Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Gibt ein Gesellschafter einer Personengesellschaft einem Mitgesellschafter ein 7c-Darlehen, wirkt sich die Minderung des Gewinns bei der Ermittlung des Gewerbeertrages der Gesellschaft ebenso aus wie bei der einheitlichen Gewinnfeststellung.

 

Normenkette

EStG § 7c; GewStG § 7

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, ob eine Personengesellschaft die Vergünstigung des § 7 c EStG bei der Ermittlung ihres für die Gewerbesteuer 1957 maßgebenden Gewerbeertrages beanspruchen kann, wenn zwei ihrer Gesellschafter einem Mitgesellschafter 7c-Darlehen gegeben haben.

Die Bfin. ist eine Kommanditgesellschaft. An ihr sind als Gesellschafter ein Komplementär und zwei Kommanditisten beteiligt. Sie ermittelt den Gewinn nach § 5 EStG.

Im Jahre 1957 gaben die beiden Kommanditisten dem Komplementär aus ihnen zustehenden Mitteln der Bfin. Darlehen zur Förderung des Wohnungsbaues (ß 7 c EStG) für außerbetriebliche Zwecke. In der Erklärung zur einheitlichen Feststellung des Gewinns aus Gewerbebetrieb für 1957 wurden 25. v. H. der berücksichtigungsfähigen Darlehnsbeträge außerhalb der Bilanz vom Gewinn abgesetzt. Das Finanzamt stellt den Gewinn der Bfin. entsprechend einheitlich fest. Bei der Ermittlung des Gewerbesteuermeßbetrages ließ es den Abzug dieser Beträge vom Gewerbeertrag der Bfin. nicht zu, weil Abschreibungen und Verluste, welche aus den Beziehungen der Gesellschafter untereinander entstünden, auf den Gewerbeertrag nicht von Einfluß seien.

Die Sprungberufung der Bfin. hatte keinen Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Finanzgericht aus, das Finanzamt habe zwar 25 v. H. der von den Kommanditisten an den Komplementär der Bfin. gegeben 7c-Darlehen bei der einheitlichen Gewinnfeststellung gewinnmindernd berücksichtigt. Diese Entscheidung sei aber für das Gewerbesteuermeßbetragsverfahren nicht bindend, da der Gewerbeertrag selbständig zu ermitteln sei (ß 7 GewStG). Bei der Ermittlung des Gewerbeertrages könnten Vorschriften des EStG, die mit dem Charakter der Gewerbesteuer als einer Objektsteuer nicht zu vereinbaren seien, nicht angewendet werden. Bei der Gewerbesteuer sei Steuergegenstand der Gewerbebetrieb (ß 2 GewStG). Die Gesellschafter einer Personengesellschaft seien gemeinsam als Unternehmer des gesamten Betriebes anzusehen (ß 5 Abs. 1 GewStG). Demnach seien für die Ermittlung des Gewerbeertrages nicht die Gewinnanteile der einzelnen Gesellschafter maßgeblich, sondern es komme auf den von der Gesellschaft erzielten Gewinn an. Die finanziellen Beziehungen der Gesellschaft zu den einzelnen Gesellschaftern und der Gesellschafter untereinander seien also ohne Bedeutung. Die Gewährung eines 7c-Darlehens an einen Gesellschafter durch andere Gesellschafter sei daher anders als bei der Einkommensteuer nach der Bilanzbündeltheorie nicht als eine Darlehnsgewährung der übrigen Gesellschafter aus ihren "Gewerbebetrieben" an den ihnen als selbständigen Steuersubjekt gegenüberstehenden anderen Gesellschafter anzusehen, sondern als Darlehnsgewährung aus dem als steuerlicher Einheit zu betrachtenden Unternehmen an einen Mitunternehmer. Es sei der in § 4 Abs. 1 EStG anerkannte allgemeine Grundsatz des Bilanzsteuerrechts anzuwenden, nach dem die Auszahlung eines Geldbetrages aus dem Betriebsvermögen an den Unternehmer steuerlich keine Darlehnsforderung des Betriebs gegen den Unternehmer begründe, sondern als Entnahme anzusehen sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Bfin. ist begründet. Die von den beiden Kommanditisten dem Komplementär gegebenen 7c-Darlehen, die das Finanzamt bei der einheitlichen Feststellung des Gewinns der Bfin. mit Recht gewinnmindernd berücksichtige, mindern auch den Gewerbeertrag. Zwar hat die einheitliche Gewinnfeststellung für die Ermittlung des Gewerbeertrages keine bindende Wirkung (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs VI 704/39 vom 10. Januar 1950, RStBl 194/, RStBl 1940 S. 134, und des Bundesfinanzhofs I 194/56 U vom 11. Dezember 1956, BStBl 1957 III S. 105, Slg. Bd. 64 S. 275, sowie I 73/59 U vom 29 November 1960, BStBl 1961 III S. 51, Slg. Bd. 72 S. 135). Doch ist für die Ermittlung des Gewerbeertrages grundsätzlich von dem für die Zwecke der Einkommensteuer festgestellten Gewinn aus Gewerbebetrieb auszugehen, wie sich aus § 7 GewStG ergibt. In der Regel unterscheiden sich der einkommensteuerliche Gewinn aus Gewerbebetrieb und der Gewerbeertrag nur durch die Zu- und Abrechnungen nach § 8 und § 9 GewStG. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Anwendung ertragsteuerlicher Gewinnermittlungsvorschriften nicht mit dem Objektcharakter der Gewerbesteuer zu vereinbaren ist (siehe Urteil des Bundesfinanzhofs I 99/52 U vom 18. Oktober 1952, BStBl 1953 III S. 94, Slg. Bd. 57 S. 236), wie dies z. B. bei der Heranziehung von Gewinnen aus der Veräußerung von Betrieben der Fall ist.

