Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Beleiht ein Prämienberechtigter die Ansprüche aus einem Bausparvertrag und überläßt er die dadurch erlangten Beträge einem Dritten zum Erwerb von Bauland, so verwendet der Prämienberechtigte die Beträge damit nicht unmittelbar zum Wohnungsbau im Sinne von § 2 Abs. 2 WoPG 1955.

 

Normenkette

WoPG § 2 Abs. 2; WoPDV § 1 S. 2

 

Tatbestand

Der Bf. schloß am 13. April 1956 einen Bausparvertrag und zahlte hierauf im Jahre 1956 1.606,45 DM ein. Auf seinen Antrag gewährte ihm das Finanzamt am 30. August 1957 eine Wohnungsbauprämie von 400 DM. Am 13. Januar 1958 zeigte die Bausparkasse gemäß § 1 der Verordnung zur Durchführung des Wohnungsbau-Prämiengesetzes (WoPDV) 1955 (BGBl 1955 I S. 585, BStBl 1955 I S. 454) dem Finanzamt an, daß der Bf. die Rechte aus dem Vertrag zur Sicherung einer Schuld an eine Bank AG abgetreten habe. Es ergab sich, daß die Bank auf Grund dieser und anderer Sicherungsabtretungen dem Sohn des Bf., ebenfalls Bausparer bei der Bausparkasse, einen Zwischenkredit gewährt hatte, den dieser zum Erwerb eines Bauplatzes verwendet hatte mit dem Ziel, ein Familienheim für sieben Personen zu errichten. Zur Sicherung des Kredits traten auch dessen Großmutter, die Mutter des Bf., und anscheinend auch dessen Schwiegervater ihre Ansprüche aus Bausparverträgen an die Bank ab. Das Finanzamt erblickte in der Sicherungsabtretung des Bf. eine prämienschädliche Beleihung der Ansprüche aus dem Bausparvertrag im Sinne von § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Wohnbausparer (WoPG) 1955. Der Sohn des Bf. wies in einem Schriftwechsel mit dem Finanzamt darauf hin, daß er seine Großmutter und den Bf. nur unter dem Anreiz der Wohnungsbauprämie zum Abschluß der Bausparverträge habe veranlassen können. Als Gegenleistung dafür, daß der Bf. das Geld zur Verfügung gestellt habe, sei eine Einliegerwohnung in dem zu errichtenden Wohnhaus für den überlebenden Elternteil geplant. Ein prämienschädlicher Verstoß gegen die Sperrfrist des § 2 Abs. 2 WoPG liege nicht vor, da das auf Grund der Beleihung empfangene Geld zum Wohnungsbau verwendet worden sei. Die Prämienberechtigung des Bf. könne jedenfalls jetzt deshalb nicht mehr in Zweifel gezogen werden, weil der Bausparvertrag am 5. Mai 1958 auf ihn, den Sohn, übertragen worden sei. Der Bf., von dem durch Bescheid des Finanzamts vom 10. Juli 1958 die Wohnungsbauprämie zurückgefordert worden war, schloß sich dieser Auffassung an und machte mit dem gegen den Rückforderungsbescheid erhobenen Einspruch noch geltend, das Wort "unmittelbar" in § 2 Abs. 2 WoPG 1955 beziehe sich nur auf die Verwendung des Geldes, nicht aber besage es, daß der Prämienberechtigte selbst das Geld unverzüglich zum Wohnungsbau verwenden müsse.

Einspruch und Berufung hatten keinen Erfolg. Wie das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung, so vertrat auch das Finanzgericht in dem angefochtenen Urteil die Auffassung, daß eine prämienunschädliche Beleihung im Sinne von § 2 Abs. 2 WoPG 1955 nur vorliege, wenn der Prämienberechtigte selbst aus der Beleihung Mittel empfangen und diese unverzüglich und unmittelbar dem Wohnungsbau zugeführt habe. Im Streitfalle habe aber nicht der Bf., sondern sein Sohn den auf Grund der Beleihung gewährten Kredit erhalten. Hierin unterscheide sich der Sachverhalt von dem Fall, den das Finanzgericht Stuttgart im Urteil vom 29. Oktober 1957 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1958 S. 199), auf das sich der Bf. berufe, entschieden habe. Da dem Bf. nicht selbst der Kredit gewährt worden sei, habe er diesen auch nicht zum vertragsmäßigen Zweck verwenden können. Die nachträgliche übertragung des Bausparvertrages auf den Sohn habe die Prämienschädlichkeit der vor der übertragung erfolgten Beleihung nicht zu heilen vermocht.

