Leitsatz (amtlich)

Bei einem Billigkeitserlaß nach § 131 LAG sind bei der Ermittlung des dem HGA-Schuldner für seine Lebensführung verbleibenden Betrages außer den Beiträgen für Krankenversicherung und Sozialversicherung auch Beiträge für eine Lebensversicherung abzugsfähig, wenn es sich um eine Lebensversicherung auf Rentenbasis handelt.

 

Normenkette

LAG § 131; VAO 1959 zu § 131 LAG, Tz. 55

 

Tatbestand

In der Revision wendet sich die OFD (= Revisionsklägerin) gegen die Berücksichtigung von Beiträgen zur Lebensversicherung bei der Ermittlung des für eine bescheidene Lebensführung unerläßlichen Betrages nach § 131 LAG und der dazu ergangenen Verwaltungsanordnung vom 25. Mai 1962 - VAO 1959 - (BStBl I 1962, 834). Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der im Jahre 1964 verstorbene Ehemann bzw. Vater der Klägerinnen war Eigentümer eines Einfamilienhauses, das mit HGA belastet war. Einige Räume des Hauses dienten der zahnärztlichen Praxis. Am 23. April 1962 stellte der Bevollmächtigte des Erblassers den Antrag, diesem wegen wirtschaftlicher Bedrängnis die HGA für den Erlaßzeitraum 1959 bis 1961 nach § 131 LAG zu erlassen. Das FA lehnte den Antrag ab, da nach seiner Berechnung die zur Verfügung stehenden Beträge das Existenzminimum überschritten. In der gegen den ablehnenden Bescheid erhobenen Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer, den als Grundstücksertrag angesetzten Mietwert der Praxisräume außer Ansatz zu lassen, da dieser doppelt angesetzt sei, nämlich einmal bei der Ermittlung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit und einmal bei der Ermittlung des Mietwerts des ganzen Gebäudes. Außerdem beantragte er die Beiträge zur Lebensversicherung von den verfügbaren Mitteln abzuziehen. Diese Beträge müßten ebenso als abzugsfähig behandelt werden wie die Beiträge zur Sozialversicherung oder zur Krankenversicherung. Der Abschluß der Lebensversicherung sei zu seiner Alterssicherung erforderlich; die Beiträge stünden ihm zur Lebensführung nicht mehr zur Verfügung.

Die Beschwerde blieb ohne Erfolg. Die OFD ging davon aus, daß nach § 131 Abs. 2 LAG bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung eine Ertragsberechnung entsprechend der in § 129 LAG getroffenen Regelung aufzustellen sei. Bei eigengenutzten Räumen müsse hierbei die Miete angesetzt werden und seien die entsprechenden Ausgaben zu berücksichtigen. Andererseits sei bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit die Ermittlung nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts vorzunehmen und hierbei müsse der Mietwert eigenbetrieblich genutzter Räume angesetzt werden. Lediglich die auf diese Räume entfallenden anteiligen Aufwendungen könnten abgezogen werden. Dies sei auch geschehen. Bei den Beiträgen zur Lebensversicherung handle es sich um freiwillige Leistungen. Nach der in der VAO 1959 getroffenen Regelung könnten nur solche Beiträge zur Sozialversicherung und zur Krankenkasse abgezogen werden, die auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhten (Tz. 55 VAO 1959, LA-Kartei, § 131 Karte 23).

