Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugewinnausgleichsforderung des Erblassers. Aufechnungsanspruch des Miterben. Kostenerstattungsanspruch. Leistungsverweigerungsrecht des Miterben. Zurückbehaltungsrecht des Miterben

 

Leitsatz (amtlich)

a) Ein Miterbe kann nicht mit einer Zugewinnausgleichsforderung des Erblassers gegen einen nur gegen ihn persönlich gerichteten Kostenerstattungsanspruch aufrechnen.

b) Dem Miterben steht in einem solchen Fall kein Leistungsverweigerungsrecht analog § 770 Abs. 2 BGB, § 129 Abs. 3 HGB zu.

c) Zur Möglichkeit des Miterben, in einem solchen Fall ggü. dem Kostenerstattungsanspruch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB geltend zu machen.

 

Normenkette

BGB §§ 273, 387, 770 Abs. 2; HGB § 129 Abs. 3

 

Verfahrensgang

OLG Stuttgart (Urteil vom 28.11.2001; Aktenzeichen 15 UF 314/01)

AG Böblingen

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des OLG Stuttgart v. 28.11.2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Wert: 6.796 EUR (= 13.292,65 DM)

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss.

Die Ehe der Eltern des Klägers ist seit 1993 rechtskräftig geschieden. Der Vater des Klägers nahm dessen Mutter vor dem AG auf Zugewinnausgleich in Anspruch. Er verstarb während dieses Rechtsstreits und wurde vom Kläger und dessen Bruder beerbt. Das Verfahren wurde vom Kläger allein - ohne Beteiligung des Bruders - für die Erbengemeinschaft wieder aufgenommen. Das AG verurteilte die Mutter des Klägers, an diesen und seinen Bruder 369.669 DM nebst Zinsen zu zahlen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits hat es zu 3/4 dem Kläger und zu 1/4 der Beklagten auferlegt. Im Berufungsverfahren schlossen der Kläger und seine Mutter am 14.6.2000 einen Vergleich, wonach sich die Mutter zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs von 230.500 DM nebst Zinsen an die Erbengemeinschaft verpflichtete; die Forderung wurde bis zum 20.9.2000 gestundet. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits wurde Folgendes vereinbart: "Es bleibt bei der Kostenentscheidung erster Instanz. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben".

Die Mutter trat ihren Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger am 20.6.2000 an die Beklagte - ihre damalige Prozessbevollmächtigte - ab.

Das AG setzte die vom Kläger gemäß dem Vergleich an seine Mutter zu erstattenden Kosten auf 13.292,65 DM nebst Zinsen fest. Mit Schreiben v. 20.12.2000 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Mutter ihren Kostenerstattungsanspruch an sie, die Beklagte, abgetreten habe. Gegen diesen Anspruch erklärte der Kläger die Aufrechnung mit der (inzwischen fälligen) Zugewinnausgleichsforderung.

Der Kläger begehrt, die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss für unzulässig zu erklären und die Beklagte zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung dieses Beschlusses zu verurteilen. Das AG hat die Vollstreckungsgegenklage abgewiesen. Das OLG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

I.

Nach Auffassung des OLG ist die Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss nicht unzulässig und das Verlangen auf Herausgabe des Titels nicht begründet, weil der Kläger mit seiner Forderung aus dem Vergleich v. 14.6.2000 gegen die Kostenforderung der Beklagten nicht wirksam habe aufrechnen können. Da der Kostenerstattungsanspruch formell und materiell nur gegen den Kläger gerichtet sei, die Zugewinnausgleichsforderung aus dem Vergleich aber der aus dem Kläger und seinem Bruder bestehenden Erbengemeinschaft zustehe, fehle es - mangels Gegenseitigkeit der Forderungen - an einer Aufrechnungslage. Außerdem stelle die Aufrechnung mit der Zugewinnausgleichsforderung eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand dar. Sie hätte deshalb gem. § 2040 Abs. 1 BGB nur vom Kläger und seinem Bruder als Miterben gemeinschaftlich erklärt werden können. Die sich aus §§ 2039, 2040 BGB ergebende Pozessführungsbefugnis berechtige den Kläger nicht zur Verfügung über Nachlassgegenstände; für eine etwaige rechtsgeschäftliche Ermächtigung des Klägers zur Aufrechnung fehle ein entsprechender Sachvortrag.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. a) Eine Aufrechnung setzt voraus, dass zwei Personen "einander" Leistungen schulden, der Gläubiger der Hauptforderung also zugleich Schuldner der Gegenforderung und der Schuldner der Hauptforderung zugleich der Gläubiger der Gegenforderung ist (§ 387 BGB). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Der Umstand der Abtretung der Kostenforderung der Mutter an die Beklagte hindert die Aufrechnung allerdings nicht (vgl. § 406 BGB), weil die Zugewinnausgleichsforderung bereits vor der Abtretung an die Beklagte entstanden und fällig geworden war (10.9.2002) bzw. der Kläger beim Erwerb der Zugewinnausgleichsforderung von der Abtretung keine Kenntnis hatte.

