Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter bei Gewinnverzicht sind Eigenverbrauch

 

Leitsatz (NV)

1. Leistungen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter erfolgen nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches sondern sind Eigenverbrauch der Gesellschaft, wenn die Gesellschafter zum Ausgleich auf Anteile am Gewinn verzichten (wie BFH-Urteil vom 3. November 1983 V R 4/73) BFHE 140, 115, BStBl II 1984, 169).

2. Die unentgeltliche Nutzung des betrieblichen Telefons durch die Gesellschafter für deren private Zwecke ist Eigenverbrauch; der BFH hält an seinem Urteil vom 28. Januar 1971 V R 101/70 (BFHE 101, 178, BStBl 1971 II, 218) fest.

 

Normenkette

UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nrn. 1-2

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) betrieben in Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Werk. Nach einer Außenprüfung unterwarf der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die folgenden Vorgänge als Lieferungen und sonstige Leistungen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1967 der Umsatzsteuer:

1974:

Benzin- und Ölverbrauch 1 600 DM

Telefonnutzung für jeden der drei Gesellschafter 420 DM 1 260 DM

insgesamt 2 860 DM

1975:

Benzin- und Ölverbrauch 1 600 DM

Telefonnutzung wie 1974 1 260 DM

insgesamt 2 860 DM

1976:

Benzin- und Ölverbrauch 2 000 DM

Telefonnutzung wie 1974 1 260 DM

Waren für Lager des Gesellschafters 1 440 DM

Waren für Schwiegersohn dieses Gesellschafters 1 548 DM

insgesamt 6 248 DM

1977:

Benzin- und Ölverbrauch 2 000 DM

Telefonnutzung wie 1974 1 260 DM

insgesamt 3 260 DM.

Zahlungen waren nicht erfolgt; es wurden lediglich außerhalb der Bilanz Gewinnkorrekturen für ertragsteuerliche Zwecke vorgenommen.

Die nach erfolglosem Einspruch gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide vom 3. Juni 1981 für die Jahre 1974 bis 1977 erhobene Klage hatte im wesentlichen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, daß bei Personengesellschaften im Verhältnis zu ihren Gesellschaftern als steuerbare Umsätze nur Lieferungen oder sonstige Leistungen gegen Entgelt in Betracht kämen. Es verneinte unter Berufung auf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 13. Juli 1978 III 184/76 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1979, 49) im Streitfall steuerbare Umsätze i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 insoweit, als den Gesellschaftern die Leistungen gleichmäßig zugeflossen waren, weil kein Entgelt vorliege. Dagegen nahm es hinsichtlich der Lieferung von Waren an den Gesellschafter P und an einen seiner Familienangehörigen im Jahr 1976 in Höhe von 2/3 des Wertes steuerbare Umsätze der Gesellschaft an. Diese Lieferungen habe der Gesellschafter P nicht nur zu Lasten seines Gewinns, sondern auch zu Lasten des Gewinns der anderen Gesellschafter erhalten. Nur in Höhe des auf ihn entfallenden Drittels habe er die Waren unentgeltlich erhalten. In Höhe der - außerhalb der Bilanz - zu seinen Lasten und zugunsten der anderen Gesellschafter vorgenommenen Gewinnkorrekturen habe er über die anderen Gesellschafter der Gesellschaft ein Entgelt zukommen lassen. Das FG hob die Umsatzsteuerbescheide dementsprechend teilweise auf.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 1 Abs. 1 UStG 1967 und beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die vom FA der Umsatzsteuer unterworfenen Umsätze unterliegen zwar nicht als Lieferungen oder sonstige Leistungen i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 der Umsatzsteuer, denn die Gesellschaft hat keine Gegenleistungen erhalten; insbesondere stellt ein Gewinnverzicht der Gesellschafter keine Gegenleistung im Sinne dieser Vorschrift dar. Der Senat verweist hierzu auf sein Urteil vom 3. November 1983 V R 4/73 (BFHE 140, 115, BStBl II 1984, 169). Dies gilt auch, soweit zugunsten anderer Gesellschafter entsprechende Gewinnkorrekturen vorgenommen worden sind; die Gewinnkorrektur betrifft lediglich die Gewinnverteilung unter den Gesellschaftern, eine Vergütung an die Gesellschaft wird hierdurch nicht erbracht.

Die somit unentgeltlichen Leistungen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter unterliegen jedoch als Eigenverbrauch gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1967 der Umsatzsteuer (BFHE 140, 115, BStBl II 1984, 169). Die unentgeltliche Überlassung von Benzin und Öl sowie von anderen Waren für private Zwecke der Gesellschafter ist Entnahmeeigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a UStG 1967; dazu gehört auch die unentgeltliche Überlassung von Waren an den Schwiegersohn eines der Gesellschafter.

Die unentgeltliche Nutzung des betrieblichen Telefons durch die Gesellschafter für deren private Zwecke unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG als Verwendungseigenverbrauch der Umsatzsteuer. Der Senat hält insoweit an seinem Urteil vom 28. Januar 1971 V R 101/70 (BFHE 101, 178, BStBl II 1971, 218) fest.

Die Sache ist entscheidungsreif. Der Senat hält es für unbedenklich, von den vom FA angesetzten Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer auszugehen. Die Besteuerungsgrundlagen beruhen im wesentlichen auf Schätzungen; ihre Höhe ist von den Beteiligten weder im Klage- noch im Revisionsverfahren beanstandet worden.

 

Fundstellen

BFH/NV 1987, 67

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge