Rn 7

Auch ein absonderungsberechtigter Gläubiger (§§ 49ff.) oder Insolvenzgläubiger (§ 38) kann die Aufhebung der Eigenverwaltung beantragen. Zunächst muss dafür die Voraussetzung des § 270 Abs. 2 Nr. 2 weggefallen sein. Die Anordnung der Eigenverwaltung setzt voraus, dass keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird. Insoweit ist eine Korrekturmöglichkeit dafür vorhanden, dass dem Schuldner bei Beantragung der Eigenverwaltung nicht dadurch Hürden in den Weg gelegt werden sollen, dass Unklarheiten über mögliche Nachteile für die Gläubiger in der Kürze der Zeit, in der über die Anordnung der (vorläufigen) Eigenverwaltung entschieden werden muss, nicht vollständig aufgeklärt werden können. Solche Unklarheiten gehen weder bei Anordnung der Eigenverwaltung[4], noch bei einem Aufhebungsantrag[5] zu Lasten des Schuldners.

 

Rn 8

Werden aber im Laufe der Zeit Umstände bekannt, die erwarten lassen, dass die Eigenverwaltung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird[6] und kann der betroffene Gläubiger darlegen, dass ihm selbst erhebliche Nachteile durch die Eigenverwaltung drohen, rechtfertigt sein Antrag die Aufhebung der Eigenverwaltung. Abs. 1 Nr. 2 dient daher dem Individualrechtsschutz des gefährdeten Gläubigers, ein altruistischer Antrag ist dagegen nicht möglich.[7] Ist ein Gläubiger selbst nicht gefährdet, kann er lediglich in unaufschiebbaren Fällen die Anordnung eines Zustimmungsvorbehaltes gemäß § 277 Abs. 2 beantragen. Bei der Entscheidung ist zu berücksichtigen, dass die Eigenverwaltung trotz Überwachung durch den Sachwalter ein erhebliches Risiko für den Gläubiger bedeutet, weil z.B. im eröffneten Insolvenzverfahren vorgenommene gläubigerschädigende Handlungen des Schuldners nicht mit der Insolvenzanfechtung rückgängig gemacht werden können. Aus diesem Grund muss es auch möglich bleiben, die Eigenverwaltung kurzfristig und ohne Durchführung einer Gläubigerversammlung zu beenden.[8]

 

Rn 9

Da die Nachteile für den Antragsteller aber erheblich sein müssen, kann nicht bereits jede wirtschaftliche Einbuße zur Aufhebung der Eigenverwaltung führen. Je größer dabei der drohende Nachteil für den Gläubiger ist, umso geringer ist die für die Aufhebung der Eigenverwaltung erforderliche Wahrscheinlichkeit, dass der Nachteil auch tatsächlich eintritt. Obwohl der Wortlaut der Vorschrift erfordert, dass Nachteile für "die" Gläubiger, also für eine Mehrzahl von Gläubigern eintreten, reicht für die Aufhebung der Eigenverwaltung die Benachteiligung des Antragstellers alleine aus. Das ergibt sich aus dem Zweck der Norm, die gerade die Rechte des einzelnen Gläubigers schützen soll.

 

Rn 10

Beim Gläubigerantrag auf Aufhebung der Eigenverwaltung sind gemäß Abs. 2 besondere Verfahrensvorschriften zu berücksichtigen. Nach Abs. 2 Satz 1 ist der Antrag nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2 glaubhaft gemacht werden. Eine Aufhebung ohne Glaubhaftmachung ist nicht möglich.[9] Zunächst setzt der Antrag daher voraus, dass der Gläubiger die Tatsachen schildert, aus denen die drohenden erheblichen Nachteile erwachsen können. Die Tatsachen müssen außerdem grundsätzlich neu sein, d.h. nicht bereits bei der Anordnung der Eigenverwaltung vorgelegen haben.[10] Zumindest aber müssen Umstände aufgetreten sein, die eine Neubewertung dieser Tatsachen rechtfertigen. Die bloße Behauptung, dass solche Tatsachen vorlägen, genügt demgegenüber nicht. Die Glaubhaftmachung der behaupteten Tatsachen erfolgt gemäß § 4 InsO i.V.m. § 294 ZPO, also durch Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen, Urkunden, anderen Schriftstücken oder auch durch Bezugnahme auf Berichte des Sachwalters. Die Bezugnahme ersetzt jedoch nicht den erforderlichen Tatsachenvortrag des Gläubigers bezüglich des Drohens der Nachteile, weil es nicht Aufgabe des Gerichts ist, die Berichte auf das Vorliegen von drohenden Nachteilen zu durchforsten.[11] Vor der Aufhebung der Eigenverwaltung ist der Schuldner zu hören und ihm ist Gelegenheit zu geben, sich zu den drohenden Nachteilen zu äußern, Abs. 2 Satz 2. Der Schuldner hat sich dabei gemäß § 97 wahrheitsgemäß zu äußern. Von der Anhörung kann gemäß § 10 abgesehen werden. Sind die vom Gläubiger glaubhaft gemachten Tatsachen, die erhebliche Nachteile für ihn erwarten lassen, durch die Einlassung des Schuldners erschüttert worden, ermittelt das Gericht gemäß § 5 Abs. 1 von Amts wegen. Gelingt dem Gläubiger aber der Nachweis der drohenden Nachteile nicht, geht dies zu seinen Lasten und das Gericht weist seinen Antrag zurück. Nach Abs. 2 Satz 3 steht dem Antragsteller und dem Schuldner gegen den Beschluss die sofortige Beschwerde zu, die nach § 6 durchzuführen ist. Da das Rechtsmittel gegeben ist, muss die Entscheidung vom Gericht begründet werden.

[4] BT-Drs. 17/5712, S. 38.
[5] BT-Drs. 17/5712, S. 42.
[6] Vgl. dazu o. § 270 Rn. 13 ff.
[8] RegE BT-Drs. 12/2443, S. 224.

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