Rn 17

Fraglich ist, ob § 15a Abs. 1 auf die antragsberechtigten Organe der Vor-Kapitalgesellschaft (bei Vor-GmbH: Geschäftsführer und Gesellschafter)[45] entsprechend anzuwenden ist. Hiergegen spricht jedenfalls nicht, dass die Vor-Kapitalgesellschaft noch keine juristische Person ist.[46] Sinn und Zweck des § 15a Abs. 1 ist es, das antragsberechtigte Organ zu einer beständigen wirtschaftlichen Selbstprüfung anzuhalten (siehe unten Rn. 24 ff.). Dies ist deshalb notwendig, weil die Überschuldung nur auf der Basis unternehmensinterner Daten ermittelbar ist und damit die rechtzeitige Befolgung der Antragspflicht nur demjenigen möglich ist, der eine beständige wirtschaftliche Selbstprüfung auch tatsächlich vornimmt (siehe oben Rn. 1). Der Überschuldungstatbestand für die Vor-Kapitalgesellschaft[47] macht daher nur Sinn, wenn das antragsberechtigte Organ zur wirtschaftlichen Selbstprüfung auch angehalten ist. Der notwendige Druck hierfür geht von einer haftungsbewehrten Verhaltenspflicht wie dem § 15a Abs. 1 aus. Daher ist die Vorschrift richtiger Ansicht nach auf den Geschäftsleiter der Vor-Kapitalgesellschaft anwendbar.[48] Ein vergleichbarer Druck (wie bei § 15a Abs. 1) besteht aber auch dann, wenn das antragsberechtigte Organ für die Schulden der Gesellschaft selbst persönlich und unbeschränkt einzustehen hat; denn dann hat es ebenfalls "etwas zu verlieren", wenn der Eröffnungsantrag nicht rechtzeitig gestellt wird. Soweit folglich das antragsberechtigte Organ auf Erfüllung der Gesellschaftsschulden haftet, besteht für eine haftungsrechtlich sanktionierte Verhaltenspflicht i. S. des § 15a Abs. 1 keine Notwendigkeit. Damit scheidet aber eine haftungsbewehrte Antragspflicht für die Gesellschafter – etwa der Vor-GmbH -, die ja für die Schulden der GmbH ohnehin unbeschränkt persönlich einzustehen haben, von vornherein aus.[49] Eine Ausnahme gilt allenfalls dann, wenn man – entgegen der hier vertretenen Ansicht – die Figur des "faktischen Geschäftsführers" (siehe hierzu oben Rn. 12 ff.) anerkennt.

[45] Vgl. Gottwald-Haas/Kolmann/Pauw, InsO-Hdb. § 92 Rn. 601.
[46] Kübler/Prütting/Bork-Preuß, § 15a Rn. 15.
[47] Dafür, dass der Überschuldungstatbestand – trotz der umstrittenen Haftungsverfassung – auch für die Vor-Kapitalgesellschaft gilt, siehe Gottwald-Haas/Kolmann/Pauw, InsO-Hdb. § 92 Rn. 593 ff.; Jaeger/Ehricke, § 11 Rn. 42; Jaeger/H. F. Müller, § 19 Rn. 12; Rowedder/ Schmidt-Leithoff/Baumert, Vor § 64 GmbHG Rn. 65; Steenken, Die Insolvenz der Vor-GmbH, S. 73 ff.; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, Anh. zu § 64 GmbHG Rn. 5; Uhlenbruck/Hirte, § 11 InsO Rn. 41; a. M. Roth/Altmeppen, Vor § 64 GmbHG Rn. 10; Scholz/K. Schmidt, § 11 GmbHG Rn. 43; FK-Schmerbach, § 15 Rn. 35.
[48] Haas DStR 1999, 985 (987 f.); Scholz/K. Schmidt, Anh. § 64 Rn 17; i. E. auch Kübler/Prütting/ Bork-Preuß, § 15a Rn. 15.
[49] Uhlenbruck/Hirte, § 11 Rn. 41; FK-Schmerbach, § 15 Rn. 35.

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