Leitsatz (amtlich)

1. Wenn die Behörde einen Antrag abgelehnt hat, mit dem ein Rechtsanspruch auf die Gewährung einer Abgabenvergünstigung geltend gemacht wurde, ist der Antragsteller rechtlich nicht gehindert, nur die Anfechtungsklage zu erheben, um Sprungklage erheben zu können.

2. ...

 

Normenkette

FGO § 40 Abs. 1, § 45 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (HZA) hat der Klägerin nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 5 MinöStG die Erlaubnis erteilt, Schweröl zum Verrühren mit dem Ruß-Wasser-Gemisch unversteuert zu verwenden. Das Begehren der Klägerin, ihr auch für das Anmaischen der Rußölpellets die unversteuerte Verwendung von Schweröl zu erlauben, hat das HZA durch Bescheid vom 21. August 1969 mit der Begründung abgelehnt, die mit Schweröl angereicherten Pellets seien zum Verheizen bestimmt, so daß eine steuerfreie Verwendung des Schweröls gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b MinöStG ausgeschlossen sei.

Am 19. September 1969 erhob die Klägerin Klage mit dem Antrag, den Bescheid vom 21. August 1969 aufzuheben. Hierbei erklärte sie, das HZA habe ihr in Aussicht gestellt, daß es der Erhebung einer Sprungklage nach § 45 FGO zustimmen und bei gerichtlicher Aufhebung des Bescheides einen Erlaubnisschein erteilen werde. Sie beschränke daher ihren Antrag auf die Anfechtung des ablehnenden Bescheides, um aus prozeßökonomischen Gründen die Sprungklage erheben zu können. Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 1969 erklärte das HZA, es stimme gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO der Sprungklage zu.

Das FG Düsseldorf wies die Klage mit Urteil vom 28. März 1973 IV 141/69 Z (EFG 1973, 455) ab und führte aus: ...

... Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils den ablehnenden Bescheid des HZA vom 21. August 1969 aufzuheben.

Hilfsweise beantragt sie, das finanzgerichtliche Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das FG zurückzuverweisen.

Das HZA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Bescheid vom 21. August 1969, durch den das HZA den Antrag der Klägerin abgelehnt hat, ihr auch für das zum Einmaischen der Rußölpellets verwendete Schweröl einen Erlaubnisschein zu erteilen, ist ein Verwaltungsakt der in § 229 AO bezeichneten Art, nämlich ein Bescheid über eine Abgabenvergünstigung, auf deren Gewährung ein Rechtsanspruch besteht und gegen den nach § 229 Nr. 6 AO der Einspruch gegeben ist (vgl. BFH-Urteil vom 11. November 1969 VII R 57/67, BFHE 97, 400; Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. - 6. Aufl., § 229 Rdnr. 20). Gegen einen solchen Verwaltungsakt ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 FGO die Anfechtungsklage ohne Vorverfahren zulässig, wenn die Behörde, die ihn erlassen hat, innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klage zustimmt. Die Voraussetzungen dieser sogenannten Sprungklage sind im vorliegenden Fall erfüllt.

Die Klägerin hat gemäß dem Wesen der Anfechtungsklage (vgl. § 40 Abs. 1 FGO) in der Klageschrift ausdrücklich bekundet, daß sie nur die Aufhebung des Bescheides vom 21. August 1969 begehre, um den Weg der Sprungklage nach § 45 FGO beschreiten zu können, und das HZA hat fristgerecht zugestimmt.

Die Frage, ob der Steuerpflichtige gegen den Verwaltungsakt, durch den die Behörde seinen Antrag auf Gewährung einer Abgabenvergünstigung abgelehnt hat, anstatt der Verpflichtungs- nur eine Anfechtungsklage erheben kann, hat der BFH in den Urteilen vom 12. März 1970 IV 7/65 (BFHE 99, 172, BStBl II 1970, 625), vom 23. April 1970 V R 155/66 (BFHE 99, 270) und vom 28. November 1974 V R 98/70 (BFHE 114, 323, BStBl II 1975, 300) offengelassen, im Urteil vom 18. Dezember 1973 VIII R 101/69 (BFHE 111, 302, BStBl II 1974, 319) jedoch mit Recht bejaht. Sie ist im letzteren Sinne auch vom BVerwG im Urteil vom 30. April 1971 VI C 35.68 (BVerwGE 38, 99) und von Hübschmann-Hepp-Spitaler (a. a. O., § 40 FGO Rdnr. 7) beantwortet worden.

Wenn die Behörde einen Antrag abgelehnt hat, mit dem ein Rechtsanspruch auf die Gewährung einer Abgabenvergünstigung geltend gemacht wurde, liegt es allerdings zu einer vollständigen gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs nahe, mit der Klage nicht nur die Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsaktes, sondern die Verurteilung der Behörde zum Erlaß des abgelehnten Verwaltungsaktes zu begehren, also nicht eine Anfechtungs-, sondern eine Verpflichtungsklage (vgl. § 40 Abs. 1 FGO) zu erheben. Der Antragsteller ist jedoch rechtlich nicht gehindert, nur die Anfechtungsklage zu erheben, also sich mit der gerichtlichen Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsaktes zu begnügen, um sich das Verwaltungsvorverfahren zu ersparen. Dazu kann er sich besonders dann veranlaßt sehen, wenn zu erwarten ist, daß der Streit über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der Abgabenvergünstigung durch das mit der Sprungklage vermiedene Verwaltungsvorverfahren nicht mehr gefördert würde und die Behörde nach einer gerichtlichen Aufhebung ihres ablehnenden Verwaltungsaktes auch ohne ausdrückliche Verurteilung den abgelehnten Verwaltungsakt erlassen wird.

Das FG hat die somit zulässige Klage zu Recht abgewiesen, weil der angefochtene Bescheid des HZA vom 21. August 1969, durch den die Erteilung eines Erlaubnisscheines für die steuerfreie Verwendung von Schweröl zur Anmaischung der Pellets abgelehnt wurde, nicht rechtswidrig war ...

 

Fundstellen

Haufe-Index 72118

BStBl II 1977, 36

BFHE 1977, 151

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