Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung der Restschuldbefreiung. Hinweispflicht des Treuhänders. Zahlung der Treuhänder-Mindestvergütung

 

Leitsatz (amtlich)

Wegen Nichtzahlung der Mindestvergütung des Treuhänders kann die Restschuldbefreiung dem Schuldner nicht versagt werden, wenn der Treuhänder in seiner Zahlungsaufforderung auf die Möglichkeit der Versagung der Restschuldbefreiung nicht hingewiesen hat.

 

Normenkette

InsO § 298 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Beschluss vom 07.02.2007; Aktenzeichen 20 T 6/07)

AG Hannover (Beschluss vom 14.12.2006; Aktenzeichen 907 IK 210/03)

 

Tenor

Dem Schuldner wird für die Durchführung der Rechtsbeschwerde Prozesskostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt Dr. S. beigeordnet.

Der Schuldner hat auf die Verfahrenskosten monatlich 75 EUR an die Bundeskasse zu entrichten.

Auf die Rechtsmittel des Schuldners werden der Beschluss der 20. Zivilkammer des LG Hannover vom 7.2.2007 und der Beschluss des AG Hannover vom 14.12.2006 aufgehoben. Der Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

[1] Am 4.6.2003 wurde das Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Mit Beschluss vom 6.4.2004 hob das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren auf. Mit gesondertem Beschluss vom selben Tag wurde die Restschuldbefreiung angekündigt und der bisherige Treuhänder auch zum Treuhänder im Restschuldbefreiungsverfahren bestellt. Mit Beschluss vom 21.7.2005 wurde der bisherige Treuhänder entlassen und der weitere Beteiligte (fortan: Treuhänder) zum neuen Treuhänder bestellt. Mit Schreiben vom 14.6.2006 forderte der Treuhänder den Schuldner auf, neben der offenen Vergütung für die vorausgegangene Zeit auch die Treuhändervergütung für das dritte Jahr der Wohlverhaltensperiode i.H.v. 251,34 EUR zu entrichten. Dieses Schreiben kam mit dem Vermerk: "Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln" an den Treuhänder zurück. Unter dem 30.6.2006 beantragte der Treuhänder beim Insolvenzgericht, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Das Insolvenzgericht ermittelte eine neue Anschrift des Schuldners und forderte ihn - unter Beifügung des Antrags des Treuhänders auf Versagung der Restschuldbefreiung - mit Schreiben vom 24.10.2006 auf, die ausstehende Vergütung binnen zwei Wochen nach Zugang des Schreibens zu zahlen. In diesem Schreiben wurde der Schuldner zusätzlich darauf hingewiesen, dass im Falle eines fruchtlosen Fristablaufs das Gericht dem Antrag stattgeben und die Restschuldbefreiung versagen werde. Mit Schreiben vom 23.11.2006 forderte der Treuhänder "letztmalig" den Schuldner zur Zahlung auf und setzte hierfür eine Frist zum 15.12.2006.

[2] Mit Beschluss vom 14.12.2006 hat das Insolvenzgericht dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner sein Begehren, den Antrag des weiteren Beteiligten auf Versagung der Restschuldbefreiung abzuweisen, weiter.

II.

[3] Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 298 Abs. 3, 296 Abs. 3 Satz 1, §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie führt zur Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen und zur Abweisung des Versagungsantrags.

[4] 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, der Schuldner habe den rückständigen Betrag nicht innerhalb der gerichtlichen Zahlungsfrist an den Treuhänder abgeführt. Der Umstand, dass die jeweiligen Treuhänder den Schuldner nicht auf die Möglichkeit der Versagung der Restschuldbefreiung hingewiesen hätten, sei unbeachtlich, weil der Schuldner spätestens mit Schreiben des Insolvenzgerichts über einen entsprechenden Antrag des Treuhänders zur Versagung der Restschuldbefreiung unterrichtet und ihm mitgeteilt worden sei, dass im Falle eines fruchtlosen Fristablaufs das Gericht dem Versagungsantrag stattgeben und die Restschuldbefreiung versagen werde.

[5] 2. Diese Ausführungen halten einen rechtlichen Überprüfung nicht stand.

[6] a) Eine Versagung der Restschuldbefreiung nach § 298 Abs. 1 InsO kommt nur dann in Betracht, wenn der Treuhänder den Schuldner zur Zahlung des ausstehenden Vergütungsbetrages schriftlich aufgefordert und hierzu eine Frist bestimmt hat. Die Aufforderung des Treuhänders hat zudem zwingend auf die Möglichkeit der Versagung der Restschuldbefreiung als Rechtsfolge bei Ausbleiben der Zahlung bis zum Fristende hinzuweisen (MünchKomm/InsO/Ehricke, 2. Aufl., § 298 Rz. 16; Landfermann in HK/InsO, 5. Aufl., § 298 Rz. 4; Nerlich/Römermann, InsO § 298 Rz. 16; HmbKomm-InsO/Streck, 3. Aufl., § 298 Rz. 4; FK-InsO/Grote, 5. Aufl., § 298 Rz. 11; Graf-Schlicker/Kexel, InsO, § 298 Rz. 3).

[7] b) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann der nach § 298 Abs. 1 Satz 1 InsO erforderliche Hinweis des Treuhänders auf die Möglichkeit der Versagung der Restschuldbefreiung nicht durch einen späteren gerichtlichen Hinweis im Versagungsverfahren ersetzt werden. Der im Aufforderungsschreiben aufzunehmende Hinweis des Treuhänders auf die Sanktion der Versagung der Restschuldbefreiung ist ein zwingendes Formerfordernis (Uhlenbruck/Vallender, InsO, 12. Aufl., § 298 Rz. 8), das der Treuhänder als Antragsvoraussetzung im Versagungsverfahren nachzuweisen hat (Ehricke in MünchKomm/InsO, a.a.O., Rz. 18; Nerlich/Römermann, a.a.O.; FK-InsO/Grote, a.a.O.). Fehlt, wie vorliegend gegeben, das in Rede stehende Antragserfordernis, erweist sich der Versagungsantrag als unzulässig und ist vom Insolvenzgericht zurückzuweisen (Ehricke in MünchKomm/InsO, a.a.O.; Uhlenbruck/Vallender, InsO, a.a.O.; Smid/Haarmeyer, InsO, 2. Aufl., § 298 Rz. 5).

[8] 3. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Er ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 ZPO). Da der Beschluss des Beschwerdegerichts ebenso wie derjenige des Insolvenzgerichts nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat eine eigene Sachentscheidung zu treffen (§ 577 Abs. 5 ZPO). Der Versagungsantrag des Treuhänders ist abzuweisen.

 

Fundstellen

EBE/BGH 2009

WM 2010, 90

DZWir 2010, 117

MDR 2010, 234

NZI 2010, 28

NZI 2010, 37

Rpfleger 2010, 103

VuR 2010, 148

ZInsO 2009, 2310

InsbürO 2010, 38

InsbürO 2010, 39

NJW-Spezial 2010, 247

ZVI 2010, 204

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