Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliches Gehör: Wartefrist des FG bei verspätetem Erscheinen zur mündlichen Verhandlung; Bezeichnung des Streitgegenstands

 

Leitsatz (NV)

1. Die mündliche Verhandlung stellt ein Mittel zur Verwirklichung des rechtlichen Gehörs dar. Ist zum Sitzungstermin ein geladener Beteiligter nicht anwesend, so liegt es grundsätzlich im Ermessen des Vorsitzenden, ob er gleichwohl die mündliche Verhandlung eröffnet oder noch eine gewisse Zeit abwartet. Dabei hat er einerseits das voraussichtliche Interesse des Beteiligten an der Teilnahme und andererseits das Interesse des Gerichts sowie der an nachfolgenden Verfahren Beteiligten an möglichst pünktlicher Einhaltung der Tagesordnung zu berücksichtigen.

2. Hat ein Beteiligter sein Erscheinen oder die Möglichkeit einer geringen Verspätung ausdrücklich angekündigt, so wird er im allgemeinen damit rechnen können, daß eine gewisse Zeit gewartet wird und die Verhandlung z. B. nicht bereits 10 Minuten nach dem Termin abgeschlossen ist.

3. Bleibt ungeklärt, welche voraussichtliche Dauer seiner Verspätung der Beteiligte (telefonisch) mitgeteilt hat, hat er den Nachteil hieraus zu tragen.

4. Eine Klageschrift, die lediglich den angefochtenen Bescheid, die Erklärung seiner Anfechtung und die Angabe des beklagten FA enthält, bezeichnet den Streitgegenstand nicht hinreichend (Anschluß an BFH-Beschluß vom 26. November 1979 GrS 1/78, BFHE 129, 117, BStBl II 1980, 99).

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 2; FGO § 65 Abs. 1 S. 1, § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 93 Abs. 1, § 116 Abs. 1 Nr. 3, § 155; ZPO § 227

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) - Eheleute - erzielen als Grundstücksgemeinschaft aus mehreren Mietwohngrundstücken Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Sie gaben für die Streitjahre 1982 bis 1984 - wie schon in den Vorjahren seit 1979 - keine Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte ab. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) schätzte deshalb die Einkünfte und erließ entsprechende Feststellungsbescheide.

Der gegen diese Bescheide eingelegte Einspruch blieb erfolglos, weil die Kläger ihren Rechtsbehelf nicht begründet hatten. Auch die Klage wurde nicht begründet. Der Klageschriftsatz enthielt weder einen bezifferten noch einen in anderer Weise konkretisierten Antrag.

Obwohl das Finanzgericht (FG) die Kläger aufgefordert hatte, ihr Klagebegehren im einzelnen darzulegen, beantragten sie lediglich mit Schreiben vom 5. Januar 1987 die vom FG auf den 13. Januar 1987, 12.15 Uhr, angesetzte mündliche Verhandlung wegen Arbeitsüberlastung und Erkrankung vorerst aufzuheben. Das FG verlegte den Termin jedoch nicht. Die Kläger wurden davon unterrichtet.

Am Sitzungstag wurde dem zuständigen Senat des FG um 11.45 Uhr eine schriftliche Notiz der Geschäftsstelle vorgelegt, nach der die Klägerin telefonisch mitgeteilt habe, sie - die Kläger - erschienen wegen eines Rohrbruchs in ihrer Wohnung ca. 10 Minuten später. Die mündliche Verhandlung wurde daraufhin statt um 12.15 Uhr um 12.34 Uhr eröffnet. Bei Aufruf der Sache erschien für die Kläger niemand. Das FG verhandelte in deren Abwesenheit und verkündete - nach Beratung - ein klageabweisendes Urteil. Die Klage sei unzulässig, weil die Kläger den Streitgegenstand weder in der Klageschrift noch bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung bezeichnet hätten. Die Kläger erschienen nach der Urteilsverkündung gegen 12.50 Uhr im Sitzungssaal.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und unrichtige Festsetzung ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Streitjahre.

