Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Erwirbt ein Ehegatte, der in allgemeiner Gütergemeinschaft lebt, ein Grundstück, so ist nur dieser Ehegatte Steuerschuldner.

Der Erwerbsvorgang, durch den der andere Ehegatte nur wegen des bestehenden Güterstandes das Grundstück kraft Gesetzes, also ohne besondere rechtsgeschäftliche übertragung, zur gesamten Hand erwirbt, ist nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 3 Ziff. 4 bis 7 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Ziff. 3; BGB § 1416 Abs. 1-2

 

Tatbestand

Die Bgin. lebt mit ihrem Ehemann, einem Landwirt, in allgemeiner Gütergemeinschaft. Ihr Mann, der allein als Käufer auftrat, erwarb durch notariellen Vertrag zwei Ackergrundstücke von zusammen 36,08 a zum Preise von 1.500 DM. Die Grundstücke wurden auf ihn aufgelassen. Das Landwirtschaftsamt genehmigte die Veräußerung und bezeichnete in dem Genehmigungsschreiben den Ehemann der Bgin. als Erwerber. In der dem Finanzamt von dem Bezirksnotar zugesandten Veräußerungsanzeige ist in Maschinenschrift der Ehemann der Bgin. als Erwerber angegeben und in Tintenschrift hinzugesetzt: "u. Maria geb. B". Dieser Zusatz stammt anscheinend von einem Bediensteten des Finanzamts, denn die Schrift ist die gleiche wie auf dem Aktendeckel und einem späteren Beglaubigungsvermerk. Der Ehemann der Bgin. hat auf Grund des baden-württembergischen Gesetzes über Erleichterungen bei der Grunderwerbsteuer für den Erwerb von Grundstücken zur Verbesserung der inneren Verkehrslage land- und forstwirtschaftlicher Betriebe vom 6. Februar 1956 (Gesetzblatt - GBl - für Baden-Württemberg 1956 S. 8, BStBl 1956 II S. 46) in der Fassung des änderungsgesetzes vom 21. Juli 1958 (GBl für Baden-Württemberg 1958 S. 190, BStBl 1958 II S. 169) Steuerfreiheit beantragt und erhalten. Das Finanzamt nahm einen Grundstückserwerb gemäß § 1 Abs. 1 Ziff. 1 GrEStG der Bgin. zur Hälfte an, versagte ihr aber mit der Begründung, daß sie nicht Landwirtin, sondern Posthalterin im Hauptberuf sei, die Freistellung von der Grunderwerbsteuer. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die Berufung der Bgin. hob das Finanzgericht den Steuerbescheid ersatzlos auf und stellte die Bgin. von der Steuer frei. Anfragen in der Vorinstanz an den Notar und das Postamt ergaben, daß der Erwerb nach Ansicht des Notars kraft Gesetzes zum Gesamtgut erfolgt sei und daß die Bgin. als Beamtin in ständiger Tätigkeit für die Bundespost täglich durchschnittlich vier Stunden beschäftigt sei. Auf die Bitte des Finanzgerichts um Stellungnahme vertrat das Finanzministerium die Ansicht, daß der Gesetzgeber den Grundstückserwerb durch Personen, die nicht selbst Landwirte seien, nicht begünstigen wolle; das dürfte auch im Falle des gemeinsamen Erwerbs durch Ehegatten gelten. Die Vorinstanz führte in ihrem in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" 1961 S. 261 veröffentlichten Urteil aus, daß nach Sinn und Zweck des Gesetzes, dessen Fassung erkennen lasse, daß Ehegatten als Einheit zu behandeln seien, die Ehefrau eines hauptberuflichen Landwirts diesem gleichzustellen sei; dies gelte nicht nur, wenn sie ausschließlich im Haushalt, sondern auch dann, wenn sie in anderer Weise, etwa bei der Bundespost oder im Gastwirtschaftsbetrieb des Ehemannes tätig sei.

 

Entscheidungsgründe

Die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassene Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist nicht begründet.

