Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachlicher Zusammenhang zwischen Grundstückskaufvertrag und Gebäudeerrichtungsvertrag

 

Leitsatz (NV)

1. Die zur Annahme eines sachlichen Zusammenhangs notwendige personelle Verflechtung auf der Veräußererseite kann vorliegen, wenn ein auf Grund vertraglicher Beziehungen sowohl für den Grundstücksveräußerer als auch für das Fertighausunternehmen tätiger Makler in der Lage ist, den Erwerbern ein einheitliches Angebot über Grundstück und Gebäude zu unterbreiten.

2. Der Annahme eines sachlichen Zusammenhangs steht es nicht notwendigerweise entgegen, wenn bei Abschluß des Gebäudeerrichtungsvertrags noch nicht feststeht, auf welchem Grundstück das Gebäude errichtet werden soll. Ausschlaggebend ist die Situation beim (nachfolgenden) Abschluß des Grundstückskaufvertrags.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) traten an den Immobilienmakler A heran in der Absicht, ein Haus mit Grundstück zu erwerben oder jedenfalls prüfen zu lassen, ob ein derartiger Erwerb bei ihren finanziellen Möglichkeiten überhaupt in Frage käme. Am 14. März 1986 schlossen die Kläger mit der B-GmbH einen Vertrag, mit dem sich die GmbH verpflichtete, auf ein -- im Vertrag aber nicht bezeichnetes -- Grundstück der Kläger ein B-Haus nach dem Vertrag beigefügten Plan und Leistungsbeschreibung zu liefern. Der Preis hierfür sollte 93 050 DM betragen. Der Vertrag wurde für die GmbH von Herrn A abgeschlossen, der als Vertreter für die GmbH tätig war.

Durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 18. Juli 1986 erwarben die Kläger eine noch zu bildende Teilfläche aus einem Grundstück. Veräußerin war Frau C. Der Kaufpreis betrug 111 495 DM. Die Verkäuferin trat in derselben Urkunde den Kaufpreisanspruch in Höhe eines Teilbetrags von 8 912,15 DM an Herrn A ab. Herr A, der bei der notariellen Beurkundung anwesend war, nahm dies an. Insgesamt sollte das Grundstück der Veräußerin in vier neue Grundstücke aufgeteilt werden.

Durch Bescheid vom 10. März 1987 setzte das beklagte Finanzamt (FA) zunächst gegen jeden der beiden Kläger Grunderwerbsteuer in Höhe von je 1 114 DM fest. Als Bemessungsgrundlage zog es dabei lediglich den Kaufpreis für das Grundstück heran. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 der Abgabenordnung (AO 1977).

Im Rahmen weiterer Ermittlungen wurde dem FA aufgrund von Zeitungsanzeigen bekannt, daß die einzelnen Grundstücksteile von Herrn A zusammen mit Häusern der B- GmbH angeboten wurden. Aufgrund Anfrage bei den Klägern erfuhr das FA dann von dem Vertrag vom 14. März 1986. Durch Änderungsbescheid vom 4. Mai 1987 setzte das FA die Grunderwerbsteuer gegen die Kläger nunmehr auf je 2045 DM fest. Es ging nunmehr davon aus, daß Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück mit noch zu errichtendem Haus gewesen sei und bezog deshalb das Entgelt für das Gebäude in die Bemessungsgrundlage mit ein.

Hiergegen richtete sich die Klage, mit der geltend gemacht wurde, daß lediglich der Kaufpreis für das Grundstück in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen werden könne. Es sei nicht zutreffend, daß die einzelnen Grundstücke nur an Interessenten hätten veräußert werden sollen, die bereit gewesen seien, mit der B-GmbH zu bauen. Herr A habe den Klägern Häuser der B-GmbH angeboten. Erst nach Abschluß des Vertrags über das Haus habe man ein Grundstück gesucht. Auf das Grundstück der Frau C seien die Kläger selbst gestoßen. Frau C habe sie dann an Herrn A verwiesen, dem sie das Grundstück an die Hand gegeben habe. Frau C sei bereit gewesen, das Grundstück an jeden ihr von dem Makler benannten Interessenten zu verkaufen, ohne daß es sie interessiert habe, auf welche Art und Weise und durch welchen Unternehmer die Bebauung erfolgen würde. Auch Herr A hätte die Grundstücke ohne weiteres auch ohne gleichzeitigen Abschluß eines Bauvertrages verkauft.