Sie seien am Sitzungstag schuldlos daran gehindert gewesen, den um 12.15 Uhr anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung wahrzunehmen. An diesem Tag habe eine Temperatur von minus 24ø C geherrscht. Dies habe in einigen ihrer Wohnungen zu Wasserrohrbrüchen geführt. Um weiter Schäden zu verhindern, hätten sie erst geeignete Maßnahmen treffen müssen. Als sie gegen 11.15 Uhr ihr Büro hätten verlassen wollen, habe der Kläger festgestellt, daß auch im Büro eine Wasserleitung eingefroren sei. Notgedrungen hätten sie auch diesem Schaden erst nachgehen müssen, so daß sie erst gegen 11.30 Uhr das Büro hätten verlassen können. Ihre beiden Kfz hätten sich jedoch wegen des starken Frostes nicht starten lassen. Erst gegen 11.45 Uhr sei ein Fahrzeug startbereit gewesen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin mit der Geschäftsstelle des FG telefoniert und auf die Verspätung hingewiesen. Die Fahrt zum FG habe dann vor einem Waldstück wegen eines erneuten Schadens am Fahrzeug aufgegeben werden müssen, so daß die Kläger - angewiesen auf öffentliche Verkehrsmittel - erst gegen 12.50 Uhr im Gerichtssaal hätten erscheinen können.

Nach Ansicht der Kläger gibt die dem erkennenden Senat des FG vorgelegte Notiz der Geschäftsstelle das Telefongespräch nicht richtig wieder. Während dieses Gesprächs habe die Klägerin vielmehr wörtlich erklärt: ,,Wir kommen auf jeden Fall so schnell wie nur irgend möglich (. . .). Es wird mindestens 10 Minuten später werden, das können wir aber nicht genau sagen. Wenn das Gericht nicht abwarten könne für mindestens 30 Minuten, so möge das gesagt werden. Dann würde für einen Terminsvertreter noch schnell telefonisch gesorgt werden."

Den Inhalt dieses Telefongesprächs könne die Rentnerin A bestätigen, die seit 11.00 Uhr am Sitzungstag im Büro der Kläger gewesen sei, um dort während ihrer - der Kläger - Abwesenheit Telefondienst zu übernehmen. Frau A habe das Telefongespräch über eine Verstärkeranlage mitgehört.

Aufgrund des Telefongesprächs hätte das FG länger als 15 Minuten warten müssen, da mit dem Erscheinen der Kläger noch zu rechnen gewesen sei. Durch die zu kurze Wartezeit sei es ihnen verwehrt gewesen, die Unrichtigkeit der in den angegriffenen Feststellungsbescheiden geschätzten Einkünfte zu belegen.

Aufgrund des Senatsbeschlusses vom 11. September 1990 fand am 24. September 1990 eine Beweisaufnahme durch den beauftragten Richter, Richter am Bundesfinanzhof (BFH) . . . statt. Es wurde Beweis erhoben über den Inhalt des Telefongesprächs zwischen der Klägerin und der Geschäftsstelle des FG durch Vernehmung der Justizangestellten Z und der Rentnerin A als Zeuginnen. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Das angefochtene Urteil leidet an keinem Verfahrensmangel.

a) Ein Verfahrensverstoß i. S. des § 116 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), dessen ausdrücklicher Rüge es nicht zwingend bedarf (BFH-Urteil vom 25. August 1982 I R 120/82, BFHE 136, 518, BStBl II 1983, 46), liegt im Streitfall nicht vor. Die Kläger waren im finanzgerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften des Gesetzes vertreten. Das FG hat bei der Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung nicht gegen Verfahrensvorschriften verstoßen.

