Entscheidungsstichwort (Thema)

Doppelte Haushaltsführung bei Nichtverheirateten

 

Leitsatz (NV)

Das Unterhalten eines eigenen Hausstandes i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG am Mittelpunkt der Lebensinteressen setzt bei einem Nichtverheirateten nicht voraus, daß dort auch während der Abwesenheit des Arbeitnehmers hauswirtschaftliches Leben durch die Anwesenheit von abhängigen Familienangehörigen herrschen muß (vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 1994 VI R 62/90, BFHE 175, 430, BStBl II 1995, 180).

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Angestellter eines Unternehmens in B. Er war für dieses Unternehmen bis 1985 in B und ist seitdem für die Niederlassung in H tätig. In H wohnte der Kläger im Streitjahr 1988 während der Woche in einer im Jahre 1986 erworbenen Eigentumswohnung. Die Wochenenden verbrachte er nahezu immer in W in einem Haus, das er seit 1981 mit seinen Eltern und Geschwistern bewohnt.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1988 machte der Kläger Mehr kosten für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von ... DM geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) berücksichtigte die Fahrtkosten. Er lehnte es ab, Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung anzuerkennen, weil die Eltern keine finanziell abhängigen Angehörigen seien und es sich so darstelle, daß der Kläger im Haushalt seiner Eltern gelebt habe, zu dessen Unterhaltung er lediglich finanziell beigetragen habe.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es hat auf die Beschwerde des Klägers die Revision unter Hinweis auf die zwischenzeitlich geänderte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur doppelten Haushaltsführung bei Nichtverheirateten (Urteil vom 5. Oktober 1994 VI R 62/90, BFHE 175, 430, BStBl II 1995, 180) zugelassen.

Der Kläger rügt mit seiner Revision sinngemäß eine Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz reichen nicht aus, um abschließend zu entscheiden, ob bei dem im Streitjahr 1988 ledigen Kläger die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG erfüllt waren.

Das FG ist bei seiner Entscheidung, ob der ledige Kläger an seinem Lebensmittelpunkt einen eigenen Hausstand i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG unterhalten hat, von den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung ausgegangen. Der Senat hat jedoch in dem nach Erlaß der Vorentscheidung veröffentlichten Urteil in BFHE 175, 430, BStBl II 1995, 180 seine Rechtsprechung zur Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung bei Nichtverheirateten geändert. Nunmehr setzt das Unterhalten eines eigenen Hausstandes i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG am Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht mehr wie bisher voraus, daß dort auch während der Abwesenheit des Arbeitnehmers hauswirtschaftliches Leben durch die Anwesenheit von abhängigen Familienangehörigen herrschen muß. Allerdings erfordert ein "eigener" Hausstand, daß er aus eigenem Recht (z. B. Eigentum, eigener Mietvertrag) genutzt wird. Nichtverheiratete Arbeitnehmer, die nach Beendigung der Schulausbildung weiterhin -- wenn auch gegen Kostenbeteiligung -- ihr Zimmer im elterlichen Haushalt an den Wochenenden bewohnen, unterhalten regelmäßig keinen eigenen Hausstand (BFH-Urteile in BFHE 175, 430, BStBl II 1995, 180, 183, unter Nr. 6 der Entscheidungsgründe; vom 5. Oktober 1994 VI R 34/94, BFH/NV 1995, 501, 502; vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 8. März 1995 IV B 6 -- S 2352 -- 8/95, BStBl I 1995, 168).

Die Vorentscheidung ist von anderen Voraussetzungen ausgegangen und deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die Tatsachen festzustellen haben, die unter Berücksichtigung der in dem Urteil in BFHE 175, 430, BStBl II 1995, 180 aufgestellten Grundsätze für die Annahme einer beruflich veranlaßten doppelten Haushaltsführung bei einem Ledigen entscheidungserheblich sind.

 

Fundstellen

BFH/NV 1996, 122

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