Die Berufung (Klage) gegen die ablehnende Beschwerdeentscheidung der OFD hatte Erfolg. Das FG vertrat die Auffassung, daß zwar nach § 5 der zu § 129 LAG erlassenen 17. AbgabenDV-LA zu den Grundstückserträgen auch die übliche Miete für eigengenutzte Grundstücke hinzugerechnet werden müsse. Hierzu schreibe § 131 Abs. 2 LAG außerdem vor, daß dieselben Grundsätze wie für eine Ertragsberechnung im Rahmen des § 129 LAG gelten sollten, soweit entsprechend § 131 Abs. 1 LAG für die Einkünfte aus dem Grundstück eine Ertragsberechnung aufzustellen sei. Bei der Ermittlung dieser Einkünfte komme aber nur der Nutzungswert der eigengenutzten Wohnung in Betracht, nicht aber der Nutzungswert betrieblicher Räume, weil dieser bereits bei der Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu berücksichtigen sei. Nach Tz. 47 VAO 1959 seien Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei Grundstükken, auf denen die HGA als öffentliche Last ruhe, nach Maßgabe des geänderten § 131 Abs. 2 LAG anzusetzen, sofern es sich um bebaute Grundstücke handle, deren wirtschaftliche Bedeutung sich nach einem Gebäudeertrag richte und "deren Erträge nicht in land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder sonstigen Erträgen oder Wirtschaftsergebnissen aufgehen". Hieraus ergebe sich, daß eine Ertragsberechnung dann nicht aufzustellen sei, wenn die Erträge in gewerblichen Erträgen oder Wirtschaftsergebnissen aufgingen. Diese Grundsätze, die hier für Grundstücke aufgestellt seien, müßten auch für den Fall gelten, daß nur ein Teil des Grundstücks zum Betriebsvermögen gehöre. Sollte Tz. 47 VAO 1959 nicht in diesem Sinne aufzufassen sein, würde die darin getroffene Regelung einen Fehlgebrauch des Ermessens darstellen, weil im Ergebnis der gleiche Wert zweimal als Einnahme erfaßt werde.

Die Nichtberücksichtigung der Beiträge zur Lebensversicherung entspreche zwar der in Tz. 55 VAO 1959 getroffenen Regelung, nach der nur die Sozialversicherungsbeiträge abzugsfähig seien, nicht aber Beiträge zur Lebensversicherung. Die in der VAO 1959 getroffene Regelung sei insoweit in sich widerspruchsvoll, weil Krankenversicherungsbeiträge generell absetzbar seien, obgleich diese Beträge bei allen nicht pflichtversicherten Personen zunächst verfügbar seien. Bei der Rentenversicherung seien darüber hinaus auch die Beiträge für die freiwillige Weiterversicherung absetzbar. Nach dem Grundgedanken des § 131 LAG müsse davon ausgegangen werden, daß dem Abgabeschuldner die für eine bescheidene Lebensführung unerläßlichen Beträge zu belassen seien. Nach Auffassung der Vorinstanz bestehe zwischen den Sozialversicherungsbeiträgen und den Lebensversicherungsbeiträgen kein Unterschied, wenn man die sozial- und wirtschaftspolitische Bedeutung der Versicherungsbeiträge berücksichtige. Die Nichtberücksichtigung der Lebensversicherungsbeiträge bei freiberuflich Tätigen bedeute eine Schlechterstellung der Selbständigen gegenüber den Pflichtversicherten bei der Sozialversicherung. Diese Schlechterstellung sei nicht zu rechtfertigen. Eine gleichmäßige Behandlung der verschiedenen Beitragsarten sei nicht nur im Hinblick auf die steuerliche Gerechtigkeit notwendig, sie folge auch aus der Tatsache, daß die Bundesrepublik Deutschland (BRD) als sozialer Rechtsstaat den sozialen Belangen ihrer Bürger weitgehend Rechnung tragen müsse. Es sei auch durchaus erstrebenswert, daß der einzelne Bürger nicht kraft Gesetzes zu einer Pflichtversicherung angehalten werde, sondern aus eigenem Verantwortungsbewußtsein heraus seine Altersversorgung sicherstelle. Der Staat dürfe es dem Bürger nicht durch Anforderung von Abgabeschulden unmöglich machen, seine freiwillige Versicherung aufrechtzuerhalten und damit seine Altersversorgung zu verschlechtern oder sogar zu vereiteln. Das FG hob demgemäß die Beschwerdeentscheidung der OFD wegen Ermessensfehlgebrauchs auf und verwies die Sache an die OFD zur erneuten Entscheidung zurück.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde, die seit der am 1. Januar 1966 in Kraft getretenen FGO als Revision zu behandeln ist. Die OFD rügt als Revisionsklägerin falsche Auslegung der in Tz. 55 VAO 1959 getroffenen Regelung durch die Vorinstanz. Daß nach Tz. 55, a. a. O., bei der Ermittlung der für den Lebensunterhalt verfügbaren Beträge nur Sozialversicherungs- und Krankenversicherungsbeiträge berücksichtigt werden könnten, nicht aber Beiträge zur Lebensversicherung, entspreche dem Gesetz. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz komme es entscheidend darauf an, daß die Lebensversicherungsbeiträge freiwillig geleistet würden, während es sich bei den übrigen Beiträgen zur Sozialversicherung um Leistungen handle, die aufgrund eines Gesetzes zu erbringen seien. Zwar könnten bei den Krankenversicherungsbeiträgen auch diejenigen Beiträge berücksichtigt werden, die auf freiwilliger Basis entrichtet würden. Es handle sich hier aber um einen Sonderfall, weil es sich bei diesen Beitragszahlungen um eine Versicherung für den Krankheitsfall handle. Da im Krankheitsfall die durch die Versicherung gedeckten Krankheitskosten nach Tz. 37 letzter Satz VAO 1959 keinen Zuschlag wegen wirtschaftlichen Notstands rechtfertigten, bei Nichtversicherten dagegen die bei Erkrankung entstandenen außergewöhnlichen Aufwendungen durch Sonderzuschläge zu den Pauschbeträgen nach Tz. 34 VAO 1959 berücksichtigt würden (Tz. 36 VAO 1959), sei es auch gerechtfertigt, die Krankenversicherungsbeiträge in jedem Fall als Abzugsbeträge anzuerkennen. Bei den Beiträgen für die soziale Rentenversicherung und denjenigen für eine Lebensversicherung sei es aber von ausschlaggebender Bedeutung, ob es sich um eine Pflichtversicherung oder um eine freiwillig eingegangene Versicherung handle. Bei den zwangsweise abgeführten Beiträgen zur sozialen Rentenversicherung könne der Versicherte nicht anderweitig über diese Beträge verfügen. Prämienzahlungen für eine Lebensversicherung dagegen würden vom Versicherten freiwillig geleistet. Er könne hierbei sowohl die Höhe der Versicherungssumme, als auch die sich danach ergebenden Prämienzahlungen selbst bestimmen, die Lebensversicherung kündigen und über die für die Prämienzahlungen erforderlichen Mittel anderweitig verfügen. Geleistete Prämienzahlungen stellten danach eine echte Kapitalanlage dar. Bei der sozialen Rentenversicherung erfolge eine Leistung nur im Versicherungsfall, dessen Eintritt aber ungewiß sei, während es bei der Lebensversicherung gewiß sei, daß die Versicherungssumme eines Tages ausgezahlt werde. In der in der VAO 1959 getroffenen Regelung liege somit kein Ermessensfehlgebrauch der Verwaltung.

