Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Vater eines unehelichen Kindes kann wegen seiner Unterhaltsaufwendungen für das Kind den Freibetrag nach § 33 a Abs. 1 Satz 1 EStG 1958 beanspruchen. Der Freibetrag ist nicht deshalb zu kürzen, weil die Mutter des Kindes einen Kinderfreibetrag erhält.

Eigene Unterhaltsaufwendungen der Mutter führen in der Regel auch nicht nach § 33 a Abs. 1 Satz 3 EStG 1958 zu einer Kürzung des Freibetrags, der dem Vater zusteht.

 

Normenkette

EStG § 33a/1; LStDV § 25a/1

 

Tatbestand

Streitig ist, in welcher Höhe die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für den Unterhalt seines am 13. Juni 1955 geborenen unehelichen Kindes gemäß § 25 a LStDV 1959 als außergewöhnliche Belastung bei seiner Lohnsteuer im Jahre 1960 zu berücksichtigen sind. Das Finanzamt hat dem Bg. für seine Aufwendungen von 864 DM zunächst einen Lohnsteuerfreibetrag von 450 DM bewilligt und diesen auf seinen Einspruch hin auf 461 DM erhöht. Es nahm an, daß die gesamten Unterhaltskosten 1.680 DM betrugen, von denen etwa die Hälfte die Mutter aufgebracht habe.

Die Berufung führte zur Festsetzung des vom Steuerpflichtigen beantragten Lohnsteuerfreibetrags von 864 DM. Das Finanzgericht nahm an, daß § 25 a LStDV 1959 ebenso wie § 33 a EStG 1960 nur Personen betreffe, die keinen Kinderfreibetrag für die unterstützte Person erhielten. Da die Mutter des Kindes für dieses einen Freibetrag nach § 32 Abs. 2 Ziff. 3 Buchst. e EStG 1960 erhalte, gehöre sie nicht zu diesem Kreis. Da die vom Bg. gezahlten Unterhaltskosten, zu deren Tragung er gerichtlich verurteilt sei, unter dem gesetzlich zulässigen Höchstbetrag lägen, seien sie in voller Höhe bei der Lohnsteuer als Freibetrag zu berücksichtigen.

Das Finanzamt stützt seine Rb. in erster Linie auf den letzten Satz des § 25 a Abs. 1 LStDV 1959, der bestimmt, daß in Fällen der Unterhaltsgewährung durch mehrere Personen bei jeder von ihnen nur der ihrem Anteil an den Gesamtleistungen entsprechende Teil von 900 DM als steuerfrei berücksichtigt werden dürfe. Da die Mutter auch zum Unterhalt beitrage, sei eine solche Aufteilung erforderlich. Das werde durch einen mit Zustimmung des Bundesministers der Finanzen ergangenen Erlaß der Finanzbehörde Hamburg ausdrücklich angeordnet. Die Mutter des Kindes könne zwar wegen ihrer Unterhaltsleistungen keinen Freibetrag nach § 33 a EStG (ß 25 a LStDV) beanspruchen, da sie Kinderermäßigung nach § 32 Abs. 2 Ziff. 3 Buchst. e EStG erhalte. Da sie aber auch zum Unterhalt des Kindes beitrage, könne nach dem Wortlaut des § 25 a Abs. 1 letzter Satz LStDV dem Steuerpflichtigen nur ein seinen Leistungen entsprechender Teilbetrag von 900 DM als Freibetrag zugestanden werden. Das entspreche auch dem Sinn des § 25 a LStDV. Da § 25 a LStDV (ß 33 a EStG) ebenso wie § 32 EStG eine Tarifvorschrift sei, sei ohne Bedeutung, daß die Mutter keinen Freibetrag nach § 25 a LStDV, sondern Kinderermäßigung nach § 32 EStG erhalte. Aber selbst wenn man der Auffassung des Finanzgerichts folge, dürften die Unterhaltsleistungen der Mutter nicht außer Betracht bleiben; denn diese hätten dann als Bezüge des Kindes den pauschalen Höchstbetrag von 900 DM gemindert, soweit sie höher gewesen seien als 480 DM. Daß der Steuerpflichtige nach § 1708 BGB verpflichtet sei, den gesamten Unterhalt seines unehelichen Kindes zu tragen, stehe dem nicht entgegen; denn daraus könne nicht gefolgert werden, daß seine Unterhaltszahlungen allein ausreichen. Es komme vielmehr darauf an, ob die Mutter tatsächlich neben dem Steuerpflichtigen Unterhaltskosten getragen habe. Das Finanzgericht hätte infolgedessen zur Höhe der vom Finanzamt auf insgesamt 1.680 DM geschätzten Unterhaltskosten und zur Höhe der Unterhaltsleistungen der Mutter Stellung nehmen müssen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. kann keinen Erfolg haben.