Die unter Einhaltung der Frist des § 91 Abs. 1 FGO verfügte Ladung zur mündlichen Verhandlung, in der der nach § 91 Abs. 2 FGO vorgeschriebene Hinweis enthalten war, ist den Klägern, die insoweit auch keine Einwendungen erhoben haben, wirksam im Wege der Ersatzzustellung durch Niederlegung bekanntgegeben worden (§ 53 Abs. 1 FGO, § 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes - VwZG -, § 182 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Das FG war somit nicht gehindert, in der Sitzung vom 13. Januar 1987 in Abwesenheit der Kläger zu verhandeln.

b) Die Kläger rügen zu Unrecht, das FG habe ihr prozessuales Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG - i. V. m. § 93 Abs. 1 FGO) verletzt, weil es trotz der telefonisch angekündigten Verspätung mit dem Beginn der mündlichen Verhandlung nicht bis zum Eintreffen der Kläger im Sitzungssaal gewartet habe.

Die Garantie des rechtlichen Gehörs gebietet, dem an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten Gelegenheit zu geben, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlaß der Entscheidung zu äußern und sich mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten im Prozeß zu behaupten (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 5. Oktober 1976 2 BvR 558/75, BVerfGE 42, 364, 369; vom 21. April 1982 2 BvR 810/81, BVerfGE 60, 305, 310, und vom 11. Februar 1987 1 BvR 475/85, BVerfGE 74, 228, 233). Die mündliche Verhandlung stellt ein Mittel zur Verwirklichung des rechtlichen Gehörs im Prozeß dar. Wenn Art. 103 Abs. 1 GG auch nicht ausnahmslos die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erfordert, so begründet der Anspruch auf Gehör doch für den Fall, daß eine mündliche Verhandlung stattfindet, das Recht der Partei auf Äußerung in dieser Verhandlung.

Diesem Gebot wird allerdings in der Regel dadurch genügt, daß - wie es das FG getan hat - eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, die Beteiligten ordnungsgemäß geladen werden, die mündliche Verhandlung zu dem festgesetzten Zeitpunkt eröffnet und den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung gegeben wird. Ist zum Sitzungstermin ein geladener Beteiligter nicht anwesend, so liegt es grundsätzlich im Ermessen des Vorsitzenden, ob er gleichwohl die mündliche Verhandlung eröffnet (§ 92 Abs. 1 FGO) oder noch eine gewisse Zeit abwartet (Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 10. Juli 1985 2 B 43/85, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1987, 148; BVerwG-Urteil vom 11. April 1989 9 C 55/88, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ - 1989, 857). Dabei wird er einerseits das voraussichtliche Interesse des Beteiligten an der Teilnahme und andererseits das Interesse des Gerichts sowie der an nachfolgenden Verfahren Beteiligten an möglichst pünktlicher Einhaltung der Tagesordnung berücksichtigen. Hat allerdings ein Beteiligter sein Erscheinen oder die Möglichkeit einer geringen Verspätung ausdrücklich angekündigt, so wird er im allgemeinen damit rechnen können, daß eine gewisse Zeit gewartet wird und die Verhandlung z. B. nicht bereits 10 Minuten nach dem Termin abgeschlossen ist (BVerwG-Urteil in NVwZ 1989, 857); geschieht dies gleichwohl, kann darin eine Versagung des rechtlichen Gehörs liegen (vgl. BVerwG-Urteil vom 14. Februar 1979 1 C 20.77, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts 310, § 108 VwGO Nr. 107).

Das Gericht ist zur Wahrung des rechtlichen Gehörs verpflichtet, in der Regel insbesondere dann mit der Eröffnung der mündlichen Verhandlung zu warten oder gar die Sache zu vertagen (§ 155 FGO i. V. m. § 227 ZPO), wenn ihm vor Beginn der Verhandlung bekannt wird, daß ein Beteiligter oder sein Prozeßbevollmächtigter nicht pünktlich erscheinen könne.

Im Streitfall dagegen war das FG nicht gehalten, mit der Eröffnung, Durchführung oder Schließung der mündlichen Verhandlung einschließlich der Urteilsverkündung zu warten, bis die Kläger im Sitzungssaal erschienen waren. Insbesondere war das FG nicht verpflichtet, die mündliche Verhandlung erst 30 Minuten nach dem vorbestimmten Zeitpunkt zu eröffnen; denn die Kläger haben nicht nachgewiesen, daß sie der Geschäftsstelle des FG eine Verspätung von 30 Minuten angekündigt hatten.

