Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbindliche Auskunft und Pensionszusage an Gesellschafter-Geschäftsführer

 

Leitsatz (NV)

1. Die Ablehnung einer verbindlichen Auskunft durch das Finanzamt ist als Verwaltungsakt anzusehen.

2. Eine GmbH kann regelmäßig keine verbindliche Auskunft darüber beanspruchen, ob die Zusage einer Pension als alleiniges Entgelt für die Tätigkeit ihres Gesellschafter-Geschäftsführers eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 118, 204; FGO § 44 Abs. 2; KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2

 

Tatbestand

Der Geschäftsführer der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) war zugleich zu 77,5 v. H. an deren Stammkapital beteiligt. Nach dem Geschäftsführervertrag vom 30. Dezember 1983 erhielt er zunächst ein festes Monatsgehalt in Höhe von 12 000 DM. Daneben gewährte ihm die Klägerin weitere Nebenleistungen, u. a. eine Pensionszusage vom 2. Januar 1984. Danach sollte der Geschäftsführer mit Vollendung des 65. Lebensjahres eine Altersrente von monatlich 2 500 DM erhalten.

Auf Grund einer geänderten Pensionszusage vom 25. Oktober 1987 sollte der Geschäftsführer mit Vollendung des 65. Lebensjahres eine lebenslängliche Altersrente in Höhe von monatlich 4 000 DM beanspruchen können. Ab 1. November 1987 entfiel die Zahlung der bisherigen Gehaltsbezüge, so daß die Pensionszusage das einzige Entgelt für die Geschäftsführertätigkeit darstellte.

Im zeitlichen Zusammenhang mit einer bei der Klägerin durchgeführten steuerlichen Außenprüfung bat diese mit Schreiben vom 18. April 1988 um verbindliche Auskunft, ob der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ein derartiges Wahlrecht bei der Gestaltung von Geschäftsführerbezügen eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers anerkenne und ob insbesondere auf Grund der Zusage vom 25. Oktober 1987 Rückstellungen gebildet werden könnten.

Das FA lehnte die Erteilung einer verbindlichen Auskunft mit Bescheid vom 10. Juni 1988 ab. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies die Oberfinanzdirektion (OFD) mit Beschwerdeentscheidung vom 13. Januar 1989 als unbegründet zurück. Sie führte aus, die begehrte Auskunft ziele auf die Feststellung der Grenzpunkte für das Handeln eines ordentlichen Geschäftsführers ab, das eine nicht zusagefähige Gestaltungsmaßnahme darstelle. Das Auskunftsersuchen reduziere sich nicht lediglich auf die Frage, ob für die geänderte Pensionszusage weiterhin gewinnmindernde Zuführungen zur Pensionsrückstellung zulässig seien; die Anfrage habe vielmehr die rechtlich schwierige Abgrenzung zwischen betrieblich veranlaßtem Rückstellungsaufwand und auf gesellschaftlicher Veranlassung beruhenden verdeckten Gewinnausschüttungen zum Inhalt. Für derart abzugrenzende Rechtsbeziehungen zwischen beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer und seiner Kapitalgesellschaft könne eine verbindliche Auskunft nicht erteilt werden.

Auf die Klage hob das Finanzgericht (FG) die Beschwerdeentscheidung der OFD auf und verwies die Sache zur Entscheidung an das FA zurück.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung des § 348 Abs. 1 Nr. 6 der Abgabenordnung (AO 1977) und des § 44 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet; gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO war die Klage abzuweisen.

1. Nach den Feststellungen des FG bat die Klägerin ,,im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten steuerlichen Außenprüfung" um eine verbindliche Auskunft. Nach Auffassung des erkennenden Senats wollte das FG damit nicht zum Ausdruck bringen, die Klägerin erstrebe eine verbindliche Zusage nach § 204 AO 1977, die insbesondere einen für die Vergangenheit (durch eine Außenprüfung) geprüften und im Prüfungsbericht dargestellten Sachverhalt voraussetzt. Der streitige Sachverhalt, weswegen die Klägerin eine Zusage begehrt, konnte noch nicht Gegenstand einer Außenprüfung gewesen sein, da die maßgeblichen Gestaltungsakte am 25. Oktober/1. November 1987 vereinbart und das Auskunftsersuchen am 18. April 1988 an das FA gerichtet wurde. Überdies hätte sich das FG ansonsten mit den Tatbestandsvoraussetzungen des § 204 AO 1977 auseinandergesetzt.

2. Das FA und die OFD in der Beschwerdeentscheidung haben es zu Recht abgelehnt, der Klägerin eine verbindliche Auskunft über die steuerrechtliche Beurteilung der ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagten Pension zu erteilen.

a) Die Ablehnung einer solchen Auskunft ist als Verwaltungsakt anzusehen (BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 I R 66/84, BFH/NV 1988, 319; Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, § 118 AO 1977 Tz. 5). Sie enthält die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Regelung (§ 118 AO 1977), daß der Klägerin kein Anspruch auf verbindliche Auskunft zusteht.

b) Es bedarf keiner näheren Erörterung, ob im Streitfall anstatt durch Beschwerdeentscheidung der OFD durch Einspruchsentscheidung des FA über den von der Klägerin eingelegten außergerichtlichen Rechtsbehelf (vgl. § 357 Abs. 1 Satz 4 AO 1977) hätte entschieden werden müssen. In keinem Fall kann davon die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Klage gemäß § 44 FGO von einer unzutreffenden Behandlung des vorgreiflichen außergerichtlichen Rechtsbehelfs durch die Finanzbehörden abhängen (vgl. BFH-Urteile vom 18. März 1970 I R 176/69, BFHE 99, 14, BStBl II 1970, 556; vom 18. Juni 1986 II R 38/84, BFHE 146, 519, BStBl II 1986, 704, und vom 20. Mai 1987 II R 44/84, BFHE 150, 4, BStBl II 1988, 229).

c) Zu Unrecht hat das FG (isoliert) die Beschwerdeentscheidung der OFD aufgehoben. Die Klägerin hat einen solchen Antrag nicht gestellt. Es kann dafür ebenfalls dahinstehen, ob über die Ablehnung verbindlicher Auskünfte im Beschwerde- oder Einspruchsverfahren zu entscheiden ist.

