2.1 Juristische Personen

 

Rn 5

Vom Anwendungsbereich des § 15a erfasst sind – nach Abs. 1 Satz 1 – alle juristischen Personen (siehe die Kommentierung in § 15 Rn. 4; siehe zu den Ausnahmen aber auch unten Rn. 7). Einbezogen in den Anwendungsbereich sind auch Vor-Kapitalgesellschaften.[5] Da eine Gesellschaft mit Auflösung ihre Rechtspersönlichkeit nicht verliert, ist auch die juristische Person in Liquidation erfasst. Ist die Gesellschaft nach § 394 FamFG gelöscht worden, obwohl noch Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, gilt diese als nicht beendet (Lehre vom Doppeltatbestand),[6] mit der Folge, dass § 15a anwendbar bleibt.[7]

[5] HK-Ransiek, § 15a Rn. 4.
[6] Vgl. Baumbach/Hueck/Haas, § 66 Rn. 37.
[7] Kübler/Prütting/Bork-Preuß, § 15a Rn. 14; Baumbach/Hueck/Haas, § 64 Rn. 147.

2.2 "Kapitalistische" Personengesellschaft

 

Rn 6

Abs. 1 Satz 2 bezieht auch bestimmte Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit in § 15a ein (sogenannte kapitalistische Personengesellschaften). Eine solche kapitalistische Personengesellschaft liegt vor, wenn ihr keine natürliche Person als (unbeschränkt) persönlich haftender Gesellschafter angehört (§ 15a Abs. 1 Satz 2 1. HS).[8] Dies trifft etwa auf solche OHG, KG oder BGB-Gesellschaften zu, an denen ausschließlich Kapitalgesellschaften, Vereine, Genossenschaften, Stiftungen und Personengesellschaften als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt sind. Ist Gesellschafter der Gesellschaft eine Personengesellschaft, ist zu differenzieren. § 15a Abs. 1 findet hier keine Anwendung, wenn der Gesellschafter der Gesellschafter-(Personen-)Gesellschaft eine natürliche Person ist, die persönlich und unbeschränkt für die Schulden der Gesellschafter-Gesellschaft und damit mittelbar (d. h. auf der zweiten Ebene) auch für die Schulden der Gesellschaft einzustehen hat (§ 15a Abs. 1 Satz 2 2. HS).[9] Teilweise wird der Ausnahmetatbestand in § 15a Abs. 1 Satz 2 2. HS als zu eng empfunden und daher auf die Fälle entsprechend angewandt, in denen auf einer höheren Ebene ein "Unbeschränkthafter" für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft mittelbar einzustehen hat.[10] Dies widerspricht aber dem Verständnis von § 19 Abs. 3. Ein Gleichlauf zwischen § 19 Abs. 3 und § 15a Abs. 1 Satz 2 sollte aber erhalten bleiben (siehe zu dem Zusammenhang bereits oben Rn. 1). Auch aus Praktikabilitätserwägungen ist eine erweiterte Anwendung von § 15a Abs. 1 Satz 2 2. HS sachlich nicht gerechtfertigt; denn eine zwei- oder mehrfach vermittelte persönliche Haftung lässt sich in der Praxis nur schwerlich verwirklichen.[11]

[8] HambKomm-Linker, § 15a Rn. 13.
[9] HambKomm-Linker, § 15a Rn. 14.
[10] Kübler/Prütting/Bork-Preuß, § 15a Rn. 18; MünchKomm/HGB-K. Schmidt, § 130a Rn. 12.; a. M. Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 130a HGB Rn. 3.
[11] Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, § 125a HGB Rn. 1 und § 130a HGB Rn. 3.

2.3 Ausgenommene Verbände

 

Rn 7

Ausgenommen vom Anwendungsbereich des § 15a sind nach Abs. 6 (eingetragene und nicht eingetragene) nichtwirtschaftliche Vereine. Insoweit geht die Sonderbestimmung in § 42 Abs. 2 BGB dem § 15a vor. Gleiches gilt über §§ 86, 42 Abs. 2 BGB für Stiftungen. Ebenfalls ausgenommen vom Anwendungsbereich des § 15a sind insolvenzfähige (siehe § 12) juristische Personen des öffentlichen Rechts (§§ 89 Abs. 2, 42 Abs. 2 BGB). Auch bei Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Bausparkassen gilt § 15a nicht. Stattdessen besteht hier eine Antragspflicht bei der zuständigen Aufsichtsbehörde.[12]

[12] Gottwald-Haas/Mock, InsO-Hdb. § 93 Rn. 248 ff.

2.4 Auslandsgesellschaften

 

Rn 8

Die Frage, ob die Insolvenzantragspflicht auch auf Auslandsgesellschaften Anwendung findet, ist an sich irrelevant; denn die (Beachtung bzw. Verletzung der) Insolvenzantragspflicht als solche zeitigt keinerlei Rechtsfolgen. Erst mit der Entscheidung über den Eröffnungsantrag (Eröffnung oder Ablehnung mangels Masse) werden strafrechtliche (Rn. 51) bzw. haftungsrechtliche (siehe Rn. 68) (Rechts-)Folgen ausgelöst (die sich dann freilich auch auf die Zeiträume vor Insolvenzeröffnung beziehen). Dann erst stellt sich die Frage, ob diese Folgen auf ausländische juristische Personen bzw. kapitalistische Personengesellschaften Anwendung finden.[13] Die Qualifikationsfrage wird folglich immer erst aus der Perspektive des eröffneten Verfahrens relevant. Unter welchen Voraussetzungen ein Verfahren in Deutschland zu eröffnen ist, richtet sich in eurointernationalen Fällen nach Art. 3 EuInsVO. Wie die zivilrechtliche Haftung wegen Insolvenzverschleppung (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 15a Abs. 1) zu qualifizieren ist, ist umstritten.[14] Teilweise wird die Haftung dem Gesellschaftsstatut[15] oder Deliktsstatut,[16] teilweise kumulativ dem Gesellschafts- und dem Insolvenzstatut,[17] ganz überwiegend aber – zu Recht -[18] allein dem Insolvenzstatut[19] zugeordnet. Letzteres bestimmt sich in euro-internationalen Fällen nach Art. 4 EuInsVO (im Falle eines Hauptinsolvenzverfahrens) bzw. nach Art. 28 EuInsVO (in Sekundärinsolvenzverfahren)[20]. In der Anwendung des (deutschen) Insolvenzstatuts auf die nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaft mit Sitz in Deutschland lieg...

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