2.1 Voraussetzungen

 

Rn 4

Bei der Siegelung geht es um Sicherung. Erforderlich ist deshalb, dass der Schuldner noch Zugriffsmöglichkeiten auf die betreffenden Massegegenstände hat; nach Inbesitznahme der Masse durch den Verwalter Zugriffsmöglichkeiten insbesondere in Form von Mitbesitz oder Besitzdienerschaft (Einzelheiten unter § 148). Es genügen aber auch rein faktische Zugriffsmöglichkeiten, die es dem Schuldner ermöglichen, Massegegenstände beiseite zu schaffen. Aus der Natur der Sache ergibt sich, dass leicht verderbliche und schnell an Wert verlierende Sachen von einer Siegelung ausgeschlossen sind; hier hat der Verwalter bereits vor dem ersten Berichtstermin eine Verwertung herbeizuführen (Einzelheiten unter § 148).

 

Rn 5

Allein der Insolvenzverwalter entscheidet über die Art und Weise der Inbesitznahme des schuldnerischen Vermögens (Einzelheiten unter § 148). Maßstab seiner Entscheidungen ist vor allem die Höhe des Risikos, dass Massegegenstände beiseite geschafft werden: Je höher das Risiko ist, desto intensiver muss die tatsächliche Sachherrschaft des Verwalters ausgestaltet und der Schuldner (als Mitbesitzer, Besitzdiener oder auch nur faktisch Zugriffsbefähigter) ausgeschlossen werden.[4] Maßgeblich ist aber auch die Höhe der Kosten, die der Masse durch die Sicherungsmaßnahme entstehen.[5] Eine Siegelung von Massegegenständen kommt daher nur in Betracht, wenn auf der einen Seite freie Zugriffsmöglichkeiten des Schuldners auf Massegegenstände zu riskant sind, auf der anderen Seite aber die alleinige Obhut des Verwalters an diesen Gegenständen nicht zweckmäßiger ist.

[4] LG Baden-Baden, ZIP 1983, 345 (345 f.); Kübler/Prütting-Holzer, § 150 Rn. 4; allgemein bei Inbesitznahme nach § 148 Abs. 1 MünchKomm-Füchsl/Weishäupl, § 148 Rn. 25.
[5] FK-Wegener, § 148 Rn. 7.

2.2 Verfahren, Protokoll

 

Rn 6

Nach § 150 Satz 1 besteht kein Zwang zur Siegelung. Der Verwalter muss aber sein dahingehendes Ermessen pflichtgemäß, d.h. risiko- und kostenbewusst ausüben (siehe Rn. 5), andernfalls kann er sich haftbar machen (§ 60 Abs. 1). Bei pflichtwidrigem Unterlassen kann das Insolvenzgericht den Verwalter zur Siegelung anhalten (§ 58).[6]

 

Rn 7

Zuständig für die Siegelung ist der Gerichtsvollzieher und darüber hinaus diejenige Person, die durch Landesrecht dazu bestimmt ist.[7] Zur Vornahme bedarf es keiner dahingehenden Anordnung des Insolvenzgerichts,[8] sondern allein der Beauftragung durch den Insolvenzverwalter. Da es sich bei der Siegelung nur um Sicherung handelt, wird der Gerichtsvollzieher (und die landesrechtlich zuständigen Personen) nicht als Vollstreckungsorgan, sondern lediglich als technisches Ausführungsorgan des Insolvenzverwalters tätig. Die Kosten der Siegelung berechnen sich je nach dem, welche Person damit beauftragt wurde (beim Gerichtsvollzieher nach dem GvKostG, im Übrigen nach Landesrecht);[9] sie gehen in jedem Fall zulasten der Masse (§ 55 Abs. 1 Nr. 1).

 

Rn 8

Die Siegelung ist besondere Sicherung "aller Räume und Behältnisse, in welchen sich zur Konkursmasse gehöriges Mobiliarvermögen befindet."[10] Dazu wird das Siegel in äußerlich erkennbarer Weise so über die Zutritts- bzw. Zugriffsmöglichkeit des Raums bzw. Behältnisses befestigt, dass ein Einwirken auf die darin befindlichen Gegenstände nur durch Zerstörung des Siegels möglich ist. Darüber hinaus können aber auch einzelne Sachen (etwa Kraftfahrzeuge, Kunstwerke usw.) gesichert werden.[11] Das Siegel ist auf dem Gegenstand selbst in erkennbarer Weise anzubringen; nicht erforderlich ist, dass es dabei einer Wegnahme, Zerstörung oder Benutzung des Massegegenstandes physisch entgegensteht. Das ergibt sich zwangsläufig aus dem Umstand, dass die erhöhte Sicherungswirkung der Siegelung allein auf deren Strafbewehrung (§ 136 StGB; zu Einzelheiten siehe Rn. 14 f.) beruht.

 

Rn 9

Über die Siegelung ist ein Protokoll[12] anzufertigen. Das Protokoll ist durch den Verwalter auf der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts zur Einsicht niederzulegen. Das soll die Möglichkeit schaffen, sich über die Sachlage eingehend zu unterrichten.[13] Zur Einsicht berechtigt sind jedenfalls die Insolvenzgläubiger; darüber hinaus aber auch Aussonderungsberechtigte[14] und der Schuldner[15]. Einsichtsberechtigt sind außerdem alle Absonderungsberechtigten, selbst wenn sie nicht zugleich Insolvenzgläubiger sind, denn die Siegelung kann ihren Sicherungsgegenstand betreffen.[16] Die Einsicht kann auch durch Vertreter erfolgen; die Beteiligten können sich zudem durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erstellen lassen (§ 299 Abs. 1 ZPO, § 4). Wie auch bei § 299 Abs. 1 ZPO ergibt sich hier das Einsichtsrecht bereits kraft Gesetzes, so dass es keiner vorausgehenden richterlichen Entscheidung bedarf.

 

Rn 10

Die darüber hinausgehenden Einzelheiten des Siegelungsverfahrens sind im Übrigen – über § 154 GVG – in der Gerichtsvollzieherordnung (GVO), der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (GVGA) sowie darauf bezogenen weiteren landesrechtlichen Ergänzungsbestimmungen enthalten.[17] Bei der GVO un...

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