§ 7 c EStG braucht nicht als eine solche Ausnahmevorschrift, die bei der Ermittlung des Gewerbeertrages nicht zu berücksichtigen ist, angesehen zu werden. Diese Auffassung kam, wenn sie auch für den Senat nicht verbindlich ist, in § 17 Abs. 1 GewStDV 1950, der offenbar als selbstverständlich nicht in die späteren GewStDV aufgenommen wurde, darin zum Ausdruck, daß als Gewinn, der nach den Vorschriften des EStG zu ermitteln ist, der Gewinn im Sinn der §§ 4 bis 7 e EStG gilt.

Wenn ein Gesellschafter einer Personengesellschaft einem Dritten, der der Gesellschaft nicht angehört, aus Mitteln der Gesellschaft ein 7c-Darlehen gibt, so kann kein Zweifel bestehen, daß dieses Darlehen den Gewerbeertrag der Personengesellschaft mindert. Es muß zwar dem Finanzgericht zugegeben werden, daß die Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden kann, die von ihm vertretene Auffassung aus der unterschiedlichen Behandlung einer Personengesellschaft bei der Einkommensteuer und bei der Gewerbesteuer herzuleiten. Wenn indessen der Gesetzgeber den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts und seiner Systematik zuwider ein Darlehen, das nicht einmal betrieblich veranlaßt zu sein braucht (ß 7 c Abs. 1 Satz 2 EStG), als Betriebsausgabe zum Abzug zuläßt und die Rechtsprechung dann dieses Darlehnsverhältnis zwischen Gesellschaftern einer Personengesellschaft bei der Einkommensteuer anerkennt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 164/57 vom 3. Februar 1959, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 7 c, Rechtsspruch 72), so erscheint es gerechtfertigt, diese vom Gesetzgeber zu einem Betriebsvorgang gemachte Ausgabe wie jede andere Ausgabe des Gesellschafters im Interesse der Gesellschaft zu behandeln. Der Objektcharakter der Gewerbesteuer, die im übrigen auch personensteuerartige Merkmale aufweise (vgl. Urteil des Senats IV 173/64 S vom 14. Januar 1965, BStBl 1965 III S. 115), zwingt nicht dazu, diese Betriebsausgabe bei der einheitlichen Gewinnfeststellung und bei der Ermittlung des Gewerbeertrags unterschiedlich zu behandeln.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben. Die Sache wird zur Entscheidung an das Finanzamt im Einspruchsverfahren zurückverwiesen, das den Gewerbesteuermeßbetrag den Ausführungen des Senats entsprechend festsetzen wird.

 

Fundstellen

BStBl III 1965, 259

BFHE 1965, 33

BFHE 82, 33

StRK, GewStG:7 R 44

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