Gesetzestext

 

(1) War die Lieferung von Waren, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, genau zu einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist vereinbart und tritt die Zeit oder der Ablauf der Frist erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein, so kann nicht die Erfüllung verlangt, sondern nur eine Forderung wegen der Nichterfüllung geltend gemacht werden.

(2) 1War für Finanzleistungen, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, eine bestimmte Zeit oder eine bestimmte Frist vereinbart und tritt die Zeit oder der Ablauf der Frist erst nach der Eröffnung des Verfahrens ein, so kann nicht die Erfüllung verlangt, sondern nur eine Forderung wegen der Nichterfüllung geltend gemacht werden. 2Als Finanzleistungen gelten insbesondere

1. die Lieferung von Edelmetallen,
2. die Lieferung von Wertpapieren oder vergleichbaren Rechten, soweit nicht der Erwerb einer Beteiligung an einem Unternehmen zur Herstellung einer dauernden Verbindung zu diesem Unternehmen beabsichtigt ist,
3. Geldleistungen, die in ausländischer Währung oder in einer Rechnungseinheit zu erbringen sind,
4. Geldleistungen, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar durch den Kurs einer ausländischen Währung oder einer Rechnungseinheit, durch den Zinssatz von Forderungen oder durch den Preis anderer Güter oder Leistungen bestimmt wird,
5. Optionen und andere Rechte auf Lieferungen oder Geldleistungen im Sinne der Nummern 1 bis 4,
6. Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes.

3Sind Geschäfte über Finanzleistungen in einem Rahmenvertrag zusammengefaßt, für den vereinbart ist, daß er bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes nur einheitlich beendet werden kann, so gilt die Gesamtheit dieser Geschäfte als ein gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 103, 104.

(3) 1Die Forderung wegen der Nichterfüllung richtet sich auf den Unterschied zwischen dem vereinbarten Preis und dem Markt- oder Börsenpreis, der zu einem von den Parteien vereinbarten Zeitpunkt, spätestens jedoch am fünften Werktag nach der Eröffnung des Verfahrens am Erfüllungsort für einen Vertrag mit der vereinbarten Erfüllungszeit maßgeblich ist. 2Treffen die Parteien keine Vereinbarung, ist der zweite Werktag nach Eröffnung des Verfahrens maßgebend. 3Der andere Teil kann eine solche Forderung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen.

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 18 KO

1. Allgemeines, Regelungszweck

 

Rn 1

§ 104 Abs. 1 entspricht grundsätzlich der früheren Regelung des § 18 Abs. 1 KO, die Bestimmung des Abs. 2 hat keine Entsprechung im Recht der KO, Abs. 3 wiederum entspricht grundsätzlich dem früheren § 18 Abs. 2 KO.

§ 104 wurde mit Wirkung zum 9.4.2004 dahingehend geändert, dass in der Überschrift der Begriff "Finanztermingeschäfte" durch denjenigen der "Finanzleistungen" ersetzt und in Abs. 2 die jetzige Nr. 6 eingefügt worden ist. In Abs. 2 Satz 3 wurde der Begriff "Vertragsverletzungen" durch die Worte "Vorliegen eines Insolvenzgrundes" ersetzt.[1] Auf Insolvenzverfahren, die vor dem 9.4.2004 eröffnet worden sind, bleibt § 104 in der bisherigen Fassung anwendbar.

 

Rn 2

§ 104 stellt eine Spezialregelung zu § 103 dar, dessen grundsätzliche Anwendungsvoraussetzung, ein im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung beiderseits noch nicht vollständig erfüllter Vertrag, gegeben sein muss, um zu einer Anwendbarkeit des § 104 zu gelangen.[2]

Sofern ein Fixgeschäft über Waren i.S. des Abs. 1 oder eine Finanzleistung i.S. des Abs. 2 einschließlich der nachstehend noch weiter zu schildernden Voraussetzungen gegeben ist, besteht für den Insolvenzverwalter kein Wahlrecht, er kann die Vertragserfüllung nicht verlangen. Bei den genannten Verträgen bleibt es vielmehr bei der unmittelbar mit Insolvenzeröffnung eingetretenen Rechtslage, wonach die beiderseitig unerfüllten Leistungspflichten nicht mehr eingefordert und durchgesetzt werden können und das Schuldverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis umgewandelt ist.[3]

An die Stelle des Erfüllungsanspruchs tritt eine (Schadensersatz-)Forderung wegen Nichterfüllung, sofern sich eine Differenz zwischen dem vereinbarten Preis und dem Markt- oder Börsenpreis ergibt, die nach Maßgabe des Abs. 3 zu ermitteln ist.

 

Rn 3

Mit dem Ausschluss des Wahlrechts des Insolvenzverwalters für Fixgeschäfte und Finanzleistungen gemäß Abs. 2 soll dem Interesse des Vertragspartners, des Schuldners, entsprochen werden, eine schnelle und eindeutige Klärung der Rechtslage zu erlangen. Mit dem generellen Ausschluss des Wahlrechts wird ein sonst eintretender Schwebezustand bis zur Klärung der Ausübung des Wahlrechts vermieden.

Das möglicherweise bestehende Interesse des Insolvenzverwalters an einer Vertragserfüllung hat hinter dem genannten Aspekt der Rechtssicherheit zurückzustehen, da für den Insolvenzverwalter die Möglichkeit besteht, sich anderweitig einzudecken.[4]

Für die Finanzleistungen i.S. des Abs. 2 besteht die weitere gesetzgeberische Intention, die Möglichkeit von Kursspekulationen des Insolvenzverwalters auszuschließen.[5]

[1] Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2002/47/EG vom 5.4.2004, in Kraft ...

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