Die Vorinstanzen sind, ohne dies näher zu begründen, davon ausgegangen, daß durch den notariellen Vertrag die Eheleute, nicht der Ehemann der Bgin. allein, die Grundstücke erworben haben. Der Reichsfinanzhofs hat im Urteil II A 223/33 vom 27. September 1933 (RStBl 1934 S. 830, Mrozek-Kartei, Grunderwerbsteuergesetz § 9, Rechtsspruch 4) ausgesprochen, daß die Besonderheit der allgemeinen Gütergemeinschaft es mit sich bringe, daß, mag auch äußerlich die Ehefrau oder der Ehemann allein als der erwerbende Teil auftreten, doch in jedem Falle der andere Ehegatte zur gesamten Hand miterwerbe. Ehemann oder Ehefrau würden also als verdeckte Stellvertreter für den anderen Ehegatten mit handeln. Hieraus folge, daß es bedeutungslos sei, welcher Ehegatte äußerlich als Erwerber auftrete; Erwerber im Rechtssinne seien immer beide Ehegatten gemeinsam. Dieser Rechtsauffassung, die abweichend vom bürgerlichen Recht bei bestehender allgemeiner Gütergemeinschaft stets beide Ehegatten für die Erwerber hält, kann nicht gefolgt werden. Das Grunderwerbsteuerrecht knüpft, von Ausnahmefällen abgesehen, wie das gesamte Verkehrsteuerrecht den Steuergegenstand an bestimmte Rechtsgeschäfte des bürgerlichen Rechts an. Wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung 1 BvR 845/58 vom 24. Januar 1962 (BStBl 1962 I S. 500, 502, Abschn. III Nr. 3 der Gründe) ausgeführt hat, ist nicht nur im Interesse der Klarheit und Einheit, sondern vor allem im Interesse der inneren Autorität der Rechtsordnung die Entsprechung von Privat- und Steuerrecht zu wahren, also die Ordnungsstruktur des Zivilrechts zu achten. Nach bürgerlichem Recht kann ein Ehemann, der mit seiner Frau in allgemeiner Gütergemeinschaft lebt, unter seinem Namen selbständig für das Gesamtgut handeln. Maßgebend ist die Vorschrift des § 1416 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hiernach gehört auch zu dem Gesamtgut das Vermögen, das der Mann oder die Frau während der Gütergemeinschaft erwirbt. Ein derartiger Erwerb des Mannes oder der Frau allein ist mit Rücksicht auf § 1416 Abs. 2 BGB nur denkbar, wenn man mit der herrschenden Meinung davon ausgeht, daß zunächst ein Durchgangserwerb eintritt. Der Erwerb vollzieht sich dann zunächst in der Person des einen Ehegatten, aber das Eigentum wandelt sich in dem Augenblick, in dem es für diesen entsteht, unmittelbar kraft Gesetzes in gütergemeinschaftliches Gesamteigentum um (so Beschlüsse des Reichsgerichts Beschw.-Rep. V. 12/13 vom 21. Januar 1914, Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen - RGZ - Bd. 84 S. 71, 74; Beschw.-Rep. V. 1/14 vom 24. Januar 1914, RGZ Bd. 84 S. 326, 327, und Urteil des Reichsgerichts Rep. VI. 77/17 vom 24. Mai 1917, RGZ Bd. 90 S. 288, 289, Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts BReg 2 Z 185/53 vom 5. Februar 1954, Monatsschrift für Deutsches Recht 1954 S. 306; Palandt, Kommentar zum BGB, 21. Aufl., 1962, § 1416 Anm. 3; Kommentar von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern zum BGB - BGB-RGRK - 10./11. Aufl., § 1416 Anm. 6; Staudinger-Engelmann, 9. Aufl., 1926, § 1438, Anm. 3, § 1519 Anm. 3; Martin Wolff in Enneccerus-Kipp-Wolff, 18. - 20. Aufl., 1928, S. 235; a. A. Beitzke, Familienrecht, 10. Aufl., 1962, S. 91 unten). Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der eine Ehegatte stets als Vertreter des Gesamtguts oder des anderen Ehegatten handeln würde. Aus der Gütergemeinschaft folgt jedoch keine derartige Vertretereigenschaft (vgl. Palandt, a. a. O., § 1416 Anm. 1; BGB-RGRK § 1416 Anm. 6). Hiernach ist bei in allgemeiner Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten nur derjenige von beiden Steuerschuldner, der den Kaufvertrag abgeschlossen hat. Nur dann, wenn beide Ehegatten als Vertragsteile gemeinsam an dem Erwerbsvorgang beteiligt sind, können sie, der Zivilrechtsordnung entsprechend, auch beide grunderwerbsteuerlich als Steuerschuldner in Anspruch genommen werden (vgl. auch Boruttau-Klein, Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz, 6. Aufl., 1960, § 3 Tz. 14 am Ende).

