Rz. 4

Bilanzierungsverstöße lassen sich zum einen nach dem Zeitpunkt ihrer Begehung klassifizieren:

  • Sie können bereits im Rahmen der Aufstellung des Abschlusses begangen werden. Dabei ist zwischen der

    • unterlassenen Aufstellung, bei der wiederum die Fälle völligen Unterlassens von jenen abzugrenzen sind, bei denen die Aufstellung nicht innerhalb der vorgeschriebenen Fristen erfolgt, und
    • der inhaltlich fehlerhaften Aufstellung zu differenzieren.

    Als formelle Bilanzierungsverstöße[1] werden hierbei jene bezeichnet, die Normen verletzen, die die Bilanzgliederung (z. B. § 266 HGB), den Bilanzausweis ("am rechten Ort"),[2], die Klarheit und Übersichtlichkeit der Bilanz[3] und die Verbindlichkeit der Bilanz[4] betreffen.

    Materielle Bilanzierungsverstöße[5] können bei unzulässigerweise aufgenommenen oder unberechtigterweise weggelassenen Bilanzansätzen ("dem Grunde nach")[6] oder den Bewertungsvorschriften widersprechenden Über- oder Unterbewertungen ("der Höhe nach")[7] vorliegen.

  • Umfasst sind des Weiteren Verstöße gegen die Vorschriften zur Prüfung des Abschlusses.[8]
  • Bilanzierungsverstöße können außerdem die Feststellung des Abschlusses betreffen.[9]
  • Schließlich werden Bilanzierungsverstöße auch bei der Offenlegung des Abschlusses begangen.[10]
 

Rz. 5

Zur weiteren Einteilung von Bilanzierungsverstößen bieten sich zum anderen folgende Kriterien an:

  • Grad des Verschuldens (vorsätzliche oder fahrlässige – leicht oder grob fahrlässige [leichtfertige] – Begehung),
  • Art der Sanktion (Freiheits- oder Geldstrafe, Geldbuße, Zwangsgeld, Ordnungsgeld, Schadenersatz, Versagung des Bestätigungsvermerks etc.),
  • Zugehörigkeit der verletzten Norm zu einem bestimmten Rechtsgebiet (Handelsrecht – im Einzelnen z. B. Aktienrecht, Konzernrecht etc. – Steuerrecht, Strafrecht, Börsenrecht etc.),
  • Unterscheidung zwischen "Bilanzfälschung" und "Bilanzverschleierung"[11] (Erstere verstößt gegen das Prinzip der Bilanzwahrheit, Letztere gegen das Gebot der Bilanzklarheit; wobei die Abgrenzung jedoch nicht einheitlich ist, sondern Mischtypen möglich sind[12]).
[1] Federmann/Müller, Bilanzierung nach Handelsrecht, Steuerrecht und IFRS, 13. Aufl. 2018, S. 118.
[4] Z. B. Unterzeichnung gemäß § 245 HGB.
[5] Federmann/Müller, Bilanzierung nach Handelsrecht, Steuerrecht und IFRS, 13. Aufl. 2018, S. 118.
[6] Z. B. Aufnahme wirtschaftlich nicht zugehöriger Vermögensgegenstände, Rückstellungsbildung für nicht existente Risiken, Nichtbilanzierung von Bankguthaben auf "schwarzen Konten", Nichterfassung von Vorräten oder Schulden etc.
[7] Z. B. Überschreitung der Anschaffungs- und Herstellungskosten, Unterlassen außerplanmäßiger Abschreibungen, unbegründete Teilwertabschreibungen etc.
[8] Z. B. unterlassene oder nicht rechtzeitige Erteilung des Prüfungsauftrages, verweigerte Auskunft gegenüber dem Abschlussprüfer, Verletzung der Berichts- oder Geheimhaltungspflicht durch den Prüfer etc.
[9] Z. B. Fehler bei der Beschlussfassung, fehlende Unterzeichnung des Feststellungsbeschlusses etc.
[10] Z. B. Nichteinreichung zum Betreiber des Bundesanzeigers.
[11] Zu Einzelheiten Oehmichen, in Belke/Oehmichen, Wirtschaftskriminalität, 1983, S. 234.
[12] Wagenpfeil, in Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 7. Aufl. 2109, § 40 Rz. 34.

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