Rn 12

Falls die Leistung vor der öffentlichen Bekanntmachung der Verfahrenseröffnung im Inland (§ 345) erfolgt, so wird vermutet, dass dem Leistenden die Eröffnung nicht bekannt war, § 350 Satz 2.

 

Rn 13

Die Vermutung ist widerlegbar.[20] In diesem Fall muss der ausländische Verwalter darlegen und beweisen (§ 286 ZPO), dass der Drittschuldner im Zeitpunkt der Leistung die positive Kenntnis von der Eröffnung des ausländischen Verfahrens hatte.[21] Kann der ausländische Verwalter nur die Kenntnis von der Krise des Schuldners oder die Kenntnis von dem Eröffnungsantrag beweisen, so ist dies nicht ausreichend.[22]

 

Rn 14

§ 350 Satz 2 ist auch dann einschlägig, wenn die öffentliche Bekanntmachung der Verfahrenseröffnung zwar im Ausland erfolgt ist, aber eine Bekanntmachung nach § 345 im Inland fehlt.[23] Entsprechend dem Normzweck des § 350 soll sich der Leistende eine Veröffentlichung im Ausland gerade nicht zurechnen lassen müssen.[24]

 

Rn 15

Erbringt der Drittschuldner seine Leistung demgegenüber nach der öffentlichen Bekanntmachung gemäß § 345, so gelten die allgemeinen Regeln zur Darlegungs- und Beweislast.[25]

 

Rn 16

Da die Unkenntnis von der Eröffnung des ausländischen Insolvenzverfahrens einen für den Leistenden günstigen Umstand darstellt, trägt er insoweit die Darlegungs- und Beweislast.[26] Der Beweis dieser negativen Tatsache dürfte regelmäßig nur schwer zu führen sein.[27]

 

Rn 17

Eine dem Art. 24 Abs. 2 Satz 2 EuInsVO entsprechende Regelung, wonach die Kenntnis des Leistenden bis zum Beweis des Gegenteils vermutet wird, wenn er seine Leistung nach der Bekanntmachung (Art. 21 EuInsVO) erbringt, sieht § 345 nicht vor. Es kann also nicht angenommen werden, dass die öffentliche Bekanntmachung der Eröffnung des ausländischen Verfahrens im Inland die Bösgläubigkeit des Leistenden begründet und dazu führt, dass seiner Leistung keine schuldbefreiende Wirkung zukommt.[28] § 345 kennt entgegen Art. 24 Abs. 2 Satz 2 EuInsVO keine Vermutung zu Lasten des Leistenden.

[20] Braun-Liersch, § 350 Rn. 13; HK-Stephan, § 350 Rn. 8; Smid, Deutsches und Europäisches Internationales Insolvenzrecht, § 350 Rn. 4.
[21] HK-Stephan, § 350 Rn. 8; Kübler/Prütting-Kemper, § 350 Rn. 9; MünchKommBGB-Kindler, § 350 Rn. 1131.
[22] Kübler/Prütting-Kemper, § 350 Rn. 9.
[23] Braun-Liersch, § 350 Rn. 8; HK-Stephan, § 350 Rn. 10; a.A. Kübler/Prütting-Kemper, § 350 Rn. 10.
[24] Braun-Liersch, § 350 Rn. 8.
[25] MünchKommBGB-Kindler, § 350 Rn. 1131.
[26] HK-Stephan, § 350 Rn. 9; Kübler/Prütting-Kemper, § 350 Rn. 10.
[27] Kübler/Prütting-Kemper, § 350 Rn. 10.
[28] Anders Smid, Deutsches und Europäisches Internationales Insolvenzrecht, § 350 Rn. 4, der korrespondierend zu Art. 24 Abs. 2 Satz 2 EuInsVO annimmt, dass die öffentliche Bekanntmachung die Bösgläubigkeit des Leistenden begründet. § 345 ist an dieser Stelle aber anders gefasst als die vergleichbare Regelung in der EuInsVO. Zur Unterschiedlichkeit der Regelungen Liersch, NZI 2003, 302 (307); MünchKommBGB-Kindler, § 350 Rn. 1125.

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