Rn 3

Unter die Vorschrift fallen nur Sicherheiten, die von einem Insolvenzgläubiger – gleichgültig, ob schlichter oder nachrangiger Insolvenzgläubiger (§§ 38, 39) und ob am Insolvenzverfahren teilnehmend oder ihm fernbleibend[15] – erlangt worden sind. Absonderungsberechtigte Gläubiger werden von der Vorschrift betroffen, wenn sie in dem fraglichen Zeitraum entweder das Absonderungsrecht durch eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme für eine Insolvenzforderung (§ 52 Satz 1) erworben oder wegen einer Insolvenzforderung in einen anderen als den mit dem Absonderungsrecht belasteten Gegenstand vollstreckt oder zwar in den belasteten Gegenstand, aber nicht aufgrund eines (erforderlichen) dinglichen Titels[16] vollstreckt haben.

 

Rn 4

Dagegen werden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern nicht erfasst, denen bereits vorher ein wirksames Absonderungsrecht nach den §§ 49 ff. zustand und die zur weiteren Realisierung dieses Befriedigungsrechts vorgegangen sind, etwa die Anordnung der Zwangsversteigerung eines mit einem Grundpfandrecht belasteten Grundstücks (§§ 20 ff. ZVG) erwirkt haben (vgl. wegen §§ 166 bis 173 aber noch unten Rn. 12). Gleiches gilt, wenn der Gläubiger vorher den Anspruch des Schuldners auf Aufhebung der Gemeinschaft einschließlich des (künftigen) Anspruchs auf eine dessen Miteigentumsanteil entsprechende Teilung und Auskehrung des Versteigerungserlöses gepfändet hat.[17]

Ein von § 88 ungestörtes Absonderungsrecht hat auch ein bislang dinglich nicht gesicherter Gläubiger erlangt, der vor Beginn der Frist des § 88 die Beschlagnahme eines Grundstücks zwecks Zwangsverwertung (§§ 20, 22, 27, §§ 146 Abs. 1, 151 ZVG) erwirkt hat (§ 49, § 80 Abs. 2 Satz 2 InsO i. V. m. § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG); er kann also das Vollstreckungsverfahren, nunmehr gerichtet gegen den Insolvenzverwalter, fortsetzen (freilich nur in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG)[18]. Ebenso wenig werden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern erfasst, die gemäß § 47 zur Aussonderung eines Gegenstands aus der Insolvenzmasse berechtigt sind. Schließlich können auch solche Gläubiger in dem kritischen Zeitraum uneingeschränkt mit späterer Wirksamkeit für das eröffnete Insolvenzverfahren vollstrecken, die nach Verfahrenseröffnung als Massegläubiger nach §§ 53, 55 anzusehen sind, wie z. B. bei einem Erfüllungsverlangen des Verwalters nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 oder bei einer von einem vorläufigen Insolvenzverwalter, auf den die Befugnis zur Verfügung über das Vermögen des Insolvenzschuldners übergegangen ist, begründeten Verbindlichkeit (§ 55 Abs. 2). Beschränkungen für Massegläubiger können sich allenfalls aus den § 89 Abs. 2, § 90, § 110 Abs. 2 und § 114 Abs. 3 ergeben.

[15] LG Bonn ZIP 2004, 1374 (1375) [LG Bonn 02.12.2003 - 4 T 519/03]; Keller, ZIP 2000, 1324 (1326).
[16] Weil er z. B. einen nach § 1147 BGB erforderlichen Duldungstitel noch nicht erlangt hat. Für die Vollstreckung aus einer Zwangssicherungshypothek bedarf es seit 1999 nicht mehr eines Duldungstitels (§ 867 Abs. 3 ZPO), wohl aber für die Vollstreckung aus einer Arresthypothek (§ 932 Abs. 2 ZPO: dort keine Verweisung auch auf § 867 Abs. 3 ZPO).
[18] Stöber, NZI 1998, 105 (106). Hat dagegen ein ungesicherter persönlicher Gläubiger erst nach Beginn der Frist des § 88 die Beschlagnahme eines Grundstücks erwirkt, so wird die Beschlagnahme mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach § 88 unwirksam und eine Fortsetzung des Vollstreckungsverfahrens damit nach § 89 Abs. 1 unzulässig (Jaeger-Henckel, § 49 Rn. 32; Stöber, a. a. O.).

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