Leitsatz

1. Die Bindungswirkung des Grundlagenbescheides gemäß § 7h Abs. 2 EStG erstreckt sich auf die in § 7h Abs. 1 EStG benannten Tatbestandsmerkmale. Daher prüft allein die Gemeinde, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S.d. § 177 BauGB durchgeführt wurden (Änderung der Senatsrechtsprechung).

2. Keine Bindungswirkung besteht demgegenüber in Bezug auf die Höhe der begünstigten Herstellungskosten, da bei Maßnahmen i.S.d. § 7h EStG nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, dass sich aus der Bescheinigung auch die Höhe der begünstigten Aufwendungen für Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen ergeben muss.

3. Veräußert eine Gemeinde ein Sanierungsobjekt, das noch von ihr instand gesetzt oder modernisiert werden soll, ist der Erwerber nicht von der Förderung gemäß § 7h Abs. 1 Satz 3 EStG ausgeschlossen.

 

Normenkette

§ 7h, § 10f EStG, § 171 Abs. 10 AO

 

Sachverhalt

Die Kläger erwarben von der Stadt M eine teilweise noch zu erstellende ETW in einem Sanierungsgebiet. Zum Umfang der Herstellungsverpflichtung wurde klargestellt, dass das Gebäude einer umfassenden Sanierung unter weitgehender Erhaltung der Altbausubstanz unterzogen werde. In dem vereinbarten Kaufpreis von 120.100 EUR waren sämtliche Aufwendungen für die Sanierung des Kaufobjekts gemäß der Bau- und Sanierungsbeschreibung, alle Baunebenkosten und die Kosten für den Erwerb des Grund und Bodens enthalten.

Die Kläger beantragten zunächst die Eigenheim- und die Kinderzulage, wobei im Rahmen dieses Verfahrens vom FA festgestellt wurde, nach dem Gesamtbild der Verhältnisse sei von einem bautechnisch neuen Gebäude auszugehen. Zudem machten die Kläger gemäß § 10f Abs. 1 i.V.m. § 7h Abs. 1 EStG Sonderausgaben hinsichtlich der über die Bemessungsgrundlage für die Eigenheimzulage hinausgehenden Baukosten für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung geltend. Zum Nachweis legten sie zwei – nicht ganz widerspruchsfreie – Bescheinigungen der M vor.

Das FA lehnte den Sonderausgabenabzug mit der Begründung ab, nur Herstellungskosten an einem bestehenden Gebäude seien gemäß § 10f i.V.m. § 7h EStG begünstigt, nicht hingegen der Neu- oder Wiederaufbau von Gebäuden. Die Bescheinigungen der Stadt würden – entgegen der Auffassung der Kläger – keine anders lautende bindende Entscheidung enthalten. Das FG wies die Klage ab (Thüringer FG, Urteil vom 20.6.2012, 4 K 953/10, Haufe-Index 4052635).

 

Entscheidung

Die Revision der Kläger war begründet. Den Klägern sei – so der BFH – der Abzug der Aufwendungen für die Baumaßnahmen nicht allein deshalb zu versagen, weil durch sie ein nicht nach § 7h EStG geförderter Neubau im bautechnischen Sinne errichtet worden sei. Da der BFH jedoch auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden konnte, ob die Voraussetzungen des § 10f i.V.m. § 7h EStG im Streitfall erfüllt worden waren, wurde die Sache zur Nachholung tragfähiger Feststellungen an das FG zurückverwiesen.

 

Hinweis

1. Will ein Steuerpflichtiger nach § 10f Abs. 1 i.V.m. § 7h EStG Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in einem Sanierungs- oder städtebaulichen Entwicklungsbereich als Sonderausgaben geltend machen, muss er gemäß § 7h Abs. 2 Satz 1 EStG die Voraussetzungen des Abs. 1 für das Gebäude und die Maßnahmen durch eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde nachweisen. Die Bescheinigung ist materiell-rechtliche Abzugsvoraussetzung für die Begünstigung des § 7h EStG und Grundlagenbescheid i.S.d. § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO.

2. In Bezug auf den Umfang der Bindungswirkung der Bescheinigung bestand zwischen dem IX. Senat und dem X. Senat ein unterschiedliches Verständnis. Nach Auffassung des IX. Senats erstreckt sich die Bindungswirkung auf die in § 7h Abs. 1 EStG benannten Tatbestandsmerkmale, nämlich auf die Feststellung, ob das Gebäude in einem Sanierungsgebiet belegen ist, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S.d. § 177 BauGB bzw. Maßnahmen i.S.d. § 7h Abs. 1 Satz 2 EStG durchgeführt und ob Zuschüsse aus Sanierungs- oder Entwicklungsförderungsmitteln gewährt worden sind. Nach diesen Grundsätzen prüft allein die Gemeinde, ob Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen i.S.d. § 177 BauGB durchgeführt wurden. Aufgrund der Wertungen des Baugesetzbuchs muss entschieden werden, wie die Begriffe "Modernisierung" und "Instandsetzung" zu verstehen sind und ob darunter auch ein Neubau in bautechnischem Sinne zu subsumieren ist.

3. Dieser Auffassung hat sich jetzt auch der X. Senat angeschlossen, der bislang – ebenso wie die Finanzverwaltung – der Meinung war, zur der Finanzbehörde obliegenden Prüfung gehöre auch die Beurteilung, ob durch die Baumaßnahmen ein Neubau oder ein bautechnisch neues Gebäude entstanden sei.

4.Der X. Senat weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass sich die Bindungswirkung der Bescheinigung gemäß § 7h Abs. 2 EStGlediglich auf die in § 7h Abs. 1 EStG benannten Tatbestandsmerkmale erstreckt, nämlich auf die Feststellung, ob das Gebäude in einem Sanierungsgebiet belegen ist, ob Modernisi...

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