Es könne im Streitfall dahingestellt bleiben, ob der Mietwert der Praxisräume bei der Ermittlung der Einkünfte aus dem Grundstück anzusetzen sei oder nicht, da sich allein schon durch Nichtberücksichtigung der Beiträge zur Lebensversicherung ein Überschuß ergebe, aus dem die HGA-Leistungen in voller Höhe bestritten werden könnten.

Die Revisionsbeklagten beantragen, die Revision (Rechtsbeschwerde) zurückzuweisen. Sie sind der Meinung, daß die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen ist, daß die freiwillig geleisteten Beiträge zur Lebensversicherung bei der Ermittlung der zur Lebensführung unerläßlichen Beträge berücksichtigt werden müßten. Der entscheidende Gesichtspunkt für die Berücksichtigungsfähigkeit dieser Beiträge ergebe sich aus Art. 3 GG. Der Gleichheitssatz binde nicht nur den Gesetzgeber sondern auch die Verwaltung. Das FG sei mit Recht davon ausgegangen, daß kein Unterschied zwischen der Behandlung der sozialen Rentenversicherungsbeiträge und den freiwilligen Beiträgen zur Lebensversicherung gemacht werden könne. Das ergebe sich auch daraus, daß in Tz. 55 VAO 1959 schlechthin von "Sozialversicherungsbeiträgen" die Rede sei. Wesentlich Gleiches dürfe aber nicht ungleich behandelt werden. Der Gleichheitssatz müsse auch hinsichtlich der Belastung aus öffentlichen Abgaben Berücksichtigung finden. Es könne entgegen der Auffassung der Verwaltung nicht darauf ankommen, ob es sich um freiwillige Versicherungen oder um Pflichtversicherungen handle. Das folge schon daraus, daß die freiwillige Weiterversicherung als Sozialversicherung behandelt werde, ohne daß die Beiträge Pflicht versicherungsbeiträge wären. Wenn die Verwaltung die Auffassung vertrete, daß Lebensversicherungsbeiträge nicht zu berücksichtigen seien, weil auch Beiträge zur Sozialversicherung bei freiwilliger Weiterversicherung unbeachtlich seien, so liege hierin der Musterfall eines Zirkelschlusses. Denn das Ergebnis der 20. HGA-Besprechung zur VAO 1959 sei seinerseits damit begründet worden, daß Beiträge zur Lebensversicherung nicht berücksichtigt werden könnten. Bei den Beiträgen bei freiwilliger Weiterversicherung handele es sich aber genauso um Leistungen für eine Vorsorge für Alter und Erwerbsunfähigkeit wie bei der Pflichtversicherung. Die Freiwilligkeit der Aufwendungen sei kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal. Es sei daher nicht gerechtfertigt, bei der Behandlung von Beiträgen zur Pflichtversicherung, zur freiwilligen Weiterversicherung und zur Lebensversicherung unterschiedlich zu verfahren.

