Entscheidungsstichwort (Thema)

Unternehmereigenschaft wird nicht durch eine Gelegenheitslieferung begründet

 

Leitsatz (NV)

1. Die Prüfung, ob der Steuerpflichtige Unternehmer ist, wenn für die Anschaffung eines steuerfrei ins Außengebiet gelieferten Fahrzeugs den Vorsteuerabzug geltend macht, darf sich nicht nur auf den Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs beschränken.

2. Bloße Verhandlungen über die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit Importfirmen und eine Gewerbeanmeldung reichen für die Annahme der Unternehmereigenschaft nicht aus, wenn sonst nur die Lieferung eines Fahrzeugs festgestellt worden ist.

 

Normenkette

UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 1; UStDV 1980 §§ 8-13

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb am 29. Juni 1981 von der Firma Z einen Vorführwagen für . . . DM und . . . DM Umsatzsteuer und meldete am selben Tag einen Gewerbebetrieb mit ,,An- und Verkauf von Gebrauchtwagen" an. Er übergab das Fahrzeug am 2. Juli 1981 der Spedition . . . zur Versendung als Seefracht nach . . . (USA). Dort wurde der Wagen von dem aus Deutschland stammenden Amerikaner . . . in Empfang genommen.

Dem Kläger wurden im Dezember 1981 . . . US-$ und im Januar 1982 . . . DM gutgeschrieben.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte es ab, die Umsatzsteuer für 1981 - wie vom Kläger beantragt - auf ./. . . . DM festzusetzen. Der Kläger hatte die Lieferung des Fahrzeugs in die USA als steuerfreie Ausfuhrlieferung beurteilt und die ihm von der Firma Z berechnete und offen ausgewiesene Umsatzsteuer von . . . DM als Vorsteuer abgezogen. Das FA vertrat dagegen die Auffassung, der Kläger sei durch diese eine Lieferung nicht Unternehmer geworden.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hielt das Finanzgericht (FG) für begründet. Es meinte, der Kläger sei Unternehmer, weil er die Lieferung in der Absicht ausgeführt habe, weitere Lieferungen von Gebrauchtwagen auszuführen. Es sei unerheblich, daß dies gescheitert sei. Die Lieferung des Pkw in die USA sei als Ausfuhrlieferung steuerfrei. Der Kläger habe die Voraussetzungen durch Vorlage der Spediteurbescheinigung geführt.

Mit der Revision rügt das FA u. a. Verletzung der Aufklärungspflicht des FG, weil dieses nicht geprüft habe, ob der Kläger die Voraussetzungen für den Buchnachweis bei einer Ausfuhrlieferung erfüllt habe. Dazu habe das FG auch keine Feststellungen getroffen. Hätte es sich mit dieser Frage befaßt, würde es festgestellt haben, daß der Kläger keine Unterlagen hätte vorlegen können, insbesondere daß der Kläger nicht buchmäßig hätte nachweisen können, daß er das Fahrzeug nicht nur ausgeführt, sondern auch geliefert habe. Außerdem, so führt das FA in der Begründung der Revisions weiter aus, weiche das FG von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), insbesondere von dem Urteil vom 28. Februar 1980 V R 118/76 (BFHE 130, 118, BStBl II 1980, 415) ab, wonach der Lieferer bei einer Ausfuhrlieferung buchmäßig nicht nur die Ausfuhr, sondern auch die Verschaffung der Verfügungsmacht an einen Abnehmer nachweisen müsse.

Der Kläger ist der Revision entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig.

Das FA hat durch die Darlegung, daß die Vorentscheidung von dem Urteil des BFH in BFHE 130, 118, BStBl II 1980, 415 abweiche, gerügt - wie die Auslegung des Vorbringens ergibt -, daß das FG die Voraussetzungen für den Buch- und Belegnachweis als Bedingung für die Steuerbefreiung der Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Satz 1, § 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes - UStG - 1980, §§ 8 bis 13 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung - UStDV - 1980) fehlerhaft beurteilt habe. Das FA stützt die Revision damit - § 120 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genügend - auf die Verletzung des sachlichen Rechts.

2. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

a) Die Vorentscheidung verletzt § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 UStG 1980, weil das FG den Kläger als einen zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer beurteilt hat. Das FG hat wesentliche rechtliche Erwägungen bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft des Klägers nicht angestellt und aufgrund eines Sachverhalts entschieden, der ein Urteil, ob der Kläger Unternehmer ist, nicht ermöglicht. Das Revisionsgericht ist berechtigt, das angefochtene Urteil auch insoweit zu prüfen; denn die ordnungsgemäß erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts verpflichtet zur vollständigen Überprüfung ohne Bindung an die vorgebrachten Revisionsgründe (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 118 Tz. 54).

b) Das FG hat nicht beachtet, daß die für den Vorsteuerabzug notwendige Unternehmereigenschaft des Klägers i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 UStG 1980 nicht durch die bloße Absicht, sich nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen zu betätigen, begründet werden kann (BFH-Urteil vom 8. Dezember 1988 V R 28/84 - unter 1 -, BFHE 155, 427, BStBl II 1989, 250). Vielmehr ist eine nachhaltige Tätigkeit erforderlich (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UStG 1980). Die dafür notwendige Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse darf sich nicht auf den einzelnen Besteuerungszeitraum beschränken, sondern muß ggf. einen längeren Zeitraum einschließen (BFH-Urteil vom 22. Juni 1989 V R 37/84 - unter 1 c -, BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913).

Das FG hat nicht geprüft, ob der Kläger in den auf das Streitjahr folgenden Jahren weitere mit der streitbefangenen Lieferung zusammenhängende entgeltliche Umsätze ausgeführt oder konkret vorbereitet hat. Bloße Verhandlungen über die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit Importfirmen und eine Gewerbeanmeldung reichen insoweit nicht aus, denn sie lassen allenfalls auf die Absicht (s. oben) schließen, die für sich allein jedenfalls nicht genügt.

c) Die Vorentscheidung verletzt weiter materielles Recht, weil die Feststellungen des FG keine Entscheidung ermöglichen, ob der Kläger, falls er die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt haben sollte, eine steuerfreie Ausfuhrlieferung (§ 4 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980) durch Versendung des gelieferten Kraftwagens in die USA bewirkt hat.

Materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerfreiheit der Ausfuhrversendungslieferung ist der Nachweis der Ausfuhr durch Beleg (vgl. zu den Voraussetzungen und zum Verfahren, insbesondere zu den Grenzen bei der Überprüfung der Ermessensentscheidung: BFH-Urteil vom 4. Juni 1987 V R 143/79, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 1988, 253, m.w.N.). Die Ausfuhrlieferung durch Versendung des Gegenstands der Lieferung muß durch Buchnachweis eindeutig und leicht nachprüfbar (§ 8 Abs. 1 Satz 2 UStDV 1980) nachgewiesen werden (vgl. dazu FG Düsseldorf, Beschluß vom 3. Dezember 1986 V 233/86 A (U), Entscheidungen der Finanzgerichte 1987, 210). Dazu sind Bücher oder andere Aufzeichnungen und Belege (Ausfuhrnachweis) notwendig (vgl. dazu BFH-Beschluß vom 25. Oktober 1979 V B 5/79, BFHE 129, 226, BStBl II 1980, 110; vgl. dazu auch Weiß, UR 1980, 34; Reiß, Steuer und Wirtschaft - 1980, 342), aus denen sich die Ausfuhr des Lieferungsgegenstands an einen Empfänger im Außengebiet ergibt. Die Voraussetzungen, die der Ausfuhrnachweis regelmäßig enthalten soll, sind in § 10 Abs. 1 UStDV 1980 bezeichnet.

Ob der von dem Kläger vorgelegte Speditionsbeleg die Anforderungen an einen Ausfuhrnachweis erfüllt, kann mangels ausreichender Feststellungen des FG nicht beurteilt werden.

d) Das FG wird Feststellungen zur Unternehmereigenschaft des Klägers und - falls notwendig - zur Überprüfung der Ermessensentscheidung des FA im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für den Buch- und Belegnachweis einer Ausfuhrlieferung nachzuholen haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417757

BFH/NV 1992, 206

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