Rn 84
Die Insolvenzeröffnung erfasst im Ausland belegenes Vermögen des Schuldners (Universalitätsprinzip).[99] Der Schuldner hat auch darüber umfassend Auskunft zu geben.
Rn 85
Massegegenstände, die sich im Gebiet der Europäischen Union befinden, können vom Verwalter grundsätzlich in Besitz genommen und zur inländischen Masse gezogen werden (Art. 18 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 EuInsVO).[100] Gläubiger, die nach Verfahrenseröffnung aus einem Gegenstand der Masse Befriedigung erlangt haben, und zwar auch durch Zwangsvollstreckung, sind dem Verwalter zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet (Art. 20 Abs. 1 EuInsVO). Zur Anerkennung und Vollstreckbarkeit inländischer Entscheidungen vgl. Art. 25 EuInsVO. Ob und wie der Verwalter im Übrigen Auslandsvermögen tatsächlich in Besitz nehmen kann, hängt vom Recht des Belegenheitsstaates ab. Werden die deutschen Insolvenzwirkungen dort nicht anerkannt, ist der Verwalter regelmäßig auf die Mitwirkung des Schuldners angewiesen. Dieser kann insbesondere verpflichtet sein, den Verwalter mit entsprechenden Vollmachten auszustatten.[101] Gegen nicht herausgabebereite Dritte kann der Verwalter im Inland klagen.[102]
Rn 86
Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen inländischer Gläubiger über im Ausland belegenes Vermögen des Insolvenzschuldners lösen bei ihrer Wirksamkeit[103] einen Bereicherungsanspruch zugunsten der Masse aus (Verstoß gegen den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung).[104] Der Verwalter kann in diesem Fall von dem betreffenden Gläubiger gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB die vollstreckungsrechtliche Freigabe des Gegenstands oder – falls bereits eine Verwertung stattgefunden hat – Herausgabe des an ihn ausgekehrten Erlöses verlangen. Bei Kenntnis von der fehlenden Berechtigung zur Vollstreckung können sich Folgeansprüche auf Nutzungs- bzw. Schadensersatz aus § 819 Abs. 1 BGB, § 818 Abs. 4 BGB, §§ 292, 987 ff. BGB ergeben. Der dem Verwalter im Zusammenhang mit der Verwertung des Vermögensgegenstands entgangene Gewinn kann jedenfalls bei positiver Kenntnis des Gläubigers von der Nichtberechtigung über § 687 Abs. 2 BGB herausverlangt werden.
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