Rn 62

Mit der 2. Verordnung zur Änderung der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung[194] wurde in § 11 ein neuer Abs. 2 eingefügt. Hintergrund war das durch den Verordnungsgeber identifizierte angebliche Problem in der Praxis, dass die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Verwalters unmittelbar nach Abschluss des Eröffnungsverfahrens beantragt und dabei oftmals auf Schätzwerte aus dem Sachverständigengutachten zurückgegriffen wird. Dies soll nach Ansicht des Verordnungsgebers in der Vergangenheit zu teilweise völlig unrealistischen Berechnungsgrundlagen geführt haben, weil Vermögensgegenstände mit Schätzwerten eingestellt worden seien, die von den nach Verfahrenseröffnung ermittelten Werten erheblich abwichen.[195] Der damals neu eingefügte Abs. 2 des § 11 normiert deshalb eine Hinweispflicht des Insolvenzverwalters im eröffneten Verfahren spätestens mit Vorlage der Schlussrechnung. Da in der Schlussrechnung alle im Verfahren veräußerten Gegenstände mit ihrem jeweiligen Veräußerungserlös ausgewiesen werden müssen, ist es spätestens zu diesem Zeitpunkt möglich, Wertabweichungen der tatsächlichen Verwertungserlöse von den Werteinschätzungen bei Erstellung des Sachverständigengutachtens im Eröffnungsverfahren zu ermitteln. Die Hinweispflicht des Verwalters entsteht, sofern diese Wertdifferenz 20 % der Gesamtheit dieser Gegenstände übersteigt.

 

Rn 63

Es ist dabei fraglich, was der Verordnungsgeber mit dem Begriff der Gesamtheit dieser Gegenstände meint. Zunächst wird damit Bezug genommen auf die in § 11 Abs. 1 Satz 1 dargestellte Berechnungsgrundlage der Vergütung, so dass es demnach schon nach den aus der Verordnungsbegründung hervorgehenden Intentionen nur darauf ankommen kann, ob eine Wertabweichung bei denjenigen Vermögensgegenständen vorliegt, die auch in die Berechnungsgrundlage einbezogen wurden. Dem steht auch nicht der Begriff der Gesamtheit der Gegenstände entgegen, da sich diese Gesamtheit nach dem ausdrücklichen Verordnungswortlaut nur auf die der Vergütung zugrunde liegenden Werte, d.h. auf die Bestandteile der Berechnungsgrundlage bezieht.

 

Rn 64

Es ist also zur Erfüllung dieser Hinweispflicht im Rahmen der Schlussrechnung zu ermitteln, welche Vermögenswerte überhaupt in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters einbezogen wurden und welche tatsächlichen Verwertungserlöse im eröffneten Verfahren dann für diese Gegenstände entstanden sind. Die Verwertungserlöse dieser einzelnen Vermögensgegenstände sind dann zu addieren und dem Wert der Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters gegenüberzustellen. Beträgt die Wertdifferenz mehr als 20 % der Berechnungsgrundlage, so hat der Verwalter im Rahmen seines Schlussberichts die Hinweispflicht zu erfüllen. Dafür spielt es keine Rolle, ob die tatsächlichen Verwertungserlöse die Berechnungsgrundlage übersteigen oder unterschreiten. In beiden Fällen entsteht die Hinweispflicht gleichermaßen gegenüber dem Insolvenzgericht. Zugrunde zu legen ist also nicht eine Wertdifferenz der Verwertungserlöse für das Gesamtvermögen gegenüber dem geschätzten Gesamtvermögen aus dem Sachverständigengutachten. Ebenso wenig können mit Aus- und Absonderungsrechten belastete Gegenstände völlig ausgenommen werden[196], weil es auf den Einzelfall ankommt, ob diese Vermögensgegenstände nach § 11 Abs. 1 Satz 2 in die Berechnungsgrundlage einbezogen wurden. Ist dies der Fall, so ist auch hinsichtlich dieser Gegenstände eine Wertdifferenz nach Abs. 2 zu ermitteln und ggf. anzuzeigen. Es empfiehlt sich daher, bereits im Vergütungsantrag – nur auf diesen kommt es an – vorsorglich auch Vermögensgegenstände ggf. nur mit einem Erinnerungswert einzubeziehen, deren Wert bzw. Verwertbarkeit noch nicht absehbar bzw. unsicher ist, andernfalls kann später ein unerwartet hoher Realisierungswert nicht mehr vergütungserhöhend berücksichtigt werden.

 

Rn 65

Problematisch wird die Hinweispflicht in den Fällen, in denen der Verwalter im eröffneten Verfahren die mit Aus- bzw. Absonderungsrechten belasteten Gegenstände nicht selbst verwertet hat, was gerade bei Aussonderungsgut regelmäßig der Fall sein dürfte. Hat also der Insolvenzverwalter mit Fremdrechten belastete Gegenstände aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben oder dem Gläubiger zur Verwertung überlassen, muss er ggf. zu den außerhalb des Verfahrens erzielten Verwertungserlösen Erkundigungen einziehen. Dies sollte bei Absonderungsgläubigern schon aus buchhalterischen Gründen generell vor Verfahrensabschluss geschehen. Hat also der Gläubiger z.B. das mit Grundpfandrechten belastete Grundstück außerhalb des Verfahrens im Wege der Zwangsversteigerung verwertet, so ist das dort erzielte Meistgebot zunächst formal dem Wert des Grundstückes gegenüberzustellen, der ggf. in die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des vorläufigen Verwalters eingeflossen ist. Allerdings ist bei Darlegung der Wertdifferenz auf die Drittverwertung im Wege der Zwangsversteigerung hinzuweisen und ausschließl...

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