2.1 Grundsatz der hälftigen Zustimmung nach § 244 Abs. 1 Nr. 1

 

Rn 5

Zunächst muss die Kopfmehrheit der in der betreffenden Gruppe abstimmenden Gläubiger dem Plan zustimmen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1). Diese Kopfmehrheit ist lediglich als einfache Mehrheit zu verstehen, so dass bereits mehr als 50 % ausreichend sind.

 

Rn 6

Die Grundlage für diese 50 %-Grenze bilden nur die abstimmenden Gläubiger. Nicht zu diesen zählen also Stimmberechtigte, die sich an der Abstimmung nicht beteiligen.[16] Daher sind die Enthaltungen nicht[17] zu berücksichtigen[18], und es ist folglich zur Annahme eines Insolvenzplans ausreichend, wenn mehr Gläubiger zustimmen als widersprechen. Dementsprechend hat Stimmgleichheit zur Folge, dass der Insolvenzplan als abgelehnt gilt.[19] Ist ein gesonderter Abstimmungstermin festgelegt, kann die Stimmabgabe auch schriftlich erfolgen (§ 242 Abs. 1).[20]

 

Rn 7

Ein Gläubiger, der mehrere Forderungen gegen den Insolvenzschuldner hat, wird bei der Berechnung der Kopfmehrheit nur mit einer Stimme berücksichtigt.[21] Schwierigkeiten bereitet die Umsetzung dieses Grundsatzes beim Konzern. Setzt sich dieser aus mehreren rechtlich selbständigen Gesellschaften zusammen, so ist diesen auch eine selbständige Ausübung des Stimmrechts zuzubilligen. Handelt es sich dagegen um unselbständige Niederlassungen oder nur Zweigstellen, ist nur eine einheitliche Stimmabgabe möglich. Diese Teile des Konzerns werden nur als ein Gläubiger ("Kopf") gezählt, unbeschadet der Forderungssumme, die dahinter steht.

 

Rn 8

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass jeder Gläubiger nur einmal abstimmen darf, ist zum einen dann gegeben, wenn ein Gläubiger im Wege der Vertretung oder als Treuhänder das Stimmrecht eines anderen ausübt. Dann kann er die verschiedenen Stimmrechte auch in unterschiedlicher Weise ausüben. Ein zweiter Fall, in dem ein Gläubiger ein doppeltes Stimmrecht ausüben kann, besteht immer dann, wenn dieser über Forderungen verfügt, die verschiedenen Gruppen zugeordnet werden. Ein Beispiel hierfür sind die absonderungsberechtigten Gläubiger, bei denen im Einzelfall nach der abgesonderten Verwertung noch ein Ausfall bestehen bleibt (vgl. § 237 Rdn. 11). Rein akademisch sein dürfte die Diskussion, ob ein und derselbe Gläubiger in verschiedenen Gruppen unterschiedlich abstimmen darf.[22]

[16] BT-Drs. 12/2443, S. 208.
[17] Früher wurden anwesende Gläubiger, die sich der Stimme enthielten, in die für die spätere hälftige Zustimmung maßgebliche Menge eingerechnet, so dass eine Enthaltung praktisch einer Nein-Stimme entsprach; Kuhn/Uhlenbruck, § 182 Rn. 3 f. (zum Zwangsvergleich); Gottwald-Uhlenbruck, 1. Auflage, § 75 Rn. 13 (für den Vergleich nach VerglO).
[18] Haarmeyer/Wutzke/Förster-Wenzel, § 244 Rn. 7.
[19] MünchKomm-Hintzen, § 244 Rn. 12.
[20] Widersprüchlich Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier-Silcher, § 244 Rn. 3 und Rn. 6.
[21] K. Schmidt-Spliedt, § 244 Rn. 5; Häsemeyer, Rn. 28.33.
[22] Zustimmend MünchKomm-Hintzen, § 244 Rn. 10, Nerlich/Römermann-Braun, § 244 Rn. 10; Uhlenbruck-Lüer/Streit, § 244 Rn. 5; a.A. wohl Schiessler, S. 151.

2.2 Zusammenfassung von Stimmanteilen bei der Berechnung der Kopfmehrheit

 

Rn 9

Die Basis für eine Berechnung von Mehrheiten ist grundsätzlich durch die Kopfzahl der Gläubiger vorgegeben (Rdn. 7 f.). Diese kann allerdings unter Umständen niedriger sein als die Zahl der tatsächlich im Verfahren stimmberechtigten Gläubiger. Ein solcher Sonderfall liegt dann vor, wenn die Rechte mehrerer Gläubiger miteinander verknüpft sind, so dass diese Gläubiger innerhalb der Abstimmung gleichwohl als nur eine Person behandelt werden müssen und demzufolge auch nur einheitlich abstimmen können.

2.2.1 Gemeinschaftliches Recht (§ 244 Abs. 2 Satz 1)

 

Rn 10

Die Vorschrift des § 244 Abs. 2 Satz 1 bestimmt, dass Gläubiger, die bezüglich eines Anspruchs eine Forderungsgemeinschaft bilden oder eine solche vor dem Eintritt eines Eröffnungsgrunds gebildet hatten, bei der Abstimmung "kopfmäßig" als ein Gläubiger zu rechnen sind. Sie können ihr Stimmrecht nur einheitlich ausüben.

 

Rn 11

Kommen die betroffenen Gläubiger dem nicht nach und stimmt ein Teil der Gläubiger gegen und ein anderer Teil für den Insolvenzplan, gilt die Stimmabgabe als Enthaltung. Die Wirkung einer solchen Enthaltung steht jedoch einer Ablehnung nicht gleich (Rdn. 4). Damit bleibt eine geteilte Stimmabgabe für das Abstimmungsergebnis unberücksichtigt. Gibt jedoch nur einer der Berechtigten überhaupt seine Stimme ab, ist diese bei der Berechnung der Mehrheit zu berücksichtigen,[23] bei der Ermittlung der Summenmehrheit allerdings nur in Höhe der auf den Abstimmenden entfallenden Forderungshöhe.[24]

[23] HK-Haas, § 244 Rn. 10.
[24] Nerlich/Römermann-Braun, § 244 Rn. 16.

2.2.1.1 Einheitliches Stimmrecht infolge gemeinschaftlicher Forderung (Alternative 1)

 

Rn 12

Zum einen ergibt sich eine Beschränkung auf ein einheitliches Stimmrecht, wenn den Gläubigern ihr Recht nur gemeinschaftlich zusteht (§ 244 Abs. 2 Satz 1 Alternative 1).

 

Rn 13

Dazu reicht noch nicht aus, dass mehrere Gläubiger eine Leistung zu fordern haben, wenn diese teilbar ist und somit § 420 BGB unterfällt. In diesem Fall kann jeder Teilgläubiger für sich eine eigene Stimme beanspruchen. § 244 Abs. 2 Satz 1 findet dann keine Anwendung. Jeder Gläubiger hat hier ein eigenes Stimmrecht, das er una...

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