Nach § 25 a Abs. 1 letzter Satz LStDV 1959 kann höchstens ein Betrag von 900 DM als Lohnsteuerfreibetrag demjenigen zugebilligt werden, der durch Unterhaltszahlungen belastet ist. Dieser Höchstbetrag muß gekürzt werden, wenn neben dem Steuerpflichtigen noch andere für den Unterhalt der gleichen Person aufkommen. Daß eine solche Kürzung bei dem Vater eines unehelichen Kindes eintreten müsse, wenn die Mutter des Kindes gleichfalls zum Unterhalt beiträgt, wird z. B. von den Finanzgerichten Nürnberg und Düsseldorf angenommen (Entscheidungen der Finanzgerichte 1957 S. 349 und 1959 S. 62). Auch einige Oberfinanzdirektionen haben sich dieser Auffassung angeschlossen (Lohnsteuer-Kartei der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf, Köln und Münster Nr. 6 zu § 25 a LStDV). Daß die Mutter für ihr Kind keinen Freibetrag nach § 25 a Abs. 1 LStDV erhält, sondern einen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 2 EStG, wird bei dieser Beurteilung nicht beachtet. Diesem Umstand kommt jedoch entscheidende Bedeutung zu. Aufbau und Wortlaut des § 25 a Abs. 1 LStDV sprechen dafür, daß die Kürzung nach dem letzten Satz dieser Vorschrift nur eintritt, wenn alle zum Unterhalt beitragenden Steuerpflichtigen eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung erhalten. Diese Auslegung, die auch der Vorentscheidung zugrunde liegt, wird bestätigt durch die Begründung der Bundesregierung zu der seit 1955 geltenden Regelung in § 33 a EStG, in der es unter anderem heißt: "Bei einer Unterhaltsgewährung durch mehrere Personen kann kein höherer Betrag der Unterhaltsleistungen anerkannt werden als bei der Unterhaltsgewährung durch eine Einzelperson. In diesem Fall ist daher eine Verteilung des Gesamtbetrags der anzuerkennenden Aufwendungen auf die verschiedenen Unterhaltsträger vorzunehmen. ..." (Begründung zum Gesetz zur Neuordnung von Steuern, Deutscher Bundestag, 2. Wahlperiode 1953, Drucksache 481 zu § 33 a Abs. 1 EStG). Die in § 33 a Abs. 1 letzter Satz EStG 1960 (ß 25 a Abs. 1 letzter Satz LStDV 1959) vorgesehene Kürzung des im Höchstfall zulässigen Freibetrags von 900 DM ist deshalb nur möglich, wenn mehrere Steuerpflichtige die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach dieser Vorschrift erfüllen. Erhält einer von ihnen einen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 2 EStG, so rechtfertigt dies nicht eine Kürzung der Freibeträge der anderen Unterhalt leistenden Steuerpflichtigen nach § 25 a Abs. 1 letzter Satz LStDV. Ein Kinderfreibetrag soll zwar grundsätzlich die Unterhaltsaufwendungen für ein Kind berücksichtigen. Im geltenden Einkommensteuerrecht kann aber ein Kinderfreibetrag nicht mit dem Freibetrag nach § 33 a EStG (ß 25 a LStDV) gleichgesetzt werden, weil der Kinderfreibetrag ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Aufwendungen nach der Kinderzahl gestaffelt und in verschiedener Höhe gewährt wird, und zwar auch den Steuerpflichtigen, die für das Kind keine Aufwendungen machen, z. B. den leiblichen Eltern, deren eheliches Kind von anderen adoptiert wurde (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 263/51 U vom 31. Oktober 1951, BStBl 1951 III S. 226, Slg. Bd. 55 S. 556).

