Leitsatz (amtlich)

1. Der VI. Senat tritt der Grundsatzentscheidung des IV. Senats des Bundesfinanzhofs IV R 139/67 vom 15. November 1967 (BFH 90, 399, BStBl II 1968, 152) darin bei, daß die vertragliche Gewinnverteilung bei einer GmbH & Co. KG auch steuerlich anzuerkennen sein kann, wenn der GmbH, die auf die Führung der Geschäfte der KG beschränkt ist, auf die Dauer nur ihre Auslagen ersetzt erhält und dem Kapitaleinsatz und dem Haftungsrisiko entsprechend angemessen am Gewinn beteiligt wird. Maßstab der Angemessenheit ist dabei, ob sich auch eine GmbH, deren Gesellschafter nicht zugleich Kommanditisten der KG sind, mit dem gleichen Gewinnanteil zufriedengeben würde.

2. Eine vom Vertrag abweichende steuerliche Gewinnverteilung bei einer GmbH & Co. KG ist nur in Betracht zu ziehen, wenn die gegen die Angemessenheit der Gewinnverteilung sprechenden steuerlichen Bedenken zu einer wesentlich anderen Verteilung führen würden.

 

Normenkette

EStG 1961 §§ 4-5, 15 Nr. 2; KStG 1961 § 6 Abs. 1

 

Tatbestand

Die GmbH, die ein Stammkapital von 20 000 DM hat, ist allein persönlich haftende Gesellschafterin der Steuerpflichtigen, einer GmbH & Co. KG. Die Kapitaleinlage der GmbH beträgt 5 000 DM. Die vier Gesellschafter der GmbH sind zugleich mit Anteilen von zusammen 370 000 DM Kommanditisten der Steuerpflichtigen.

Die Steuerpflichtige hat ihren Gewinn für 1963 nach dem Gesellschaftsvertrag wie folgt verteilt:

Zinsen

Anteil Gewinn- Tätigkeits- Kap. Priv. Gesamt-

v. H. anteil vergütung Kto. Kto. betrag

DM DM DM DM DM

1. A. 45,33 7 468,27 4 800 5 100 9 465,17 26 833,44

2. B. 26,67 4 393,97 4 800 3 000 436,32 12 630,29

3. C. 13,33 2 196,16 1 500 224,40 3 920,56

4. D. 13,33 2 196,16 1 500 223,37 3 472,79

5. GmbH 1,34 220,77 150 651,78 1 022,55

zus.: 100,00 16 475,33 9 600 11 250 10 554,30 47 879,63

Das FA nahm an, die GmbH habe verdeckte Gewinne an ihre Gesellschafter ausgeschüttet. Es erhöhte die Vergütungen für die geschäftsführenden Gesellschafter der GmbH auf insgesamt 24 000 DM und teilte außerdem der GmbH für die Geschäftsführung und die Übernahme des Haftungsrisikos als Komplementärin der Steuerpflichtigen einen Gewinnvorab von 12 000 DM zu.

Nach erfolglosem Einspruch gab das FG der Klage statt. Nach seiner Auffassung sind die Korrekturen des FA an der Gewinnverteilung durch die Geschäftsführung der GmbH und durch deren Haftungsrisiko nicht gerechtfertigt.

In der Revision ist nur noch die Höhe der Vorabvergütung für die GmbH streitig. Das FA beantragt nunmehr, den Gewinnvorab der GmbH für die Geschäftsführung und die Übernahme der unbeschränkten Haftung auf 15 v. H. des Gewinns zu bemessen, der nach dem Abzug der Kapitalverzinsung und der tatsächlich für die Geschäftsführung gezahlten Vergütungen bleibt.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA ist nicht begründet.

1. Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine vertraglich vereinbarte Gewinnverteilung zwischen Gesellschaftern einer Personengesellschaft steuerlich nur dann nicht zu übernehmen, wenn die gegen die Angemessenheit der Gewinnverteilung zu erhebenden steuerlichen Bedenken zu einer wesentlich anderen Verteilung führen müssen (Urteile I 259/60 U vom 31. Januar 1961, BFH 72, 428, BStBl III 1961, 158; IV 162/63 vom 8. Juni 1967, BFH 89, 235, BStBl III 1967, 598). Dieser Grundsatz, der für die Vereinbarungen über die Gewinnverteilung in Familien-Personengesellschaften aufgestellt ist, muß auch für die Beurteilung der Angemessenheit einer Gewinnverteilung bei einer GmbH & Co. KG gelten, bei der die Gesellschafter der GmbH zugleich Gesellschafter der KG sind. Ob eine Gewinnverteilung angemessen ist, hängt von vielen Umständen ab und kann im Einzelfall nur mit Annäherungswerten innerhalb eines Rahmens geschätzt werden. Da jede Schätzung, zumal eine Schätzung von Personen, die außerhalb des Unternehmens stehen, naturgemäß mit vielen Unsicherheiten belastet ist, scheint es angebracht, zunächst von der Schätzung der Beteiligten, wie sie im Vertrag ihren Niederschlag gefunden hat, auszugehen und davon nur abzuweichen, wenn offensichtlich nur sachfremde Erwägungen die Beteiligten bei der vertraglichen Gewinnverteilung geleitet haben können und dadurch erhebliche Verzerrungen einer wirtschaftlich sinnvollen und vertretbaren Gewinnverteilung eintreten würden.

Schon unter diesem Blickwinkel ist die vertragliche Gewinnverteilung der Steuerpflichtigen auch steuerlich anzuerkennen. Die Auswirkungen der anderen Gewinnverteilung durch das FA sind - gesehen auf die Höhe des Gewinns der Steuerpflichtigen - nur gering; denn die Gewinnverlagerung zwischen der GmbH und den Kommanditisten würde nach dem Antrag des FA im Ergebnis nur 2 366 DM, d. h. weniger als 5 v. H. des Gesamtgewinns der Steuerpflichtigen ausmachen.

2. Aber auch sachlich ist die Gewinnverteilung des FA nicht gerechtfertigt.

a) Nach der Grundsatzentscheidung des IV. Senats IV R 139/67 vom 15. November 1967 (BFH 90, 399, BStBl II 1968, 152 - unter B I 5d -) ist die Übernahme der Geschäftsführung durch die GmbH innerhalb einer typisch gestalteten GmbH & Co. KG nicht überzubewerten. Der erkennende Senat tritt dieser Beurteilung bei. Die Geschäftsführung bei der GmbH durch die Kommanditisten der GmbH & Co. KG ist tatsächlich nur eine mehr formale Angelegenheit und darf darum bei einer wirtschaftlichen und nicht nur formalrechtlich orientierten Würdigung des Sachverhalts, wie sie § 1 Abs. 3 StAnpG den Steuergerichten besonders gebietet, nicht überbewertet werden. Auch eine GmbH, deren Anteile in der Hand von Personen liegen, die der KG nicht nahestehen, würde unter ähnlichen Umständen wirtschaftlich für die Übernahme der nur formalen Geschäftsführung bei der KG keine erhebliche Tätigkeitsvergütung erwarten können.

b) Ähnliche Überlegungen gelten für Würdigung der wirtschaftlichen Belastung, die der Komplementär-GmbH handelsrechtlich aus der Inanspruchnahme als unbeschränkt Haftende droht. Wenn auch nach dem formalen handelsrechtlichen Modell die Gläubiger der GmbH & Co. KG die Komplementär-GmbH für die Geschäftsschulden der KG unbeschränkt und unbeschränkbar, die Kommanditisten aber nur beschränkt bis zur Höhe ihrer Kommanditeinlage in Anspruch nehmen können, ist doch - wirtschaftlich betrachtet - unter den gegebenen Verhältnissen des Unternehmens der Steuerpflichtigen das Risiko der GmbH verhältnismäßig eng begrenzt, während die Kommanditisten fast das ganze Unternehmensrisiko tragen. Denn nach den Feststellungen des FG betrug die Hafteinlage (§ 171 HGB) der Kommanditisten im Streitjahr 1963 insgesamt 370 000 DM, während das Haftungsrisiko der GmbH sich auf weniger als 1/10 dieses Betrags belief. Daneben hatten die Kommanditisten im Streitjahr 1963 im Betrieb der Steuerpflichtigen noch Privatguthaben von rd. 200 000 DM. Bei dieser tatsächlichen Risikoverteilung hatte auch ein Fremdkomplementär keinen wesentlich höheren Gewinnvorab für das Haftungsrisiko als die GmbH erwarten können, wie auch im BFH-Urteil IV R 139/67 (a. a. O.) zutreffend dargelegt ist.

 

Fundstellen

BStBl II 1968, 741

BFHE 1968, 130

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