Ausweislich des Tatbestandes des finanzgerichtlichen Urteils hat die Klägerin beantragt, die Beschwerdeentscheidung und den Ablehnungsbescheid aufzuheben (und die Finanzbehörde zu der begehrten verbindlichen Auskunft zu verpflichten). Daraus folgt, daß sich die Klägerin gemäß § 44 Abs. 2 FGO gegen den Ablehnungsbescheid in Gestalt der Beschwerdeentscheidung wendet. In diesem Fall darf sich das FG nicht auf die Aufhebung der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf beschränken (vgl. BFH-Urteile vom 23. April 1985 VIII R 282/81, BFHE 144, 326, BStBl II 1985, 711; vom 17. Juli 1985 II R 228/82, BFHE 144, 155, BStBl II 1985, 675, und vom 19. Juli 1984 IV R 207/83, BFHE 142, 42, BStBl II 1985, 6, 8, a. E.).

Ein Antrag auf Aufhebung der Beschwerdeentscheidung ist auch nicht hilfsweise im erhobenen Klagantrag enthalten, denn er führte in der Sache nicht weiter: Selbst bei nochmaliger Entscheidung der Finanzbehörde im Einspruchsverfahren anstatt im Beschwerdeverfahren könnte es auf Grund der Rechtskraft finanzgerichtlicher Sachentscheidungen (§ 110 FGO) zu keiner anderen Entscheidung der Rechtsbehelfsbehörde in der Sache kommen (vgl. Gräber/von Groll, a. a. O., § 110 Rdnr. 19). Vorgreiflich für diesen Hilfsantrag wäre nämlich eine ablehnende Sachentscheidung über den Hauptantrag (Erteilung einer verbindlichen Auskunft). An sie wäre das FA gemäß § 110 FGO gebunden und müßte deshalb den Einspruch als unbegründet zurückweisen. Obwohl die Beschwerdeentscheidung von der OFD erlassen wurde, wäre gebundener Beteiligter i. S. des § 110 FGO das beklagte FA (§ 57 Abs. 1 Nr. 2, § 63 Abs. 2 Nr. 2 FGO), das auch in einem evtl. Einspruchsverfahren zu entscheiden hätte.

d) Die Klägerin hat keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der begehrten verbindlichen Auskunft, da diese im Ermessen der Finanzbehörde steht und weder eine Ermessensbindung (s. nachfolgend aa), noch eine Ermessensreduzierung dahin eingetreten ist, daß sich die Erteilung der begehrten Auskunft als die einzig richtige Entscheidung erwiese (s. nachfolgend bb). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind die Finanzbehörden auch zu verbindlichen Zusagen (außerhalb der §§ 204 ff. AO 1977) ermächtigt (vgl. z. B. BFH-Urteile vom 4. August 1961 VI 269/60 S, BFHE 73, 813, BStBl III 1961, 562, und vom 13. Dezember 1989 X R 208/87, BFHE 159, 114, BStBl II 1990, 274; Tipke/Kruse, a. a. O., vor § 204 AO 1977 Tz. 7), wobei deren Erteilung im Ermessen der Finanzbehörden steht.

aa) Aus dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 24. Juni 1987 IV A 5 - S 0430 - 9/87 (BStBl I 1987, 474) folgt keine Bindung des FA, die von der Klägerin begehrte verbindliche Auskunft zu erteilen. Nach dieser Verwaltungsanweisung werden verbindliche Auskünfte nicht erteilt ,,in Angelegenheiten, bei denen die Erzielung eines Steuervorteils im Vordergrund steht (z. B. Prüfung von Steuersparmodellen, Feststellungen der Grenzpunkte für einen Gestaltungsmißbrauch oder für das Handeln eines ordentlichen Geschäftsleiters)". Auf Grund der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist aber die Rechtsfrage, ob es eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 bzw. (bei Pensionszahlung) eine andere Ausschüttung i. S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 darstellt, wenn einem Gesellschafter eine Pensionszusage anstelle laufender Bezüge von der Gesellschaft erteilt wird, insbesondere nach dem Handeln eines ordentlichen Geschäftsleiters zu beurteilen (BFH-Urteile vom 21. Februar 1974 I R 160/71, BFHE 111, 506, BStBl II 1974, 363, und vom 28. Oktober 1987 I R 22/84, BFH/NV 1989, 131). Das Handeln des ordentlichen Geschäftsleiters ist in gleicher Weise Maßstab dafür, ob die erteilte Pensionszusage der Höhe nach angemessen ist.

bb) Gründe für eine Ermessensreduzierung sind weder ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen. Sie können nicht darin liegen, daß die von der Klägerin vorgelegte Rechtsfrage für künftige Steuerfestsetzungen erheblich ist. Es entspricht der Funktion des Steuerfestsetzungsverfahrens, daß dafür erhebliche Rechtsfragen regelmäßig in diesem Verfahren entschieden werden. Ein existentielles wirtschaftliches Interesse der Klägerin, das möglicherweise einen Anspruch auf Auskunft begründen könnte, ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 418231

BFH/NV 1992, 562

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