b) Die Aufrechnung scheitert aber deshalb, weil der Schuldner der Hauptforderung und der Gläubiger der Gegenforderung nicht identisch sind. Denn der Kostenerstattungsanspruch der Beklagten richtet sich nur gegen den Kläger, nicht aber gegen die aus dem Kläger und seinem Bruder bestehende Erbengemeinschaft, während die Zugewinnausgleichsforderung nicht dem Kläger allein, sondern dem Kläger und seinem Bruder als Miterben zur gesamten Hand zusteht. Die notwendige Gegenseitigkeit (vgl. etwa Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 387 Rz. 5; Schlüter in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 387 Rz. 17) wird nicht dadurch bewirkt, dass der Kläger den von seinem Vater begonnenen Rechtsstreit über den Zugewinnausgleich als Miterbe fortgesetzt hat. Denn der Kostenerstattungsanspruch beruht auf einem Prozessvergleich, den der Kläger - als alleinige Klagpartei und im eigenen Namen, wenn auch als Prozess-Standschafter für die Erbengemeinschaft gem. § 2039 S. 1 BGB - geschlossen hat. Aus diesem Prozessvergleich ist deshalb nur der Kläger, nicht aber auch dessen Bruder oder die aus den Brüdern bestehende Erbengemeinschaft als solche verpflichtet. Ob der Kläger im Innenverhältnis zu seinem Bruder eine Erstattung der von ihm im Prozessvergleich übernommenen Kosten aus dem Nachlass verlangen kann (vgl. etwa Dütz in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 2038 Rz. 50) und ob es sich bei der Kostenschuld, wie die Revision hervorhebt, um eine sog. Nachlasserbenschuld (vgl. BGH, Beschl. v. 21.12.1955 - IV ZR 285/54, S. 3 f. unveröffentlicht; Johannsen, WM 1972, 914 [920]; ferner Soergel/Stein, BGB, 13. Aufl., § 1967 Rz. 8, 12; MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1967 Rz. 26 ff., 37 f.) handelt, kann dahinstehen, weil dies für die Frage der Gegenseitigkeit keine Bedeutung hat.

c) Zudem scheitert die vom Kläger erklärte Aufrechnung an dessen fehlender Verfügungsmacht.

aa) Die Forderung auf Ausgleich des Zugewinns steht, wie dargelegt, nicht dem Kläger persönlich, sondern der aus dem Kläger und seinem Bruder bestehenden Erbengemeinschaft zu. Eine Aufrechnung mit dieser Forderung stellt sich als eine Verfügung über einen Nachlassgegenstand dar, die nach § 2040 S. 1 BGB grundsätzlich nur von allen Miterben gemeinsam getroffen werden kann. Der Bruder des Klägers hat indes keine Aufrechnungserklärung abgegeben. Das OLG hat auch nicht festgestellt, dass er den Kläger zur Abgabe einer solchen Erklärung ermächtigt hat. Die hiergegen gerichtete Verfahrensrüge der Revision greift nicht durch. Zwar hat der Kläger vorgetragen, nach dem Tod des Vaters von seinem Bruder zur Fortsetzung des Rechtsstreits mit der Mutter ermächtigt worden zu sein. Es ist jedoch weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass diese Ermächtigung zur Prozessführung auch eine Aufrechnung der Klagforderung mit dem sich erst aus dem Prozessvergleich ergebenden und an die Beklagte abgetretenen Kostenerstattungsanspruch der Mutter umfasst. Dasselbe gilt für die vom Kläger behauptete Bereitschaft seines Bruders, sich hälftig an den Kosten des Rechtsstreits mit der Mutter zu beteiligen.

