Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzug der Aufwendungen eines Sportvereins für die Vereinsmannschaft bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus Werbetätigkeit

 

Leitsatz (NV)

Aufwendungen eines teilweise von der Körperschaftsteuer befreiten Sportvereins für Training und Spiele der Vereinsmannschaft mindern nicht die Einkünfte des Vereins aus Werbung für Dritte, sofern die Aufwendungen auch ohne die Werbetätigkeit entstanden wären.

 

Normenkette

KStG 1977 § 5 Abs. 1 Nr. 9; AO 1977 §§ 14, 64-65; AO 1977 a.F. § 68 Nr. 7 Buchst. b, c

 

Tatbestand

Der ursprüngliche Kläger und Revisionsbeklagte, ein Sportverein (Verein), erzielte in den Jahren 1979 bis 1981 (Streitjahre) unter anderem Einnahmen durch Spiele seiner ersten Mannschaft in der Bundesliga (nicht Fußballbundesliga), durch gesellige Veranstaltungen, Banden- und Trikotwerbung und Werbeanzeigen und durch eine selbst betriebene Gaststätte. Er und der für die Besteuerung des Vereins zuständige Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) sind der Ansicht, die Spiele in der Bundesliga und die geselligen Veranstaltungen seien Zweckbetriebe (§§ 65, 68 Nr. 7 Buchstaben b und c AO 1977 a. F.) und der Verein unterliege in den Streitjahren gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1977 nur mit den Teilen seines Einkommens der KSt, die aus der Werbetätigkeit und der Gaststätte stammen. Streitig ist, ob und inwieweit die mit der Bundesligamannschaft und ihren Spielen zusammenhängenden Aufwendungen dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ,,Werbung" zuzuordnen sind und somit das der KSt unterliegende Einkommen des Vereins mindern.

Der Verein ordnete diese Aufwendungen ursprünglich zu 20 v. H. (Streitjahre 1979 und 1980) bzw. 30 v. H. (Streitjahr 1981) der Werbetätigkeit zu. Das FA schätzte dagegen die mit der Werbetätigkeit zusammenhängenden Betriebsausgaben entsprechend einem bundeseinheitlichem Erlaß (s. Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 29. Mai 1979 IV B 4 - S 0183 - 15/79, Steuererlasse in Karteiform - StEK -, AO 1977 § 65 Nr. 3) auf 25 v. H. der Werbeeinnahmen. Der Einspruch war erfolglos. Im anschließenden Klageverfahren ermittelte der Verein sein zu versteuerndes Einkommen neu. Dabei ordnete er Aufwendungen, die nur den ideellen Tätigkeitsbereich oder einzelne wirtschaftliche Geschäftsbetriebe betrafen, direkt zu. Die übrigen mit dem Spielbetrieb der Bundesligamannschaft zusammenhängenden Aufwendungen ordnete er dem Zweckbetrieb ,,Bundesliga" bzw. dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ,,Werbung" nach dem Verhältnis der Einnahmen aus dem Spielbetrieb zu den Einnahmen aus der Werbetätigkeit zu. Die Aufwendungen für Verwaltung, Umsatzsteuerzahlungen und sonstige Kosten ordnete er dem ideellen Bereich und den Betrieben ,,Bundesliga" und ,,Werbung" nach Aufteilungsschlüsseln zu, die er aus Zahlen des Jahres 1982 ermittelt hatte. Nach diesen Berechnungen erwirtschaftete der Verein durch gesellige Veranstaltungen, die Bundesligaspiele, die Gaststätte und die Werbung folgende Einnahmenüberschüsse (+) bzw. Ausgabenüberschüsse (-): . . .

Das FG hielt diese Zuordnungen für richtig und gab der Klage statt. Das FA hat Revision eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur Abweisung der Klage, soweit diese die Körperschaftsteuer 1979 und 1981 betrifft, und im übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 und 2 FGO).

Die Revision hat Erfolg, weil das angefochtene Urteil auf der Verletzung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG 1977 i. V. m. §§ 14 und 64 AO 1977 beruht.

1. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG 1977 ist eine Körperschaft, die in den Streitjahren nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken diente, von der KSt befreit. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG 1977 i. V. m. § 64 AO 1977 ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen, als die Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhielt, der kein Zweckbetrieb war (künftig: steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsberieb).

Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die keine bloße Vermögensverwaltung ist (§ 14 Satz 1 AO 1977). Er ist ein Zweckbetrieb, wenn er die in § 65 AO 1977 genannten Voraussetzungen erfüllt. Für die Streitjahre bestimmte § 68 Nr. 7 AO 1977 (AO 1977 a. F.), daß kulturelle Einrichtungen, gesellige Veranstaltungen einer steuerbefreiten Körperschaft und sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins, der keine Fußballveranstaltungen unter Einsatz seiner Lizenzspieler nach dem Bundesligastatut des Deutschen Fußballbundes e. V. durchführte, Zweckbetriebe waren, wenn der Überschuß der Einnahmen über die Unkosten im Durchschnitt der letzten drei Jahre einschließlich des Veranlagungsjahres nicht mehr als insgesamt 12 000 DM je Jahr betrug und er nur für die satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft verwendet wurde. Bei der Ermittlung des Überschusses aus der Sportveranstaltung sind gemäß § 68 Satz 2 AO 1977 die gesamten Unkosten zu berücksichtigen, die dem Sportverein erwachsen sind.

