Rn 5

§ 84 Abs. 1 Satz 1 bedeutet: Die Art und Weise der Teilung oder sonstigen Auseinandersetzung richtet sich nach denselben Regeln, die für die betreffende Gemeinschaft bzw. Gesellschaft auch dann gelten, wenn die Notwendigkeit einer Teilung oder Auseinandersetzung nicht auf einem Insolvenzverfahren gegen einen Gemeinschaftsangehörigen bzw. gegen einen Gesellschafter, sondern auf einem insolvenzunabhängigen Grund beruht. Es kommen also zur Anwendung: für die Bruchteilsgemeinschaft die §§ 752 ff. BGB, ergänzend für die Zwangsversteigerung eines Grundstücks zum Zwecke der Aufhebung einer daran bestehenden Gemeinschaft die §§ 180 ff. ZVG; für die Erbengemeinschaft die §§ 2042 ff., insbesondere §§ 2042 Abs. 2, 2046 ff. BGB i. V. m. §§ 363 ff., 487 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)[20]; für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts die §§ 731 ff. BGB; für die offene Handelsgesellschaft und für die Kommanditgesellschaft die §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB i. V. m. §§ 738 ff. BGB (im Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der fortbestehenden Gesellschaft) bzw. i. V. m. §§ 145 ff. HGB (im Fall der Auflösung der Gesellschaft); für die Partnerschaftsgesellschaft und die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung dieselben Vorschriften wie bei der oHG (§§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 PartGG, § 1 des Ausführungsgesetzes zur VO über die EWIV[21]); bei der stillen Gesellschaft die §§ 235 f. HGB. Bei der Auseinandersetzung tritt der Insolvenzverwalter an die Stelle des Insolvenzschuldners (§ 80), d. h., er kann – abgesehen von den Erleichterungen nach § 84 Abs. 2[22]  – die Auseinandersetzung nur so verlangen, wie sie dem Insolvenzschuldner zusteht.[23]

 

Rn 6

An Einzelheiten ist hervorzuheben: Bei der Bruchteilsgemeinschaft führt die Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Gemeinschafters weder zu dessen Ausscheiden noch zur Auflösung der Gemeinschaft. Der Insolvenzverwalter kann aber den Anspruch des Insolvenzschuldners auf Aufhebung der Gemeinschaft (§ 749 Abs. 1 BGB) geltend machen (§ 80 Abs. 1), d. h. die zu einer Teilung in Natur (§ 752 BGB) oder – in der Praxis häufiger – zu einem Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes und zur Teilung des Erlöses (§ 753 BGB) erforderlichen Mitwirkungshandlungen verlangen.[24] Er kann auch den Anteil des Insolvenzschuldners veräußern (§ 747 Satz 1 BGB);[25] der Erlös fällt dann als Surrogat in die Masse.

Erwirbt der Insolvenzschuldner während des Verfahrens den restlichen Anteil oder die restlichen Anteile – beispielsweise als Erbe unter Berücksichtigung des § 83 Abs. 1 –, so kann dies die Auseinandersetzung, z. B. die Teilungsversteigerung eines Grundstücks, erübrigen bzw. verhindern, weil wegen der Einbeziehung des Neuerwerbs des Schuldners in die Insolvenzmasse (§ 35 Abs. 1 Fall 2) keine auseinandersetzungsfähige Gemeinschaft mehr besteht. Anders liegt dies aber, wenn es, z. B. durch Eröffnung eines Nachlassinsolvenzverfahrens (§§ 11 Abs. 2 Nr. 2, 314 ff.), zu einer Haftungssonderung zwischen den beiden dem Insolvenzschuldner gehörenden Vermögensmassen gekommen ist, also sein Eigenvermögen grundsätzlich nur noch für seine Eigenverbindlichkeiten und das ererbte Vermögen nur noch für die Nachlassverbindlichkeiten haftet (§§ 1975 ff. BGB, § 325).[26] § 1975 BGB und § 325 verdrängen § 35.[27]

 

Rn 7

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters führt nach den (abdingbaren, vgl. § 736 Abs. 1 BGB, § 131 Abs. 3 Satz 1 HGB) Gesetzesvorschriften bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Auflösung der Gesellschaft (§ 728 Abs. 2 BGB), bei der oHG und der KG dagegen zum Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters aus der fortbestehenden Gesellschaft (§§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 161 Abs. 2 BGB). Im Falle der Auflösung der Gesellschaft kommt es zur Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern nach §§ 730 ff. BGB, §§ 145 ff., 161 Abs. 2 HGB, im Falle des Ausscheidens des Gesellschafters aus der fortbestehenden Gesellschaft kommt es zur Abfindung des betroffenen Gesellschafters nach §§ 738 bis 740 BGB, bei einer oHG oder KG i. V. m. §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB.

 

Rn 8

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH können nach der Auflösung einer Gesellschaft oder dem Ausscheiden eines Gesellschafters gesellschaftsvertragliche Ansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter und der Gesellschafter gegen die Gesellschaft oder gegen andere Gesellschafter grundsätzlich nicht mehr isoliert durchgesetzt werden (Durchsetzungssperre). Sie werden vielmehr unselbstständige Rechnungsposten einer Gesamtabrechnung, die der Ermittlung des Auseinandersetzungs- oder Abfindungsguthabens des Gesellschafters (§§ 734, 738 Abs. 1 Satz 2 BGB) oder des Betrags seiner Nachschusspflicht (§§ 735, 739 BGB) dient.[28] Damit soll ein unnötiges Hin- und Herzahlen vermieden werden.[29] Dem kann zugestimmt werden. Verfehlt ist es aber, wenn der BGH hieraus einen angeblich durch § 84 Abs. 1 bestätigten "Vorrang der innerg...

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