Die auf 12.15 Uhr angesetzte mündliche Verhandlung ist ausweislich des Sitzungsprotokolls erst um 12.34 Uhr eröffnet worden. Daran schloß sich der Sachvortrag durch den Vorsitzenden sowie die Mitteilung des Inhalts des Schriftsatzes der Kläger vom 5. Januar 1987 an. Anschließend zog sich der Senat zur Beratung zurück, um danach sein Urteil zu verkünden. Nach der von der Zeugin Z um 11.45 Uhr schriftlich aufgenommenen Notiz über das Telefongespräch mit der Klägerin mußte das FG davon ausgehen, daß die Kläger ca. 10 Minuten später zum Termin erscheinen würden. Bis zur Eröffnung der mündlichen Verhandlung um 12.34 Uhr war keine weitere Nachricht eingegangen. Unter diesen Umständen hielt sich der Vorsitzende mit einer Wartezeit von 19 Minuten im Rahmen des Zeitraums, der ihm als zu erwartende Verspätung von den Klägern angekündigt war, verletzte das ihm zustehende Ermessen auch nicht dadurch, daß er mit der Eröffnung der mündlichen Verhandlung nicht einen längeren Zeitraum wartete, als ihm als Verspätungszeit angekündigt worden war und versagte den Klägern infolgedessen auch nicht das rechtliche Gehör.

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs wäre allenfalls dann zu bejahen, wenn die Kläger nachweislich der Geschäftsstelle des FG telefonisch mitgeteilt hätten, es sei möglich, daß sie - die Kläger - erst 30 Minuten nach dem festgesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung erscheinen könnten. Eine fehlerhafte Übermittlung des Gesprächsinhalts könnte nicht zu Lasten der Kläger gehen. Die Beweisaufnahme vom 24. September 1990 hat jedoch nach Ansicht des Senats den von den Klägern vorgetragenen Inhalt des Telefongesprächs mit der Geschäftsstelle nicht bestätigt.

Nach der dem erkennenden Senat des FG in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 1987 übergebenen Notiz der Zeugin Z hat die Klägerin in dem fraglichen Telefongespräch eine Verspätung von lediglich etwa 10 Minuten angekündigt und diese begründet. Die Zeugin hat ihre Angaben in einem Vermerk vom 29. Januar 1987 ausdrücklich bestätigt und dabei dargelegt, sie könne sich ,,genauestens an das geführte Telefonat erinnern". Dazu hat sie in der Beweisaufnahme bekundet, sie habe den Vermerk nach ihrer Erinnerung ohne fremde dienstliche Hilfe gefertigt. Ergänzend dazu hat Frau Z zwar zunächst erklärt, sie habe nun keine unmittelbare Erinnerung mehr an das Telefongespräch. Die Uhrzeit sei jedoch bei einem Vermerk, der eine mündliche Verhandlung betreffe, von großer Bedeutung. Daher hätte sie, die Zeugin, eine mitgeteilte Verspätung von ca. 20 bis 30 Minuten auch so vermerkt. Dagegen wisse sie, so die Zeugin im weiteren Verlauf der Beweisaufnahme, mit Bestimmtheit, daß - bezogen auf den Termin 12.15 Uhr - von einer Verspätung von 10 Minuten gesprochen worden sei. Der Umfang der möglichen Verspätung werde selbstverständlich festgehalten. Der Zeugin war ferner nicht erinnerlich, daß in dem Gespräch davon die Rede gewesen sei, die Klägerin würde ggf. einen Anwalt bestellen. Da ein solcher Vorgang für finanzgerichtliche Verhältnisse ungewöhnlich sei, könne sie, die Zeugin, sich nicht vorstellen, sich nicht an einen solchen Hinweis erinnern zu können. Für die Richtigkeit der zeitlichen Angaben der Zeugin Z spricht das eigene Vorbringen der Kläger, die Fahrt mit dem Pkw zum Gericht habe wegen eines neuerlichen Schadens unterbrochen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortgesetzt werden müssen. Dadurch war eine weitere, beim Telefonanruf nicht vorhersehbare Verzögerung eingetreten, welche die zusätzliche Verspätung von ca. 25 Minuten erklärbar macht. Daß die Kläger von unterwegs nochmals angerufen haben, haben sie selbst nicht behauptet.