bb) Eine Befugnis des Klägers zur Aufrechnung ergibt sich auch nicht aus § 2038 Abs. 1 S. 2 2. Halbs. BGB. Nach dieser Vorschrift kann zwar jeder Miterbe die zur Erhaltung des Nachlasses notwendigen Maßregeln auch ohne die Mitwirkung der anderen Miterben treffen. Ob dieses "Notverwaltungsrecht" des einzelnen Miterben auch die Befugnis zu Verfügungen über Nachlassgegenstände umfasst, kann dahinstehen (vgl. einerseits BGHZ 38, 122 [124]; anderseits BGH v. 12.6.1989 - II ZR 246/88, BGHZ 108, 21 [30] = GmbHR 1989, 329 = MDR 1989, 887; Dütz in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., § 2038 Rz. 62; Soergel/Wolf, BGB, 13. Aufl., § 2038 Rz. 12 m.w.N.). Es setzt in jedem Falle voraus, dass die vom einzelnen Miterben allein getroffene Maßregel so dringlich ist, dass eine vorherige Abstimmung unter den Miterben ausgeschlossen ist oder doch untunlich erscheint. Eine solche Dringlichkeit ist hier weder festgestellt noch sonst erkennbar. Dagegen spricht bereits, dass der die Kostenlast des Klägers begründende Vergleich schon im Juni 2000 - mithin ein halbes Jahr vor Mitteilung der Abtretung der Kostenforderung - geschlossen worden ist, so dass für den Kläger hinreichend Zeit bestand, sich mit seinem Bruder über die Möglichkeit einer Erfüllung dieser Kostenschuld durch Aufrechnung - wäre sie denn zulässig - ins Benehmen zu setzen. Dass der Bruder nicht rechtzeitig erreichbar war oder sich einem solchen Benehmen entzogen hätte, ist nicht geltend gemacht.

2. Der Kläger kann sich nach Ansicht des OLG ggü. dem Kostenerstattungsanspruch der Beklagten auch nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen, wie es die Revision aus einer entsprechenden Anwendung des § 404 i.V.m. § 770 Abs. 2 BGB, § 129 Abs. 3 HGB herleiten will. Eine analoge Anwendung dieser Vorschriften auf die Haftung des Miterben setze voraus, dass zwischen der gegen den Miterben geltend gemachten Forderung und einer der Erbengemeinschaft zustehenden Gegenforderung eine Aufrechnungslage bestehe; daran fehle es hier.

Auch hiergegen sind Bedenken nicht zu erheben.

a) § 770 Abs. 2 BGB gestattet dem Bürgen, die Erfüllung der Verbindlichkeit ggü. dem Gläubiger zu verweigern, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann. Dasselbe gilt nach § 129 Abs. 3 HGB für den Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft, der auf die Erfüllung einer Gesellschaftsschuld in Anspruch genommen wird: Auch er kann die Befriedigung des Gesellschaftsgläubigers verweigern, solange der Gesellschaftsgläubiger die Möglichkeit hat, die ihm gegen die Gesellschaft zustehende Forderung gegen eine Forderung, die der Gesellschaft ihm ggü. zusteht, aufzurechnen. In beiden Fällen besteht eine Aufrechnungslage, welche die gegenseitige Saldierung der Forderungen nahe legt. Die Aufrechnungslage greift jedoch über diejenigen Personen hinaus, die sich gerade als Gläubiger und Schuldner gegenüberstehen, so dass die unmittelbare Saldierung zwischen ihnen nicht möglich ist. Deshalb gewährt das Gesetz dem Schuldner (Bürgen, Gesellschafter) das Recht, den Gläubiger auf diese Aufrechnungslage zu verweisen und die eigene Leistung abzulehnen (BGHZ 38, 122 [126 f.]).