Mit Schreiben vom ... hat der BdF seinen Beitritt zum Revisionsverfahren erklärt. Er hat sich der Revisionsbegründung der OFD angeschlossen und mündliche Verhandlung beantragt.

In der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 1968 trug der Vertreter des BdF die Rechtsauffassung der Verwaltung vor und stellte den Antrag, die Vorentscheidung aufzuheben und die Berufung (= Klage) gegen die Beschwerdeentscheidung der OFD als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Nach § 131 Abs. 1 Satz 1 LAG in der für den Erlaßzeitraum 1959 bis 1961 gültigen Fassung des 16. ÄndG-LAG können fällige Leistungen (§§ 106, 129 Abs. 10 und 134 LAG) insoweit gestundet oder erlassen werden, daß dem aus der öffentlichen Last (§ 111 LAG) verpflichteten Eigentümer des Grundstücks oder in den Fällen des § 118 LAG dem Abgabeschuldner der für eine bescheidene Lebensführung unerläßliche Betrag verbleibt. Aufgrund der in Halbsatz 2 dieser Vorschrift erteilten Ermächtigung hat der BdF die VAO 1959 erlassen. Die Steuergerichte sind an diese VAO nicht gebunden, da es sich lediglich um Verwaltungsanweisungen an die nachgeordneten Finanzbehörden handelt. Der erkennende Senat ist daher berechtigt, die angefochtene Beschwerdeentscheidung der OFD als einer Ermessensentscheidung auch insoweit auf ihre Vereinbarkeit mit dem GG und mit dem einfachen Gesetz nachzuprüfen, als die OFD ihre Entscheidung auf die vorgenannte Verwaltungsanordnung gestützt hat.

Die Revisionsklägerin (OFD) hat ihre Revision in erster Linie damit begründet, daß die Vorinstanz die von dem Erblasser im Erlaßzeitraum 1959 bis 1961 aufgewandten Mittel zur Leistung der Beiträge zur Lebensversicherung bei der Ermittlung des dem Abgabeschuldner für eine bescheidene Lebensführung unerläßlichen Betrages zum Abzug zugelassen hat. Bei der Prüfung dieser Frage geht der Senat davon aus, daß es sich bei der in § 131 LAG vorgesehenen Möglichkeit, die fälligen HGA-Leistungen ganz oder teilweise zu erlassen, um eine Billigkeitsmaßnahme handelt. Zur Sicherung einer gleichmäßigen Behandlung der Erlaßanträge ist es notwendig, Richtlinien für die Berechnung der den Abgabepflichtigen tatsächlich zur Verfügung stehenden Mittel zu geben. Dies ist in den Tz. 39 ff. VAO 1959 geschehen. Nach Tz. 55, a. a. O., können Sozialversicherungsbeiträge und Krankenversicherungsbeiträge bei der Ermittlung der für den Lebensunterhalt verfügbaren Beträge abgezogen werden. Es ist der Vorinstanz darin zuzustimmen, daß es auf das Kriterium der Freiwilligkeit, auf welches die Verwaltung abstellte, für die Frage der Abzugsfähigkeit bei der Ermittlung der verfügbaren Mittel nicht entscheidend ankommt. Die Freiwilligkeit der Versicherungsleistungen kann schon deshalb nicht entscheidend sein, weil Beiträge zu den sozialen Rentenversicherungen auch bei freiwilliger Weiterversicherung zum Abzug zugelassen werden (siehe Ergebnis der 26. HGA-Besprechung, März 1967, LA-Kartei, § 131 Karte 23 am Schluß). Durch diese Regelung wurde die in der von der Revisionsbeklagten zitierten 20. HGA-Besprechung (LA-Kartei, § 131 Karte 23 unter d) vertretene Auffassung aufgegeben.