Auch die Aussage der Zeugin A belegt nach Ansicht des erkennenden Senats nicht das Vorbringen der Kläger, die Klägerin habe in dem fraglichen Telefongespräch eine Verspätung von etwa einer halben Stunde angekündigt. Frau A hat zwar bekundet, die Klägerin habe der Dame im FG - gemeint ist die Zeugin Z - gegenüber erklärt, es würde noch etwa 20 bis 30 Minuten dauern, bis das Auto anspringe, und es sei damit zu rechnen, daß sie, die Klägerin, mindestens 30 Minuten brauchen würde. Da die Klägerin selbst vorgetragen hat, sie habe erst angerufen, nachdem eines der Fahrzeuge wieder angesprungen sei, ist die Zeitangabe von ,,mindestens 30 Minuten" als Zeitspanne für die Fahrt vom Büro zum FG zu verstehen. Dies steht zeitlich in Einklang mit dem Vermerk und der Aussage der Zeugin Z, wonach die Klägerin von einer etwa zehnminütigen Verspätung gesprochen habe.

Der erkennende Senat ist bei dieser Sachlage nicht davon überzeugt, daß die Klägerin der zuständigen Geschäftsstelle des FG mitgeteilt hat, eine Verspätung von etwa einer halben Stunde sei nicht ausgeschlossen. Dies geht zu Lasten der Kläger.

Auch die Witterungsverhältnisse am Sitzungstag brauchten den erkennenden Senat des FG, insbesondere im Hinblick auf Zeitangaben der Klägerin, nicht zu veranlassen, über die tatsächliche Wartezeit von 19 Minuten hinaus mit der Eröffnung der mündlichen Verhandlung weiter zu warten. Die Rüge der Kläger, das FG habe das rechtliche Gehör verletzt, kann daher keinen Erfolg haben.

2. Das FG hat die Klage zutreffend als unzulässig abgewiesen.

Nach § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO muß die Klage den ,,Streitgegenstand" bezeichnen. Dazu ist erforderlich, daß dem Gericht das Ziel der Klage, d. h. das Klagebegehren, durch eine ausreichende Bezeichnung des Streitgegenstands erkennbar wird, andernfalls ist die Klage unzulässig (BFH-Beschluß vom 26. November 1979 GrS 1/ 78, BFHE 129, 117, 123, BStBl II 1980, 99). Eine ausreichende Bezeichnung des Streitgegenstands in diesem Sinn erfordert, daß der Kläger substantiiert darlegt, inwieweit der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig sei und ihn in seinen Rechten verletze. Das Gericht muß in die Lage versetzt werden, das Klagebegehren zu ermitteln, um die Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis bestimmen zu können; ihm muß deshalb substantiiert der konkrete Sachverhalt unterbreitet werden, in dessen steuerrechtlicher Würdigung durch den Beklagten der Kläger eine Rechtsverletzung erblickt (BFH in BFHE 129, 117, 124, BStBl II 1980, 99).

Diesen Anforderungen genügt die Klageschrift der Kläger nicht. Sie enthält lediglich die neben der Bezeichnung des Streitgegenstandes erforderliche Angabe des angefochtenen Verwaltungsaktes (§ 65 Abs. 1 Satz 1 FGO), die Erklärung der Anfechtung und die Angabe des beklagten FA. Weitere Angaben zum Streitgegenstand haben die Kläger bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung nicht gemacht.

Unter diesen Umständen kommt es auch nicht mehr darauf an, daß die Kläger in der Begründung der Revision nicht dargelegt haben, welche Unterlagen sie dem FG in der mündlichen Verhandlung vorgelegt hätten - insbesondere welche Steuererklärungen mit welchem Inhalt - und welches erstrebte Ergebnis sie anhand ihrer Unterlagen hätten dartun können.

 

Fundstellen

BFH/NV 1991, 397

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