Im Klageverfahren hat das Finanzgericht (FG) Beweis erhoben über die Umstände, die zum Abschluß der beiden Verträge durch die Kläger geführt haben und über die Frage, ob die Kläger im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags in ihrer Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Bebauung noch frei waren, durch Vernehmung von Herrn A als Zeugen.

Das FG hat die Klage abgewiesen. Gegenstand des Erwerbsvorgangs sei das bebaute Grundstück gewesen und dementsprechend sei das Entgelt für die Bauerrichtung Teil der Gegenleistung. Bei seiner Entscheidung ging das FG von dem Sachverhalt aus, wie er sich durch die glaubhafte Aussage des Zeugen A darstelle. Die Kläger seien an einem Grundstück mit Haus interessiert gewesen. Herr A habe die Verwirklichung dieses Wunsches in die Tat umgesetzt, indem er als Vertreter zuerst den Hauserrichtungsvertrag und danach den Kauf des absprachegemäß noch zu suchenden Grundstücks vermittelt habe. Der Makler sei in der Lage gewesen, auf den Wunsch der Kläger mit einem einheitlichen Angebot zu reagieren, wobei der einheitliche Leistungsgegenstand den Klägern in zwei Stufen verschafft werden sollte und -- nach Annahme dieses Angebots -- letzten Endes auch verschafft worden sei. Zwar habe nach Abschluß des Bauerrichtungsvertrages noch nicht festgestanden, ob die Kläger ggf. auch ohne Mitwirkung von Herrn A ein Grundstück finden und kaufen würden. Bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht der Kläger hätten diese als einheitlichen Lei stungsgegenstand ein bebautes Grundstück erhalten. Im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses seien die Kläger nicht mehr frei in ihrer Entscheidung über das "Ob" und "Wie" der Bebauung gewesen.

Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger. Diese rügen Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist unbegründet.

Zu Recht hat das FG angenommen, daß Gegenstand des Erwerbsvorgangs im Streitfall das Grundstück mit noch zu errichtendem Gebäude ist und deshalb nach § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Grund erwerbsteuergesetzes (GrEStG 1983) auch das Entgelt für das Gebäude in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer mit einzubeziehen ist.

Ergibt sich die Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück und die Verpflichtung zur Errichtung eines Gebäudes auf diesem Grundstück aus zwei oder mehreren Verträgen, so kann Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück mit noch zu errichtendem Gebäude dann sein, wenn zwischen den mehreren Verträgen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht (Senatsurteile vom 18. Oktober 1989 II R 143/87, BFHE 158, 477, BStBl II 1990, 183, und II R 85/87, BFHE 158, 483, BStBl II 1990, 181; Senatsbeschluß vom 2. September 1993 II B 71/93, BFHE 172, 534, BStBl II 1994, 48). Ein derartiger sachlicher Zusammenhang zwischen den Verträgen ist nach der Rechtsprechung des Senats u. a. dann anzunehmen, wenn der Erwerber zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts über das Grundstück sich gegenüber der Veräußererseite bereits hinsichtlich der zur Errichtung des Gebäudes notwendigen Verträge gebunden hat. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Erwerber die zur Errichtung des Gebäudes notwendigen Verträge bereits vor Abschluß des Grundstückskaufvertrags geschlossen hat (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 1989 II R 31/88, BFHE 159, 260, BStBl II 1990, 234). Werden die zwei oder mehreren Verträge mit mehreren Personen auf der Veräußererseite abgeschlossen, so hält es der Senat für das Vorliegen eines engen sachlichen Zusammenhangs zwischen den Verträgen ferner für notwendig, aber auch für ausreichend, daß diese aufgrund einer vertraglichen Abrede bei der Veräußerung zusammenarbeiten und durch abgestimmtes Verhalten auf den Abschluß aller Verträge (Übereignung des Grundstücks und Errichtung des Gebäudes) hinzielen. Der Abschluß eines schriftlichen Vertrags ist insoweit nicht erforderlich (Senatsurteil vom 28. Juli 1993 II R 66/90, BFH/NV 1994, 339). Es ist zu prüfen, ob die mehreren Verträge aufgrund objektiv erkennbar abgestimmten Verhaltens darauf abzielen, dem Erwerber ein Grundstück mit noch zu errichtendem Gebäude zu verschaffen (vgl. Senatsurteil vom 11. Mai 1994 II R 62/91, BFH/NV 1994, 901).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FG im Streitfall in revisionsgerichtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen, daß zwischen dem Vertrag über den Erwerb des Grundstücks und dem über die Errichtung des Gebäudes ein derartiger sachlicher Zusammenhang besteht. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags waren die Kläger hinsichtlich der Bebauung bereits gebunden. Auch die zur Annahme eines sachlichen Zusammenhangs notwendige personelle Verflechtung auf der Veräußererseite lag vor.

