Leitsatz (amtlich)

Der Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 2 BewG umfaßt nach § 34 Abs. 3 BewG die Gebäude und Gebäudeteile, die den zum Haushalt des Betriebsinhabers gehörenden Familienmitgliedern zu Wohnzwecken dienen, auch dann, wenn diese Familienmitglieder im Betrieb mitarbeiten.

 

Normenkette

BewG 1965 § 34 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3

 

Tatbestand

Das FA (Beklagter und Revisionsbeklagter) hat den Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebs, der damals noch im Eigentum des Klägers und Revisionsklägers und seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 1, stand, durch Bescheid vom 5. Oktober 1970 bei der Hauptfeststellung auf den 1. Januar 1964 auf 23 700 DM festgestellt. Dabei hat es den Wohnungswert mit 6 623 DM angesetzt. Der Einspruch, mit dem sich der Kläger dagegen wandte, daß in die Wohnfläche des Wohnteils auch die auf den im Betrieb mitarbeitenden Familienangehörigen, den damals noch unverheirateten Beteiligten zu 2, entfallende Wohnfläche von 10,80 qm bei der Berechnung des Wohnungswerts angesetzt wurde, hatte keinen Erfolg. Auch die Klage wurde, nachdem das FG die Ehefrau des Klägers, die Beteiligte zu 1, den Sohn des Klägers und dessen Ehefrau, die Beteiligten zu 2 und 3, als die derzeitigen Eigentümer des Betriebs zum Verfahren beigeladen hatte, abgewiesen. Das FG führte im wesentlichen aus: Die am Bewertungsstichtag vom Sohn des Klägers benutzten Räume müßten nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 34 Abs. 3 BewG 1965 im Wohnteil erfaßt werden, weil der Sohn zum Haushalt des Klägers gehört habe. Es sei dabei unerheblich, ob Ausgaben für haushaltsangehörige Familienmitglieder ertragsteuerlich als Betriebsausgaben für ein Arbeitsverhältnis angesehen werden könnten. Da der Wohnteil des Hauses in der Regel nach den Bedürfnissen des Haushalts des Betriebsinhabers gestaltet sei und deswegen auch im Verkehr als Wohnung des Betriebsinhabers verstanden und bewertet werde, würde eine vom Wortlaut abweichende Auslegung des § 34 Abs. 3 BewG 1965 dem Sinn der Teilung zwischen Wohn- und Wirtschaftsteil nicht entsprechen. Sie wäre auch praktisch schwer durchführbar, da sich insbesondere bei der gemeinsamen Benutzung von Räumlichkeiten durch haushaltsangehörige Familienmitglieder sonst schwierige Aufteilungsfragen ergeben würden.

Der Kläger beantragt mit der Revision, unter Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung den angefochtenen Einheitswertbescheid insoweit abzuändern, daß die von den mithelfenden Familienangehörigen benutzte Wohnfläche bei der Berechnung des Wohnungswerts außer Ansatz gelassen wird. Es werden Verstöße gegen § 34 Abs. 3 BewG 1965 und gegen Art. 3 Abs. 1 und Abs. 6 Abs. 1 GG gerügt. Die Revision wird im wesentlichen wie folgt begründet: Die Auslegung des § 34 Abs. 3 BewG 1965 des FG führe dazu, daß man zwischen verheirateten familienfremden Arbeitskräften mit eigenem Hausstand, unverheirateten familienfremden Arbeitskräften im Haushalt des Betriebsinhabers, verheirateten familieneigenen Arbeitskräften mit eigenem Hausstand und verheirateten und unverheirateten familieneigenen Arbeitskräften im Haushalt des Betriebsinhabers unterscheiden müsse. Diese Gegenüberstellung mache deutlich, daß das FG § 34 Abs. 3 BewG 1965 falsch ausgelegt habe. Denn es werde Gleiches ungleich behandelt, und die Auslegung verstoße auch gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Der BFH habe in seiner neueren Rechtsprechung, insbesondere in dem BFH-Urteil VI 85/64 vom 13. Januar 1965 (HFR 1965, 502) die steuerlichen Auswirkungen einer Mitarbeit von Kindern im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb anders gesehen als in der Rechtsprechung aus den fünfziger Jahren. Er habe damit einer Entwicklung Rechnung getragen, die im Endergebnis dem Verfassungsauftrag zum Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG am besten gerecht werde. Man müsse also davon ausgehen, daß jeder, der voll im landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeite, Arbeitnehmer sei, ganz gleich ob er Familienangehöriger sei oder nicht. Deshalb werde dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nur Rechnung getragen, wenn unter den in § 34 Abs. 3 BewG 1965 genannten Familienangehörigen nur diejenigen verstanden würden, die im Haushalt des Betriebsinhabers wohnten und lebten, aber nicht im Betrieb mitarbeiteten.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet.

Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft setzt sich nach § 34 Abs. 1 BewG 1965 aus dem Wirtschaftsteil und dem Wohnteil des Betriebes zusammen. Der Wohnteil umfaßt nach § 34 Abs. 3 BewG 1965 die Gebäude und Gebäudeteile, soweit sie dem Inhaber des Betriebs, den zu seinem Haushalt gehörenden Familienmitgliedern und den Altenteilern zu Wohnzwecken dienen. Dieser Wortlaut des § 34 Abs. 3 BewG 1965 ist eindeutig. Aus ihm geht hervor, daß die Erfassung von Räumlichkeiten, die von Familienangehörigen des Betriebsinhabers benutzt werden, im Wohnteil des Betriebs nur voraussetzt, daß diese Familienangehörigen zum Haushalt des Betriebsinhabers gehören. Es ist nach diesem Wortlaut dagegen unerheblich, ob und in welchem Umfang diese Familienangehörigen im Betrieb mitarbeiten. Deshalb hat es das FG auch mit Recht als nicht entscheidungserheblich angesehen, ob die Mitarbeit ertragsteuerlich als ein Arbeitnehmerverhältnis anerkannt werden kann. Es ist dem FG auch darin zuzustimmen, daß die in § 34 Abs. 3 BewG 1965 enthaltene Regelung bezüglich der von Familienangehörigen benutzten Räume sinnvoll ist. Denn diese Räume sind, auch wenn die Familienangehörigen im Betrieb mitarbeiten, anders zu beurteilen als die von fremden Arbeitskräften genutzten Räumlichkeiten. Ein Unterschied ergibt sich zwangsläufig aus der unter Familienangehörigen bestehenden Haushaltsgemeinschaft. Es liegen also in Wirklichkeit nicht, wie der Kläger behauptet, gleiche Tatbestände vor, die ungleich behandelt würden. Die Vorschrift des § 34 Abs. 3 BewG 1965 verstößt deshalb nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie verstößt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG, weil sie gerade die bei einer Familiengemeinschaft bestehende Sachlage berücksichtigt. Wenn in Abschn. 1.07 Abs. 2 Satz 3 der Bewertungsrichtlinien Landwirtschaft ausgeführt ist, daß die Wohnung von Familienmitgliedern, die im Betrieb als Arbeitnehmer beschäftigt sind und einen eigenen Hausstand haben, zum Wirtschaftsteil, also nicht zum Wohnteil gehöre, so wird damit der Tatsache Rechnung getragen, daß diese Personen aus der Familienhaushaltsgemeinschaft ausgeschieden sind und deswegen nicht mehr unter die Vorschrift des § 34 Abs. 3 BewG 1965 fallen.

Sonstige Einwendungen gegen die Berechnung des Einheitswerts, insbesondere gegen die Berechnung des Wirtschaftsteils, hat der Kläger nicht erhoben. Diese Berechnungen sind auch nach der Aktenlage nicht zu beanstanden. Die Revision war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413333

BStBl II 1972, 848

BFHE 1972, 557

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