Rn 16
Der Verwalter hat unter Beachtung der einschlägigen Grundsätze auf den Stichtag der Verfahrenseröffnung eine Eröffnungsbilanz zu erstellen, während des Verfahrens Handelsbücher zu führen, Inventuren durchzuführen und periodisch Jahresabschlüsse (Abschlussbilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, ggf. auch Erläuterungsanhang und Lagebericht) aufzustellen und diese ggf. prüfen zu lassen und zu veröffentlichen; eine Schlussrechnungslegung hat auf den Zeitpunkt der Einstellung des Insolvenzverfahrens zu erfolgen. Geschäftsunterlagen sind innerhalb bestimmter Fristen aufzubewahren (§ 257 HGB). Das gilt gleichermaßen für Einzelkaufleute, Handelsgesellschaften in der Rechtsform von Personalhandelsgesellschaften (v. a. oHG, KG) und Kapitalgesellschaften (AG, GmbH, KGaA, Genossenschaften usw.). Nähere Bestimmungen ergeben sich aus den §§ 238 ff. HGB. Einzelkaufleute können unter den Voraussetzungen der §§ 241 a, 242 Abs. 4 HGB von der Pflicht zur Buchführung, Inventarisierung und Rechnungslegung befreit sein.
Rn 17
Voraussetzung für eine (periodische) Buchführung und Rechnungslegung auch im Insolvenzverfahren ist, dass der Insolvenzschuldner einen Geschäftsbetrieb geführt hat, der nach Art oder Umfang in kaufmännischer Weise eingerichtet sein musste, und dieser Geschäftsbetrieb auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortgeführt wird. Das wird zumindest für einen Übergangszeitraum die Regel darstellen, da die Entscheidung über die Fortführung oder aber die Einstellung des Geschäftsbetriebs grundsätzlich den Gläubigern obliegt, die sie im ersten Berichtstermin zu treffen haben (§§ 157, 158 Abs. 1).
Rn 18
Sinkt der Geschäftsbetrieb im Laufe der Liquidation auf ein minderkaufmännisches Niveau (§ 1 Abs. 2 HBG), entfällt die Notwendigkeit zur Buchführung und Rechnungslegung nach kaufmännischen Regeln. Aber auch in diesen Fällen wird zumeist mehr als nur eine einfache Rechnungslegung i. S. v. § 259 BGB (Einnahmen-/Ausgabenrechnung) erforderlich bleiben, nämlich eine kontinuierliche Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle (Abwicklungsvorgänge), regelmäßige Bestandsaufnahmen, periodische Rechnungsabschlüsse und eine Aufbewahrung der Geschäftsunterlagen. Unter den Voraussetzungen von § 141 AO besteht hierzu auch eine Pflicht. Für Unternehmungen, die kraft Rechtsform den Regelungen des HGB unterliegen (Kapitalgesellschaften, § 6 Abs. 2 HGB), ergeben sich zwar keine Erleichterungen bei einem rückläufigen Geschäftsumfang; hier können aber die besonderen Vorschriften zum Liquidationsstadium Anwendung finden (vgl. eingehend zu Rn. 37, 41, 53).
Rn 19
Wenn es vor oder nach Insolvenzeröffnung zur (vollständigen) Einstellung des Geschäftsbetriebs kommt, wird überwiegend davon ausgegangen, dass die Buchführung und Rechnungslegung nach kaufmännischen Regeln fortgeführt werden muss. Das entscheidet sich indes nicht formal anhand der Frage, ob auch Liquidationsgeschäfte mit der Absicht dauerhafter Gewinnerzielung geführt werden, was essentiell für den Gewerbebegriff ist, oder daran, ob die Liquidation nur eine Art von Vermögensverwaltung darstellt, die grundsätzlich nicht kaufmännischen Regeln unterliegt (arg e § 105 Abs. 2 HGB). Maßgeblich ist vielmehr, ob – wie regelmäßig – auch nach Aufgabe des Unternehmens geschäftliche Tätigkeiten entfaltet werden (Auflösung von Warenlagern, Abverkauf der Produktionseinrichtungen, Abwicklung von Geschäftsbeziehungen, Beendigung und Arbeitsverhältnissen usw.). Ebenso wie der Aufbau eines Unternehmens ist auch dessen Abwicklung grundsätzlich kaufmännischer Art. Allerdings kommt es wiederum darauf an, ob diese Geschäfte nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern (§ 1 Abs. 2 HGB); ggf. handelt es sich nur (noch) um einen minderkaufmännischen Geschäftsbetrieb. In dem einen wie dem anderen Fall behält die externe Buchführung und Rechnungslegung ihren Sinn insoweit, als nachvollziehbar Auskunft über Stand und Erfolg der Liquidation gegeben wird und Geschäftsvorfälle bestimmten Abrechnungsperioden zugewiesen werden.
Rn 20
Die externe handelsrechtliche Rechnungslegung endet grundsätzlich, wenn die hierfür erforderlichen finanziellen Mittel nicht (mehr) aus der Insolvenzmasse aufgebracht werden können, namentlich im Hinblick auf die (erforderliche) Beauftragung eines Steuerberaters. Zu beachten ist allerdings, dass der Insolvenzverwalter nach herkömmlicher Rechtsprechung verpflichtet sein kann, die Buchführungs- und/oder Rechnungslegungspflichten in eigener Person (ggf. auch ohne zusätzliche Vergütung) zu erbringen. Das gilt nicht nur für Steuerberater, sondern insbesondere auch für Rechtsanwälte; ganz generell wird unterstellt, dass zu Insolvenzverwaltern in der Regel Personen bestellt werden, die aufgrund ihrer Ausbildung und/oder beruflichen Erfahrung zu einer solchen Vermögensverwaltung in besonderer Weise qualifiziert sind. Erweist sich, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, die Kosten des Verfahrens zu decken...