Leitsatz (amtlich)

Ein Gerät, das für den Untertagebergbau bestimmt sowie mechanisch beweglich ist und dessen Funktion darin besteht, den Strebraum vor niedergehendem Gestein zu schützen, ist keine Konstruktion i. S. der Tarifnr. 73.21 GZT, sondern eine Maschine i. S. des Kap. 84 GZT.

 

Normenkette

GZT ATV 2 a; GZT Vorschrift 2 a zu Abschn. XVI; GZT Vorschrift 5 zu Kap. 84, Tarifnr. 73.21; GZT Vorschrift 5 zu Kap. 84, Tarifnr. 84.22; GZT Vorschrift 5 zu Kap. 84, Tarifnr. 84.23; GZT Vorschrift 5 zu Kap. 84, Tarifnr. 84.59

 

Tatbestand

Mit Antrag vom 22. Januar 1974 begehrte die Klägerin eine verbindliche Zolltarifauskunft (vZTA) über eine „…-Schildausbau” benannte Ware. Diese Ware soll im Grubenausbau und Untertagebergbau verwendet werden. Sie besteht aus der Liegendschwelle, dem Versatzschild, dem Bruchschild, dem Hangendschild, dem Förderertragrahmen und dem Führungskeil. Mittels einer Hydraulikeinrichtung, die nicht miteingeführt werden soll, wird mit entsprechenden Arbeitszylindern, die an der Ware angebracht sind, das Hangendschild gegen das Hangende (die Strebraumdecke) gedrückt. Dadurch wird der Strebraum vor niedergehendem Gestein geschützt. Mit Hilfe von hydraulischen Rückzylindern, die waagerecht in die Liegendschwelle montiert sind, wird der Schildausbau schrittweise vorwärtsgerückt und kann dabei auch auf den Förderertragrahmen aufgesetzte Abbaumaschinen mit sich führen. Der Schildausbau folgt auf diese Weise vor Ort dem abzubauenden Kohlenflöz. Nach jeder Schrittbewegung drückt er das zuvor gelöste Hangendschild hydraulisch erneut gegen das Deckengestein.

In ihrer vZTA vom 16. Juli 1974 wies die Beklagte (die Oberfinanzdirektion/OFD/) die Ware der Tarifst. 84.59 E des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zu.

Mit ihrer Klage beantragt die Klägerin, festzustellen, daß die Ware der Tarifnr. 73.21 GZT zuzuordnen sei.

Der erkennende Senat hat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EGH) in der vorliegenden Sache nach Art. 177 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) zwei Fragen vorgelegt (Beschluß vom 26. Oktober 1976 VII K 2/75, BFHE 120, 315), über die dieser mit Urteil vom 26. Mai 1977 Rs. 108/76 (EGHE 1977, 1047) wie folgt entschieden hat:

„1. Auf die erste Frage ist zu antworten, daß der Ausdruck ‚Konstruktion’ in der Tarifnummer 73.21 des Gemeinsamen Zolltarifs nicht so ausgelegt werden darf, daß er eine Ware umfaßt, die der Sicherung des Strebs im Bergbau zu dienen bestimmt und unter anderem so eingerichtet ist, daß sie selbst und auf einem ihrer Teile befindliche Bergbaumaschinen mit Hilfe von eingebauten Hydraulikzylindern und einer gesondert aufgestellten Motorpumpeneinheit schrittweise fortbewegt werden können.

2. Auf die zweite Frage ist unter dem in den Entscheidungsgründen genannten Vorbehalt zu antworten, daß die in Frage 1 bezeichneten Maschinen zur Tarifnummer 84.23 des Gemeinsamen Zolltarifs gehören, sofern sie mit zur Einwirkung auf das Erdreich bestimmten Bergbaumaschinen unmittelbar verbunden sind; ist dies nicht der Fall, so sind sie der Tarifstelle 84.59 E des Gemeinsamen Zolltarifs zuzuordnen.”