Der Senat vermag jedoch der Auffassung des FG nicht zu folgen, daß die Beiträge zu jeder Art von Lebensversicherung als abzugsfähige Posten zu berücksichtigen seien. Sieht man von der Risiko-Lebensversicherung ab, so ist bei der Prüfung der HGA-Erlaßberechnung nach § 131 LAG zu unterscheiden zwischen einer Lebensversicherung, die bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses (Tod oder Erlebensfall, z. B. 65. Lebensjahr) in einer Kapitalsumme zu zahlen ist, und einer Lebensversicherung, die auf Rentenbasis abgeschlossen worden ist. Bei einer Lebensversicherung auf eine Kapitalsumme würde, wie der Vertreter des BdF zutreffend ausgeführt hat, eine doppelte Vergünstigung für den Abgabeschuldner eintreten. Die geleisteten Beiträge würden nämlich während der Laufzeit des Versicherungsvertrages bei der Berechnung des zur Verfügung stehenden Betrages für eine bescheidene Lebenshaltung abgezogen, während nach Auszahlung der Kapitalsumme eine Hinzurechnung zu den zur Verfügung stehenden Beträgen nicht in Betracht käme. Der Senat ist daher der Auffassung, daß nur diejenigen Beiträge zu einer Lebensversicherung als abzugsfähig behandelt werden können, die für eine Lebensversicherung auf Rentenbasis geleistet werden. Eine ungleichmäßige Behandlung dieser Beiträge gegenüber den Beiträgen zu einer Sozialversicherung im Falle einer freiwilligen Weiterversicherung erscheint nicht vertretbar. Eine ungleichmäßige Behandlung würde zu einer nicht zu rechtfertigenden Schlechterstellung der selbständig Tätigen zu anderen Berufsgruppen führen und damit einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 GG darstellen. Eine gleichmäßige Behandlung rechtfertigt sich auch aus dem Grundsatz der Sozialstaatlichkeit (Art. 20 GG). Der erkennende Senat beschränkt jedoch ausdrücklich die Abzugsfähigkeit von Beiträgen zur Lebensversicherung auf die Fälle eines Lebensversicherungsvertrages auf Rentenbasis. Damit ist auch den - vom erkennenden Senat gebilligten - Einwendungen des Vertreters des BdF Rechnung getragen, daß es auch andere Möglichkeiten einer Altersvorsorge gibt, in denen die vom HGA-Pflichtigen zu erbringenden Leistungen nicht als abzugsfähig anerkannt werden können. Dies gilt nach dem Vorhergesagten sowohl für Kapital-Lebensversicherungen als auch für jede andere Art von Vorsorge der Alterssicherung, wie z. B. für den Erwerb von Wertpapieren, die Einzahlung auf Sparkonten, den Abschluß von Sparverträgen oder Bausparverträgen, den Erwerb eines Grundstücks oder die Aufwendungen für den Bau eines Hauses usw. Diese Formen der Altersvorsorge spielen sich vorwiegend in der Vermögenssphäre ab; eine klare und einwandfrei durchführbare Abgrenzung zur reinen Altersvorsorge ist hier nicht möglich. Die für diese Zwecke aufgewendeten Mittel können daher bei der Berechnung des dem Abgabeschuldner einer HGA-Schuld verbleibenden Betrages für eine bescheidene Lebensführung nicht als abzugsfähige Posten anerkannt werden.

Da die Vorinstanz von anderen Voraussetzungen ausgeht, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, ob es sich um eine Lebensversicherung auf Rentenbasis oder um eine solche auf Auszahlung einer Kapitalsumme handelt. Nur in ersterem Falle wären die geleisteten Beiträge als abzugsfähige Posten anzuerkennen. Das FG wird hierzu noch die erforderlichen Feststellungen zu treffen und auch die Angemessenheit der Leistungen zu prüfen haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68420

BStBl II 1969, 201

BFHE 1969, 402

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