a) Rechtsgrundlage und Abmahnerfolg unerheblich

Festhalten lässt sich zunächst, dass es für die Steuerbarkeit einer Abmahnung weder auf den Rechtsgrund (Urheberrecht, Lauterkeitsrecht) noch auf die konkrete zivilrechtliche Norm ankommt, die einen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen begründet (§ 97a Abs. 3 UrhG, § 13 Abs. 3 UWG, § 683 S. 1 i.V.m. § 670 BGB). In beiderlei Hinsicht wird damit dem unionsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz Sorge getragen.

Ferner lässt sich dem BMF-Schreiben entnehmen, dass es auf den "Erfolg" einer Abmahnung nicht ankommt. Denn als maßgeblichen Leistungszeitpunkt sieht das BMF zutreffend den Zugang der Abmahnung an. In diesem Moment wird dem Abgemahnten der verbrauchsfähige Vorteil zuteil, den Rechtsstreit nach seinem Ermessen durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung außergerichtlich beilegen zu können. Gibt er die Unterwerfungserklärung ab, schließt er mit dem Abmahnenden einen Unterlassungsvertrag und widerlegt so die mit der Rechtsverletzung indizierte Wiederholungsgefahr. In diesem Moment wird der gesetzliche Unterlassungsanspruch durch einen vertraglichen ersetzt und der zugewendete Vorteil tatsächlich verbraucht (≈ Erfüllung). Auf den tatsächlichen Verbrauch des zugewendeten Vorteils kommt es umsatzsteuerrechtlich nicht an. Fraglich bleibt, ob diese Argumentation auf andere Instrumente der außergerichtlichen Streitbeilegung übertragbar ist (Abwehrschreiben, Gegenabmahnung, Mahnung).

Die höchstrichterlichen Entscheidungen, die diesem BMF-Schreiben zugrunde liegen, beruhten zunächst auf Umsätzen von Abmahnvereinen, deren Hauptaufgabe darin besteht, die Einhaltung der Wettbewerbsordnung zu überwachen und wettbewerbswidriges Marktverhalten in großer Zahl abzumahnen. Wohl nicht zuletzt aufgrund dieser speziellen Funktion der Abmahnvereine wurde die Leitentscheidung des BFH vom 16.1.2003[6] in der Praxis kaum beachtet. Mittlerweile hat sich die Rechtsprechung des BFH jedoch vom Wettbewerbsrecht gelöst und betrifft ebenso Abmahnungen von Schutzrechtsverletzungen des geistigen Eigentums.

b) Sachverwandtschaft mit außergerichtlichem Vergleich

Vor allem im Hinblick auf den Zweck der außergerichtlichen Streitbeilegung ist die Konstellation der Abmahnleistung gegen Entgelt sachverwandt mit außergerichtlichen Vergleichen. Bis dato hat der BFH in diesem Bereich bereits entschieden, dass selbst bei einer Klagerücknahme aufgrund einer außergerichtlichen Einigung ein Leistungsaustausch anzunehmen sei, da der Beklagte einen entgeltlichen Vorteil empfange, indem er Planungssicherheit erlange und die mit einem Prozess verbundenen Risiken vermeiden könne. Das Entgelt bilde die Entschädigungszahlung.[7]

c) Erfreuliche Klarstellung hinsichtlich Schadensersatzzahlungen

Begrüßenswert ist die Klarstellung des BMF, dass es sich bei etwaigen Schadensersatzzahlungen um nicht steuerbaren (echten) Schadensersatz handelt. Das Immaterialgüterrecht gestattet dem Geschädigten, den Schaden alternativ und nach seiner Wahl auf drei Arten zu berechnen. Er kann Naturalrestitution, die Herausgabe des erzielten Gewinns oder eine angemessene Lizenzgebühr (sog. Lizenzanalogie) verlangen.[8] Insbesondere die Schadensberechnung auf Grundlage der Lizenzanalogie wurde in der Literatur bisweilen als Entgelt für eine steuerbare Leistung angesehen, die der Geschädigte an den Schädiger erbringe.[9] Einer solchen Differenzierung zwischen den Methoden der Schadensberechnung erteilt das BMF nun eine deutliche Absage. Alle drei Berechnungsweisen führen zu nicht steuerbarem (echtem) Schadensersatz.

[8] Vgl. § 97 Abs. 2 UrhG, § 139 Abs. 2 PatG, § 14 Abs. 6 MarkenG, § 24 Abs. 2 GebrMG, § 42 Abs. 2 DesignG, § 37 Abs. 2 SortSchG, § 9 Abs. 1 S. 2, 3 HalblSchG.
[9] Lütke, UR 2016, 537.

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