Diesen Grundgedanken hat der BGH auf Fälle angewandt, in denen ein Nachlassgläubiger einen Miterben wegen einer ursprünglich gegen den Erblasser gerichteten Forderung in Anspruch nimmt, der eine Forderung der Erbengemeinschaft gegen den Nachlassgläubiger aufrechenbar gegenübersteht. Hier seien die Hauptbeteiligten beim geltend gemachten Nachlassanspruch mit denjenigen bei dem behaupteten Gegenanspruch identisch: Die vom Nachlassgläubiger geltend gemachte Erblasserschuld richte sich nach ihrer Herkunft und ihrer sachlichen Bedeutung nicht in erster Linie gegen den Miterben als Einzelperson, sondern gegen die Erbengemeinschaft als Rechtsnachfolger des Erblassers; die Erbengemeinschaft sei aber gleichzeitig, und zwar wiederum als Rechtsnachfolger des Erblassers, Gläubiger der behaupteten Gegenforderung. Soweit beiderseits Geldforderungen in Frage stünden, sei es wirtschaftlich sinnvoll, deren Abwicklung in einen Zusammenhang zu bringen. Wenn und soweit es sich im Verhältnis zwischen dem Nachlassgläubiger und der Erbengemeinschaft um beiderseits aufrechenbare Forderungen handele, sei es deshalb geboten, dem mit der Gesamtschuldklage in Anspruch genommenen Miterben das gleiche Leistungsverweigerungsrecht zu gewähren, wie es das Gesetz in § 770 Abs. 2 BGB für den Bürgen und in § 129 Abs. 3 HGB für den Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft vorsehe (BGHZ 38, 122 [126 ff.]).

b) Diese Ausführungen lassen sich - entgegen der Auffassung der Revision - allerdings nicht auf den hier vorliegenden Fall übertragen: Voraussetzung für die entsprechende Anwendung der §§ 770 Abs. 2 BGB, 129 Abs. 3 HGB ist eine Aufrechnungslage zwischen der Forderung des Nachlassgläubigers und dem Anspruch der Erbengemeinschaft; diese Aufrechnungslage gestattet es, dem Nachlassgläubiger den Zugriff auf den einzelnen Miterben zu verwehren, solange ihm die Möglichkeit offen steht, sich wegen der Nachlassverbindlichkeit durch Aufrechnung zu befriedigen. So liegen, worauf das OLG mit Recht hinweist, die Dinge hier jedoch gerade nicht. Der von der Mutter erworbene Kostenerstattungsanspruch richtet sich - anders als die Erblasserschuld in dem vom BGH (BGHZ 38, 122 [126 ff.]) entschiedenen Fall - nicht gegen die Erbengemeinschaft, sondern gegen den Kläger als Einzelperson; die Forderung auf Zugewinnausgleich steht dagegen nicht dem Kläger, sondern der Erbengemeinschaft zu. Deshalb konnte der Kläger seine Mutter nicht darauf verweisen, eine Befriedigung ihres Kostenerstattungsanspruchs im Wege der Aufrechnung gegen den Zugewinnausgleichsanspruch zu suchen; ihm steht folglich auch kein Leistungsverweigerungsrecht zu, das er seiner Mutter hätte entgegenhalten können und das er nunmehr - nach Abtretung der Kostenforderung - gem. § 404 BGB auch ggü. der Beklagten geltend machen könnte.

c) Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung der Revision - auch nicht aus dem Umstand, dass die Mutter den Kostenerstattungsanspruch in einem Prozess erworben hat, in dem der Kläger den Zugewinnausgleichsanspruch in Prozess-Standschaft für die Erbengemeinschaft eingeklagt hat. Zum Teil wird angenommen, dass ein Gläubiger, der seine Forderung in gewillkürter Prozess-Standschaft einklagen lässt, sich einen Kostenerstattungsanspruch aufrechnungsweise entgegenhalten lassen muss, den der Schuldner gegen den Prozess-Standschafter erwirbt. In einem solchen Fall sei dem Gläubiger die Berufung auf die fehlende Gegenseitigkeit nach Treu und Glauben versagt, da das Kostenrisiko des Schuldners vergrößert würde, wenn dieser darauf angewiesen wäre, seinen Kostenerstattungsanspruch gegen den Prozess-Standschafter unabhängig von der Bezahlung der titulierten Klagforderung geltend machen zu müssen (KG v. 14.3.1983 - 24 U 6006/82, MDR 1983, 752; vgl. zum Ganzen auch Soergel/Zeiss, BGB, 12. Aufl., § 387 Rz. 3; Schlüter in MünchKomm, BGB, 4. Aufl., § 387 Rz. 14 ff., 27). Dies kann hier dahinstehen. Jedenfalls soll nicht die Möglichkeit des Kostengläubigers, den Prozess-Standschafter als Kostenschuldner unmittelbar in Anspruch zu nehmen, ausgeschlossen werden.