2. Eine gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG 1977 teilweise von der KSt befreite Körperschaft kann mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten (s. § 8 Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung). Übt sie verschiedene ihrer Art nach unterschiedliche Tätigkeiten i. S. des § 14 Satz 1 AO 1977 aus, sind diese grundsätzlich mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. Dies gilt auch dann, wenn die Tätigkeiten wirtschaftlich eng miteinander verflochten sind und sich gegenseitig bedingen (s. BFH-Urteil vom 28. November 1961 I 34/61 U, BFHE 74, 192, BStBl III 1962, 73; vom 8. März 1967 I 145/64, BFHE 88, 240, BStBl III 1967, 373; vom 4. März 1976 IV R 189/71, BFHE 118, 346, BStBl II 1976, 472).

3. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens einer teilweise von der KSt befreiten Körperschaft sind nur die Einnahmen und Ausgaben (Aufwendungen) zu berücksichtigen, die zu den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben der Körperschaft gehören (§ 64 AO 1977), d. h. die ihnen zuzuordnen sind (§ 64 Abs. 1 der jetzt geltenden Fassung der AO 1977). Die übrigen Einnahmen und Ausgaben dürfen nicht berücksichtigt werden, weil sie zu den steuerbefreiten Bereichen der Körperschaft - dem ideellen Bereich, dem Bereich der Vermögensverwaltung oder dem der Zweckbetrieb - gehören.

a) Eine Einnahme gehört zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, wenn sie durch die den Geschäftsbetrieb begründende Tätigkeit veranlaßt ist. Dies ist der Fall, wenn sie infolge der Tätigkeit entstanden ist.

b) Ausgaben - mit Ausnahme von Spenden, für die andere Zuordnungsregeln gelten - gehören zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, wenn er der Anlaß für ihr Entstehen ist. Beruht das Entstehen einer Ausgabe auf mehreren, steuerrechtlich unterschiedlich zu beurteilenden Tätigkeiten, setzt die Zuordnung der Ausgabe eine Gewichtung der verschiedenen Anlässe ihrer Entstehung voraus.

Für die Gewichtung ist von Bedeutung, daß eine Körperschaft, die die teilweise Befreiung von der KSt erlangen und bewahren will, nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke - z. B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke - verfolgen darf (s. § 55 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Deshalb ist davon auszugehen, daß primärer Anlaß für das Entstehen einer sowohl mit steuerbefreiten als auch mit steuerpflichtigen Tätigkeiten zusammenhängenden Ausgabe die nicht erwerbswirtschaftliche, steuerbefreite Tätigkeit ist. Der primäre Anlaß ist für die Zuordnung allein maßgebend, wenn die Ausgabe auch ohne den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entstanden wäre. Wirkt sich der sekundäre Anlaß der Entstehung auf die Höhe der Ausgabe nicht aus, besteht kein Grund, ihn zu berücksichtigen.

Wäre die Ausgabe ohne den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb geringer gewesen, ist sie nach einem objektiven und sachgerechten Maßstab aufzuteilen. Eine Aufteilung entsprechend dem Verhältnis der durch die verschiedenen Tätigkeiten erzielten Einnahmen ist nur dann sachgerecht, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß die Einnahmen und Ausgaben ihrer Höhe nach direkt voneinander abhängen und daß diese Abhängigkeit für jede der Tätigkeiten gleich hoch ist.

4. Aus den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, ergibt sich:

a) Der Verein ist für die Streitjahre gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG teilweise von der KSt befreit, da er in diesen Jahren nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke - die Förderung des Sports - verfolgte.

b) Er unterhielt in den Streitjahren mindestens zwei steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe.

In jedem der Streitjahre erzielte er durch eine Gaststätte und durch Werbung für Dritte Einnahmen. Diese nachhaltig und selbständig ausgeübten verschiedenartigen Tätigkeiten waren keine Vermögensverwaltung. Der Verein beschränkte sich nicht darauf, seine Vermögenswerte Dritten gegen Entgelt zur Nutzung zu überlassen. Er betrieb die Gaststätte selbst, nahm die Werbemittel zu auswärtigen Spielen mit und verteilte bei den Spielen seiner Bundesligamannschaft Handzettel mit Werbung. Diese Betriebe waren keine Zweckbetriebe, da die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke des Vereins auch ohne diese Tätigkeiten hätten erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO 1977).

c) Die Erträge der Gaststätte lagen nach den Feststellungen des FG 1979 um . . . DM, 1980 um . . . DM und 1981 um . . . DM über den vom FA bei der Steuerfestsetzung berücksichtigten Beträgen.

d) Die Erträge des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ,,Werbung" lagen in keinem der Streitjahre unter den vom FA angesetzten Beträgen.

