichtungen und der Betrieb von Ver- und Entsorgungseinrichtungen für die Stadt W, sowie der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen. Zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörte eine Beteiligung von 74 % an der Stadtwerke W GmbH und eine weitere von 10,4 % an der Kraftverkehrsgesellschaft mbH B. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin war die Stadt W. Mit Wirkung vom 1.1.1996 brachte diese ihren bisher als Eigenbetrieb geführten Bäderbetrieb in die Klägerin ein. Der darauf von der Klägerin erklärte Jahresüberschuss (von ./. 2.089.000 DM) setzte sich im Streitjahr 1996 wie folgt zusammen: Bäderbetrieb ./. 2,1 Mio. DM, Parkhaus ./. 200.000 DM, Beteiligungserträge 211.000 DM.

Das FA rechnete dem von der Klägerin so erklärten Jahresfehlbetrag den Verlustanteil aus dem Bäderbetrieb wieder hinzu. Die Zusammenfassung der verschiedenen Eigenbetriebe der Stadt im Betriebsvermögen der Klägerin verstoße gegen Abschn. 5 Abs. 11a i.V.m. Abs. 9 KStR 1995 und sei somit als Gestaltungsmissbrauch anzusehen.

Die Klage hatte Erfolg (EFG 2002, 727).

 

Entscheidung

Bei dieser Erkenntnis blieb es im Grundsatz auch vor dem BFH. Denn der Fall eines Verlustausgleichs sei hier nicht zu beurteilen. Ein solcher würde den Ausgleich von positiven Ergebnissen eines Betriebs gewerblicher Art mit dem negativen Ergebnis eines anderen Betriebs gewerblicher Art voraussetzen. Vorliegend wiesen hingegen sowohl der Parkhaus- als auch der Bäderbetrieb jeweils Jahresfehlbeträge auf. Denn die Beteiligungen der Stadt an den Stadtwerken seien keineswegs (nur) dem Parkhausbetrieb zuzurechnen und habe deswegen nicht zur Folge, dass aus diesem ein Gewinnbetrieb werde.

Allerdings sei das FG im 2. Rechtsgang gehalten, der Frage nach dem Vorliegen von vGA infolge der offenbar dauernden Verlusttragung der klagenden GmbH für ihre Anteilseignerin, die Stadt, nachzugehen.

 

Hinweis

1. Immer wieder wird der Argwohn der Finanzverwaltung geweckt, wenn öffentliche Rechtsträger, zumeist Kommunen, ihre Betriebe gewerblicher Art – in unselbstständiger Weise oder aber in Gestalt selbstständiger Kapitalgesellschaften – "auslagern" (neudeutsch "outsourcen") und wenn dann Gewinn- und Verlustbetriebe zu einem per Saldo "ausgeglichenen" Ergebnis gelangen. Oftmals wird dann der Ruf nach dem Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs laut. Im Einzelnen soll gelten:

  • Nach Abschn. 5 Abs. 9 KStR 1995 ist die Zusammenfassung mehrerer gleichartiger Betriebe gewerblicher Art zwar zulässig. Im Übrigen ist sie es aber nur dann, wenn zwischen diesen Betrieben nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht. Die letztere Einschränkung resultiert aus einer ständigen Rechtsprechung des BFH. Sie ist in R 7 Abs. 1 der soeben verabschiedeten KStR 2004 jedenfalls ausdrücklich nicht mehr enthalten.
  • Nach Abschn. 5 Abs. 11a Satz 1 KStR 1995 ist auch die Zusammenfassung mehrerer Betriebe gewerblicher Art einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft im Rahmen von Kapitalgesellschaften grundsätzlich anzuerkennen, und zwar prinzipiell ohne die in Abschn. 5 Abs. 9 KStR 1995 gemachte Einschränkung, Abschn. 5 Abs. 11a Satz 3 KStR 1995. Fehlen aber die Voraussetzungen jener Einschränkung, dann ist Obacht geboten, sofern es sich bei den zusammengefassten Betrieben um Gewinn- und Verlustbetriebe handelt. In einem solchen Fall "stellt sich die Frage des Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten", Abschn. 5 Abs. 11a Satz 2 KStR 1995. Auch R 7 Abs. 2 Satz 2 KStR 2004 will die Zusammenfassung von Gewinn- und Verlustbetrieben ausschließen, "wenn diese als Betrieb gewerblicher Art nach den allgemeinen Grundsätzen nicht hätten zusammengefasst werden dürfen", anders gewendet: bei fehlender "Gleichartigkeit".

Ob das alles so sein muss, lässt sich trefflich bezweifeln, weil gleich gelagerte Fragen bei "normalen", nicht "öffentlichen" Betrieben und Kapitalgesellschaften nicht gestellt werden (vgl. deswegen zu Recht krit. z.B. Storg/Vierbach, BB 2003, 2098, 2101). Der BFH bleibt im Besprechungsfall eine Antwort hierauf schuldig; es fehlte dort an einem derartigen Ausgleich positiver und negativer Ergebnisse.

2. Lagert eine Kommune einen strukturell dauerverlustbehafteten Betriebsteil in der geschilderten Weise auf eine Kapitalgesellschaft aus und trägt die Kapitalgesellschaft diese Verluste "klaglos",...

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