Der Makler war -- nach den Feststellungen des FG -- in der Lage, auf den Wunsch der Kläger möglichst ein Grundstück mit Haus zu erwerben, mit einem einheitlichen Angebot zu reagieren. Der Makler war sowohl für die Grundstücksveräußerin als auch für das Fertighausunternehmen tätig. Aufgrund dieser den Klägern bekannten vertraglichen Beziehungen war er in der Lage, den Klägern dieses ihren Wünschen und finanziellen Möglichkeiten entsprechende Projekt anzubieten. Das von dem projektanbietenden Makler den Klägern unterbreitete einheitliche Angebot wurde letztlich auch von diesen angenommen (vgl. Bundesfinanzhof -- BFH -- in BFHE 158, 477, BStBl II 1990, 183).

Diesem Ergebnis steht es nicht entgegen, daß die Kläger nach den Feststellungen des FG das Angebot des Maklers in "zwei Stufen" angenommen haben, d. h. sich zunächst noch bemühten, ein Grundstück "auf eigene Faust" zu finden. Entscheidend ist insoweit, daß sie auf das ursprüngliche Angebot zurückgekommen sind und nachdem sie sich bereits hinsichtlich der Bebauung gebunden hatten, auch noch das Grundstück erworben haben.

Der Annahme eines sachlichen Zusammenhangs steht es deswegen auch nicht entgegen, daß -- wie das FG annimmt -- die Beteiligten bei Abschluß des Vertrags über die Errichtung des Gebäudes noch nicht gewußt haben, auf welchem Grundstück dieses zu errichten sei. Ausschlaggebend ist insoweit die Situation bei Abschluß des Grundstückskaufvertrags. Mit Abschluß des Grundstückskaufvertrags aber stand fest, daß die Kläger von einer durch jeweilige Vertragsbeziehung zu einem Dritten verbundenen Veräußererseite ein Grundstück und ein darauf zu errichtendes Gebäude erhalten würden. Bereits bei Abschluß des Grundstückskaufvertrags besaßen sie daher nicht mehr die sonst einem Grundstückserwerber zustehende Freiheit, über das "Ob" und "Wie" einer Bebauung zu entscheiden. Dies ist jedoch das ausschlaggebende Kriterium für die Annahme, daß die Verträge insgesamt dazu dienen, dem Erwerber das Grundstück im bebauten Zustand zu verschaffen (vgl. Senatsurteile vom 6. März 1991 II R 133/87, BFHE 164, 117, BStBl II 1991, 532). Bei diesem Geschehensablauf schließt auch die vor Abschluß der Verträge bestehende ursprüngliche Bereitschaft des Maklers, das Grundstück möglicherweise auch ohne Gebäude weiterzugeben, es nicht aus, daß Gegenstand des Erwerbsvorgangs das Grundstück mit noch zu errichtendem Gebäude ist (BFH in BFHE 158, 483, BStBl II 1990, 181).

2. Mit der Revision wird beanstandet, das FG habe zu Unrecht angenommen, daß Herr A auch für die Kläger als Makler bezüglich des Grundstücks tätig gewesen sei. Darin ist jedoch keine vom Revisionsgericht ggf. weiter zu verfolgende Verfahrensrüge zu sehen, sondern die Beanstandung der Beweiswürdigung durch das FG. An den vom FG festgestellten Sachverhalt ist der Senat jedoch gebunden (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

 

Fundstellen

Haufe-Index 420122

BFH/NV 1995, 259

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