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Für die Tarifierung maßgebend ist der GZT – Verordnung (EWG) Nr. 950/68 vom 28. Juni 1968 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften – ABlEG – Nr. L 172 vom 22. Juli 1968 S. 1) mit seinen Änderungen. Nach der Allgemeinen Tarifierungsvorschrift – ATV – 1 sind für die Tarifierung der Wortlaut der Tarifnummern und die Vorschriften zu den Abschnitten und Kapiteln maßgebend. Zur Tarifnr. 73.21 („Konstruktionen sowie Teile von Konstruktionen … aus Eisen und Stahl …”) gehört die streitbefangene Ware nicht. Das hat der EGH in der vorliegenden Sache – für den erkennenden Senat bindend – entschieden. Ihr besonderer Verwendungszweck hänge, wie der EGH in Absatz 5 seiner Entscheidungsgründe ausgeführt hat, gerade von ihrer mechanischen Beweglichkeit ab, auch wenn diese nur von kurzer Dauer sei; aus diesen Feststellungen folge, daß sich ein solches Gerät nicht der Tarifnr. 73.21 zuordnen lasse, sondern aufgrund seiner Wesensmerkmale nach Kapitel 84 zu tarifieren sei.

Eine Tarifierung nach Tarifnr. 84.22 („Maschinen, Apparate und Geräte zum Heben, Beladen und Entladen oder Fördern …”) scheidet aus, weil die Ware nicht die dort genannten Tätigkeiten auszuführen bestimmt ist, sondern lediglich dazu, etwas zu stützen bzw. vorwärtszubewegen.

Die Ware kann auch nicht in die Tarifnr. 84.23 („ortsfeste oder bewegliche Maschinen, Apparate und Geräte für … den Bergbau …”) eingeordnet werden. Nach der Vorentscheidung des EGH werden von dieser Tarifnummer nur solche Waren erfaßt, die der unmittelbaren Veränderung von Materie – hier des Erdreichs – dienen; die streitbefangene Maschine gehöre also nur dann zur Tarifnr. 84.23, wenn sie mit zur Einwirkung auf das Erdreich bestimmten Bergbaumaschinen unmittelbar verbunden sei. Diese Voraussetzung liegt jedoch nicht vor. Lt. dem Antrag der Klägerin vom 22. Januar 1974 ist die vZTA ausdrücklich begehrt worden für die genannte Ware „ohne Hydraulik- und Fördergeräte”. Gegenstand des Verfahrens ist also eine Ware, die in ihrer maßgebenden Beschaffenheit nicht mit Fördergeräten (Bergbaumaschinen) unmittelbar verbunden ist. Es kann hier dahinstehen, ob die Ware – im Hinblick auf den Umstand, daß bei bestimmtem Einsatz (schneidende Gewinnung) Bergbaumaschinen auf ihrem Förderertragrahmen montiert werden sollen – als Maschine mit mehrfacher Verwendungsmöglichkeit i. S. der Vorschrift Nr. 5 zu Kapitel 84 GZT angesehen werden kann; denn jedenfalls ist ihr Hauptverwendungszweck die Absicherung des Strebs beim Bergbau, was nach der genannten Vorschrift eine Einordnung in die Tarifnr. 84.23 ausschließt. Die Ware kann auch nicht in Anwendung der ATV 2 a (unvollständige Waren sind wie vollständige zu tarifieren) oder der Vorschrift 2 a zu Abschn. XVI (Maschinenteile sind wie die Maschine zu tarifieren, zu der sie erkennbar gehören) der Tarifnr. 84.23 zugewiesen werden, da sie im Hinblick auf ihren auch ohne auf den Förderertragrahmen aufmontierte Bergbaumaschinen ganz spezifischen Verwendungszweck weder als unvollständige Maschine noch gar als Maschinenteil angesehen werden kann.

Nach der Vorabentscheidung des EGH, bleibt daher nur übrig, die Ware der Tarifst. 84.59 E GZT zuzuordnen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 514652

BFHE 1978, 266

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