Eine andere Frage ist, ob eigene Aufwendungen der Mutter nicht nach dem für 1960 noch geltenden Satz 3 des § 33 a Abs. 1 EStG 1958 (ß 25 a Abs. 1 Satz 3 LStDV 1959) eine Minderung des für den Bg. in Betracht kommenden Freibetrags zur Folge haben. Der im Streitjahr höchstens abzugsfähige Betrag von 900 DM ist nach diesen Vorschriften zu kürzen, wenn das Kind eigene Einkünfte oder Bezüge von mehr als 480 DM hatte, und zwar um den Betrag, um den diese Zuflüsse höher waren als 480 DM. In den Urteilen des Bundesfinanzhofs VI 206/56 U vom 22. März 1957 (BStBl 1957 III S. 228, Slg. Bd. 64 S. 609) und VI 207/57 U vom 31. Januar 1958 (BStBl 1958 III S. 108, Slg. Bd. 66 S. 277) wurde zwar ausgeführt, daß unter Einkünften oder Bezügen des Unterstützten nicht nur "Einkünfte" gemäß § 2 EStG zu verstehen sind, sondern alles, was zur Bestreitung seines Unterhalts bestimmt und geeignet ist. Bei den Unterhaltszahlungen eines Steuerpflichtigen für sein uneheliches Kind können die Zuwendungen der Mutter, in deren Haushalt das Kind lebt, nicht als Einkünfte oder Bezüge des Kindes angesehen werden. Der Vater des Kindes ist nach § 1708 BGB verpflichtet, dem Kind bis zur Vollendung des 16. Lebensjahrs den vollen Unterhalt zu gewähren. Die Aufwendungen der Mutter für das Kind werden daher in der Regel von ihr mit den Mitteln bestritten, die der Vater bereitgestellt hat. Sofern der Vater seiner Unterhaltspflicht nachkommt, ist daher kaum festzustellen, ob die Mutter Aufwendungen auch aus eigenen Mitteln leistet. Eine solche Feststellung könnte jedenfalls nur durch Eindringen des Finanzamts in den privaten Lebensbereich der Steuerpflichtigen getroffen werden, was aber mit den modernen Anschauungen über das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern kaum zu vereinbaren ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VI 91/57 U vom 14. November 1958, BStBl 1959 III S. 47, Slg. Bd. 68 S. 122), zumal es sich im allgemeinen nur um verhältnismäßig geringe Steuern handelt. Es ist auch nicht vertretbar, kleine Steuerermäßigungen, die für die oft wirtschaftlich schwachen Unterhaltspflichtigen Bedeutung haben, durch kleinliche Ermittlungen um verhältnismäßig geringe Beträge zu kürzen. Unter diesen Umständen ist anzunehmen, daß etwaige Zuwendungen der Mutter sich aus der ihr nach § 1707 BGB obliegenden Sorgepflicht ergeben und im allgemeinen nicht als Einkünfte oder Bezüge des Kindes im Sinn des Satzes 3 von § 33 a Abs. 1 EStG 1958 (ß 25 a Abs. 1 Satz 3 LStDV 1959) zu werten sind. Im Streitfall liegen in dieser Hinsicht keine Besonderheiten vor. Es ist daher der Vorentscheidung beizutreten, daß die Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die unter 900 DM bleiben, in voller Höhe als Freibetrag nach § 25 a Abs. 1 LStDV 1959 zu berücksichtigen sind.

 

Fundstellen

BStBl III 1961, 437

BFHE 1962, 468

BFHE 73, 468

StRK, EStG:33a R 27

NJW 1961, 2184

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