Die durch die Werbetätigkeit erzielten Einnahmen sind voll dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ,,Werbung" zuzuordnen, da sie infolge der Werbetätigkeit entstanden sind. Ohne die Spiele der Bundesligamannschaft hätten die Werbeeinnahmen zwar nicht oder zumindest nicht in Höhe von über 100 000 DM pro Jahr erzielt werden können. Die Werbekunden waren nicht bereit, für irgendeine Werbung hohe Beträge aufzuwenden. Vielmehr forderten sie, daß für sie bei den Spielen der Bundesligamannschaft geworben wurde. Die Sportveranstaltungen waren aber nicht der Grund für das Entstehen der Werbeeinnahmen. Sie fanden nicht statt, um die Werbeeinnahmen zu erzielen, sondern dienten der Förderung des Sports.

Die mit der Werbetätigkeit zusammenhängenden Ausgaben hat das FA für 1979 auf . . . DM, für 1980 auf . . . DM und für 1981 auf . . . DM geschätzt (= jeweils 25 v. H. der Einnahmen aus der Werbetätigkeit). Diese Schätzung ist keinesfalls zu niedrig. Nach den vom Verein während des Klageverfahrens vorgelegten Berechnungen waren die durch die Werbetätigkeit veranlaßten Aufwendungen ohne Berücksichtigung der Aufwendungen für den Spielbetrieb der Bundesligamannschaft erheblich geringer.

Die Aufwendungen für den Spielbetrieb der Bundesligamannschaft (das sind die Aufwendungen für Übungsleiter, Trainer und Schiedsrichter, Fahrtkosten und Spesen, Sporthallenmiete, Abgaben an Verbände und Sportausstattungen) sind bei der Ermittlung der Erträge des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ,,Werbung" nicht zu berücksichtigen. Primärer Anlaß ihrer Entstehung waren die Spiele der Bundesligamannschaft. Die Aufwendungen wären auch entstanden, wenn der Verein auf die Werbetätigkeit verzichtet hätte. Der Verein hat nicht vorgetragen, daß für die Höhe der Aufwendungen andere als sportliche Überlegungen - z. B. Forderungen von Werbekunden, bestimmte Hallen anzumieten - maßgebend waren.

Das angefochtene Urteil widerspricht dem. Es war daher aufzuheben.

5. Die Sache war, soweit sie die KSt 1980 betrifft, an das FG zurückzuverweisen. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des FG läßt sich nicht ausschließen, daß die KSt für 1980 zu hoch festgesetzt worden ist.

Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich nicht, wie hoch der Überschuß der Einnahmen über die Unkosten aus den Spielen der Bundesligamannschaft und den geselligen Veranstaltungen im Durchschnitt der Jahre 1978 bis 1980 insgesamt war. Lag er über . . . DM, waren die Spiele der Bundesligamannschaft und die geselligen Veranstaltungen 1980 entgegen der vom FG und dem FA vertretenen Auffassung gemäß § 68 Nr. 7 AO 1977 a. F. keine Zweckbetriebe, sondern steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe. In diesem Fall ist die KSt 1980 zu hoch festgesetzt worden. Das zeigt die folgende Berechnung, der hinsichtlich der Höhe der der Werbetätigkeit zuzuordnenden Ausgaben die für den Verein günstige Schätzung des FA zugrunde liegt: . . .

Das FG wird noch aufzuklären haben, wie hoch der gemäß § 68 Satz 1 Nr. 7 und Satz 2 AO 1977 a. F. zu ermittelnde Überschuß der Einnahmen über die Unkosten aus den Spielen der Bundesligamannschaft und den geselligen Veranstaltungen im Durchschnitt der Jahre 1978 bis 1980 insgesamt war.

6. Soweit die Klage die KSt 1979 und 1981 betrifft, war sie abzuweisen. Das FA hat die KSt für diese beiden Jahre nicht zu hoch festgesetzt. Das zu versteuernde Einkommen des Vereins lag 1979 und 1981 über den vom FA angesetzten Beträgen. Das zeigen die folgenden Berechnungen, denen hinsichtlich der Höhe der der Werbetätigkeit zuzuordnenden Ausgaben die für den Verein günstige Schätzungen des FA zugrunde liegen: . . .

Ungeklärt bleiben kann, ob die Spiele der Bundesligamannschaft und die geselligen Veranstaltungen 1979 und 1981 Zweckbetriebe waren. Sollten sie steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe gewesen sein, wäre das zu versteuernde Einkommen in beiden Jahren noch höher. Der Verein erzielte durch die Bundesligaspiele und die geselligen Veranstaltungen 1979 und 1981 jeweils Einnahmeüberschüsse.

Eine Änderung der angefochtenen KSt-Bescheide zum Nachteil des Vereins durch den Senat oder das FG ist jedoch ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 21. April 1966 V 200/63, BFHE 86, 178, BStBl III 1966, 415).

 

Fundstellen

BFH/NV 1992, 412

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