Leitsatz (amtlich)

Das Insolvenzgericht ist zuständiges Vollstreckungsgericht für die Herausgabevollstreckung, welche der Insolvenzverwalter aus dem Eröffnungsbeschluss gegen den Insolvenzschuldner betreibt.

 

Normenkette

InsO § 148 Abs. 2; ZPO § 117 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

LG Bautzen (Beschluss vom 27.06.2011; Aktenzeichen 1 T 33/11)

AG Hoyerswerda (Entscheidung vom 21.03.2011; Aktenzeichen 1 M 374/11)

 

Tenor

Dem Rechtsbeschwerdeführer wird Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Bautzen vom 27.6.2011 gewährt.

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Bautzen vom 27.6.2011 wird auf Kosten des Gläubigers zurückgewiesen.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 300 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Rz. 1

Der Vollstreckungsgläubiger und Rechtsbeschwerdeführer (fortan: Verwalter) ist Verwalter in dem am 1.3.2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners. Er beabsichtigt, ein Fahrzeug des Schuldners zur Masse zu ziehen und zu verwerten. Der Schuldner hat auf Anfragen nicht reagiert, auch nicht auf das Angebot, das Fahrzeug gegen Zahlung von 300 EUR aus der Masse zu übernehmen.

Rz. 2

Der Verwalter hat bei dem für den Wohnsitz des Schuldners zuständigen AG als Vollstreckungsgericht beantragt, unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe den Gerichtsvollzieher mit der Herausgabevollstreckung zu beauftragen. Das Vollstreckungsgericht hat seine Zuständigkeit verneint und den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die sofortige Beschwerde des Verwalters ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Verwalter weiterhin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Vollstreckungsauftrag erreichen.

II.

Rz. 3

Dem Verwalter ist nach §§ 233, 234 Abs. 1 und 2 ZPO Wiedereinsetzung in die versäumten Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde zu bewilligen.

III.

Rz. 4

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg. Die Vorinstanzen haben richtig entschieden.

Rz. 5

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen ist gem. § 117 Abs. 1 Satz 3 ZPO bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen. Das ist hier das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht. Der Rechtsbeschwerde ist zuzugeben, dass dieses Ergebnis der Vorschrift des § 148 Abs. 2 InsO nicht unmittelbar zu entnehmen ist. Nach § 148 Abs. 2 InsO kann der Verwalter aufgrund einer vollstreckbaren Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses die Herausgabe der Sachen, die sich im Gewahrsam des Schuldners befinden, im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen; § 766 ZPO gilt mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Vollstreckungsgerichts das Insolvenzgericht tritt. Hat aber das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen zu entscheiden, welche die Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder das vom Gerichtsvollzieher zu beobachtende Verfahren betreffen, ist es auch das für die Zwangsvollstreckung zuständige Gericht i.S.v. § 117 Abs. 1 Satz 3 ZPO; denn auch im Regelfall einer Zwangsvollstreckung außerhalb des Anwendungsbereichs von § 148 Abs. 2 InsO gibt es neben dem für Erinnerungen zuständigen Vollstreckungsgericht i.S.v. § 766 ZPO kein weiteres Vollstreckungsgericht.

 

Fundstellen

EBE/BGH 2012

JurBüro 2012, 442

WM 2012, 1136

ZIP 2012, 1096

DGVZ 2012, 223

DZWir 2012, 353

MDR 2012, 807

NZI 2012, 5

NZI 2012, 666

Rpfleger 2012, 573

ZInsO 2012, 969

NJW-Spezial 2012, 501

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