3. Schließlich steht dem Kläger nach der zutreffenden Ansicht des OLG auch kein auf § 273 Abs. 1 BGB gestütztes Zurückbehaltungsrecht zu, das der Kläger der Beklagten gem. § 404 BGB entgegenhalten könnte; denn die von der Mutter des Klägers an die Beklagte abgetretene Kostenforderung und die gegen die Mutter des Klägers gerichtete Forderung auf Zugewinnausgleich beruhen nicht auf demselben rechtlichen Verhältnis.

a) Einem Zurückbehaltungsrecht des Klägers würde allerdings nicht entgegenstehen, dass die Zugewinnausgleichsforderung, derentwegen der Kläger ggü. der Kostenforderung seiner Mutter ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB geltend machen und gem. § 404 BGB auch der Beklagten entgegensetzen könnte, nicht dem Kläger allein, sondern dem Kläger und seinem Bruder zur gesamten Hand zusteht. Zwar setzt § 273 BGB nach seinem Wortlaut ebenfalls voraus, dass der zurückhaltende Schuldner selbst zugleich Gläubiger des Gegenanspruchs ist. Diese Gegenseitigkeitsvoraussetzung wird jedoch beim Zurückbehaltungsrecht weniger streng als bei der Aufrechnung verstanden und auch dann bejaht, wenn die Gegenforderung dem Zurückhaltenden (hier: dem Kläger) nur gemeinschaftlich mit anderen (hier: gesamthänderisch mit seinem Bruder) zusteht (BGHZ 5, 173 [176]; BGHZ 38, 122 [125 f.]).

b) Ein Zurückbehaltungsrecht des Klägers scheitert jedoch an der notwendigen Konnexität beider Forderungen. Nach § 273 Abs. 1 BGB soll der Schuldner eine Leistung nicht wegen eines jeden beliebigen Gegenanspruchs zurückhalten dürfen, sondern nur dann, wenn die gegenseitigen Ansprüche einem innerlich zusammenhängenden einheitlichen Lebensverhältnis entspringen, wenn sie also in einem natürlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, so dass es gegen Treu und Glauben verstieße, wenn der eine Anspruch ohne Rücksicht auf den anderen geltend gemacht und verwirklicht werden könnte (BGHZ 47, 157 [167]; BGHZ 64, 122 [125]; v. 27.9.1984 - IX ZR 53/83, BGHZ 92, 194 [196] = MDR 1985, 137; vgl. auch Krüger in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 273 Rz. 13). Das ist hier nicht der Fall. Zwar sind sowohl die Zugewinnausgleichsforderung als auch der Kostenerstattungsanspruch Gegenstand des Vergleichs. Beide Ansprüche haben aber verschiedene Grundlagen: Während der Zugewinnausgleichsanspruch aus dem güterrechtlichen Verhältnis der Eltern des Klägers herrührt, beruht der Kostenerstattungsanspruch der Beklagten auf dem späteren Prozessrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Mutter (vgl. OLG Köln JMBl. NRW 1983, 274, 275).

c) Auch Treu und Glauben rechtfertigen es nicht, dem Kläger nach § 273 Abs. 1 BGB ein Zurückbehaltungsrecht ggü. dem seiner Mutter im Prozessvergleich eingeräumten Kostenerstattungsanspruch zuzubilligen, um Nachteile der Erbengemeinschaft bei der Durchsetzung des gegen die Mutter gerichteten Zugewinnausgleichsanspruchs zu vermeiden. Solche Nachteile sind nicht zu besorgen. Nach den Feststellungen des AG, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, hat sich der Bruder des Klägers vertraglich zur Tilgung dieser Forderung verpflichtet. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Anspruch nicht werthaltig ist. Dies gilt umso mehr, als die Mutter dem Bruder als Gegenleistung ihren Grundbesitz übertragen und der Kläger den Anspruch der Mutter gegen den Bruder mit der Maßgabe gepfändet hat, dass sein Bruder die Zahlung des in diesem Vergleich titulierten Betrags an die aus ihm und dem Kläger bestehende Erbengemeinschaft zu bewirken hat.

 

Fundstellen

BGHR 2005, 376

FamRZ 2005, 204

FuR 2005, 188

NJW-RR 2005, 375

ZEV 2005, 63

MDR 2005, 453

FamRB 2005, 140

ZErb 2005, 125

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