Eine andere Frage ist, ob der gesetzliche Eigentumsübergang an dem Grundstück von dem erwerbenden auf den anderen Ehegatten nach § 1416 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB Grunderwerbsteuerpflicht auslöst. Grundsätzlich schließt der Eigentumsübergang kraft Gesetzes nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 GrEStG die Steuerpflicht nicht aus. Wegen des Eingreifens von Befreiungsvorschriften sind allerdings die nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 GrEStG steuerpflichtigen übergänge kraft Gesetzes, soweit die allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts in Betracht kommen, äußerst selten. Für den Erwerb des Ehegatten, der das Eigentum an einem Grundstück nicht rechtsgeschäftlich, sondern kraft Gesetzes erworben hat, ist im GrEStG allerdings keine Ausnahme von der Besteuerung vorgesehen. Ausgenommen sind nach § 3 Ziff. 4 GrEStG nur der Grundstückserwerb durch einen Ehegatten bei Begründung der ehelichen Gütergemeinschaft und nach § 3 Ziff. 5 Satz 1 GrEStG der Erwerb eines zum Gesamtgut gehörigen Grundstücks durch Teilnehmer an einer ehelichen oder fortgesetzten Gütergemeinschaft zur Teilung des Gesamtguts. Hierbei stehen allerdings Ehegatten von Teilnehmern diesen gleich, wenn sie auf Grund bestehenden Güterstandes das Grundstück ohne besondere rechtsgeschäftliche übertragung zur gesamten Hand erwerben. Eine gleiche Regelung für den nicht unmittelbar, sondern nur kraft Güterrechts beteiligten Ehegatten am Grundstückserwerb bringen die Vorschriften des § 3 Ziff. 6 Satz 3 und Ziff. 7 Satz 2 GrEStG. Diese Bestimmungen des GrEStG lassen, wenn sie die streitige Frage auch nicht ausdrücklich entscheiden, doch keinen Zweifel, daß für das GrEStG bei bestehender allgemeiner Gütergemeinschaft der Erwerber kraft Gesetzes durch den Ehegatten, der nicht rechtsgeschäftlich erworben hat, nicht als ein unter § 1 GrEStG fallender Erwerbsvorgang an dem zum Gesamtgut werdenden Grundstück angesehen werden soll. Diese Vorschriften tragen dem Umstand Rechnung, daß das Ehegüterrecht Vermögensrecht ist. Es regelt nur die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten und hat grundsätzlich mit dem Erwerbstatbestand als solchen nichts zu tun, setzt diesen Erwerb vielmehr voraus und bestimmt lediglich das güterrechtliche Schicksal des (in der Person eines oder beider Ehegatten vollzogenen) Erwerbs (so zutreffend: Meßmer, Deutsche Steuer-Rundschau 1958 S. 241 Abschn. I). Hat der Gesetzgeber dieser Wirkung des ehelichen Güterrechts sowohl bei der Begründung als auch bei der Auflösung der ehelichen (oder fortgesetzten) Gütergemeinschaft Rechnung getragen und hat er hierauf für den Fall der Teilung und den Erwerb durch Verwandte gerader Linie auch auf den Ehegatten eines Teilnehmers oder Verwandten Rücksicht genommen, wenn dieser Ehegatte das Grundstück auf Grund bestehenden Güterstandes ohne besondere rechtsgeschäftliche übertragung zur gesamten Hand erwirbt, so kann für den Ehegatten, der aus Anlaß des rechtsgeschäftlichen Erwerbs des anderen Ehegatten nur wegen des bestehenden Güterstands das Grundstück ohne besondere rechtsgeschäftliche übertragung zur gesamten Hand erwirbt, nichts anderes gelten. Auch dieser Erwerbsvorgang ist somit nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 3 Ziff. 4 bis 7 GrEStG von der Besteuerung ausgenommen.

Im Streitfall hat der Ehemann der Bgin. zunächst das ganze Grundstück erworben; zur ideellen Hälfte handelt es sich dabei zwar nur um einen Durchgangserwerb. Dieser Durchgangserwerb ist aber bürgerlich-rechtlich wirksam und daher grunderwerbsteuerrechtlich zu beachten. Auf Grund des Kaufvertrages vom 19. Februar 1960 konnte daher von der Bgin., die nicht als Vertragsteil an diesem Erwerbsvorgang beteiligt war, keine Grunderwerbsteuer gefordert werden, denn sie ist nicht Steuerschuldnerin (ß 15 Ziff. 1 GrEStG). Es kann dahingestellt bleiben, ob der Steuerbescheid vom 4. Mai 1960 als Steueranforderung für den später erfolgten Erwerb der Bgin. kraft Gesetzes umgedeutet werden kann, denn dieser Erwerb wäre nach den oben aufgestellten Rechtsgrundsätzen steuerfrei.

Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist demgemäß als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

BStBl III 1962, 394

BFHE 1963, 351

BFHE 75, 351

StRK, GrEStG:1 R 93

NJW 1962, 2127

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