Mit der Rb. wird hiergegen geltend gemacht" Wenn der Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 WoPG eine unschädliche Beleihung angenommen habe für den Fall, daß der Prämienberechtigte die auf Grund der Beleihung empfangenen Beträge zum Wohnungsbau verwende, so habe er hierbei nur an den Normalfall gedacht, daß dem Prämienberechtigten selbst der Kredit gewährt wird, nicht aber an den hier streitigen Fall, daß auf Grund der Beleihung (Sicherungsabtretung) einem Dritten ein Kredit gewährt und von diesem zum Wohnungsbau verwendet wird. Inhalt und Zweck des Gesetzes sprächen nicht dagegen, auch in diesem Falle eine unschädliche Beleihung anzunehmen. Auch hier werde der Wohnungsbau gefördert. Dem Gesetzgeber sei es lediglich darauf angekommen, zu verhindern, daß die durch die Beleihung flüssig gemachten Mittel nicht unverzüglich zum Wohnungsbau verwendet werden. Im Streitfall sei eine zweckentsprechende Verwendung erfolgt. Daß der Prämienberechtigte selbst die Mittel zum Wohnungsbau verwende, sei nach Rechtsprechung und Schrifttum nicht erforderlich. Eine Verwendung zum vertragsmäßigen Zweck sei auch dann gegeben, wenn die Mittel ohne zwischenzeitliche Zweckentfremdung einem anderen Bauherrn zur Verfügung gestellt würden. Es könne keinen Unterschied machen, ob der Bausparer den Kredit selbst erhalte und dann dem Bauherrn zur Verfügung stelle, oder ob auf Grund der Beleihung der Kredit gleich unmittelbar dem Bauherrn gewährt werde. Auch die Vollabtretung der Ansprüche aus dem Bausparvertrag sei ja prämienunschädlich. Bei Kenntnis der Rechtslage hätte der Bf. den Kredit selbst aufgenommen und an seinen Sohn weitergegeben oder er hätte von vornherein die Ansprüche voll an seinen Sohn abgetreten. Das sei jedoch, wirtschaftlich gesehen, das gleiche wie das, was der Bf. getan habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist im Ergebnis nicht begründet.

Die vom Finanzamt zurückgeforderte Prämie war für Aufwendungen gewährt worden, die der Bf. im Kalenderjahr 1956 auf Grund eines Bausparvertrages geleistet hat, der nach dem 31. Dezember 1954 abgeschlossen worden war. Es sind somit die Bestimmungen des WoPG 1955 (WoPG in der Fassung vom 21. Dezember 1954, BGBl 1954 I S. 482, BStBl 1954 I S. 709) maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Streitfalles (ß 10 WoPG 1955). Nach § 2 Abs. 2 WoPG entfällt eine Prämienbegünstigung für Aufwendungen im Sinne von § 2 Abs. 1 WoPG (Bausparkassenbeiträge) unter anderem, wenn die Ansprüche aus dem Bausparvertrag vor Ablauf von fünf Jahren seit Vertragsabschluß beliehen werden. Gemäß § 1 Satz 2 WoPDV 1955 (BGBl 1955 I S. 585, BStBl 1955 I S. 454) liegt eine Beleihung auch vor, wenn die Ansprüche zur Sicherung einer Schuld abgetreten werden. Der Bf. hat vor Ablauf der Sperrfrist von fünf Jahren die Ansprüche aus seinem Bausparvertrag zur Sicherung eines seinem Sohn gewährten Kredits abgetreten. Er hat die Ansprüche damit im Sinne von § 2 Abs. 2 WoPG 1955 beliehen. Nach dieser Vorschrift ist die Beleihung jedoch unschädlich, "wenn der Steuerpflichtige (muß heissen: Prämienberechtigte) die empfangenen Beträge unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet". Der Streit geht darum, ob der Bf. diesen Tatbestand erfüllt hat.

Die Vorinstanzen haben es bereits als prämienschädlich angesehen, daß der Bf., da der durch fiduziarische Abtretung gesicherte Kredit unmittelbar an seinen Sohn ausbezahlt worden war, überhaupt keine Beträge empfangen hat, die zum Wohnungsbau hätten verwendet werden können. Der Senat vermag dieser Auffassung nicht beizutreten. Es kann in der Tat, worauf der Bf. mit Recht hinweist, keinen Unterschied machen, ob der Prämienberechtigte selbst durch die Beleihung einen Kredit erlangt, den er zum Wohnungsbau verwendet, oder ob er diesen Zweck erreicht, indem er einen fremden Kredit durch Beleihung seiner Ansprüche sichert. Es wäre überspitzt, zu fordern, daß in den Fällen, in denen mehrere Personen durch Beleihung ihrer Bausparguthaben ein für jeden von ihnen prämienbegünstigtes Bauvorhaben finanzieren, jeder einzelne von ihnen Kreditverhandlungen aufnehmen muß, damit das Geld auch de iure erst über seine Person in das Bauvorhaben fließt. Entscheidend ist nach dem Sinn des Gesetzes, daß der durch die Beleihung erlangte Gegenwert der vom Gesetz vorgeschriebenen Verwendung zum Wohnungsbau zugeführt wird. Die Frage ist aber, ob dies im Streitfalle geschehen ist.

Der Bf. meint, eine Verwendung zum Wohnungsbau im Sinne von § 2 Abs. 2 WoPG 1955 liege schon dann vor, wenn die erlangten Mittel einem Dritten zum Wohnungsbau überlassen werden. Er stützt sich hierbei auf finanzgerichtliche Entscheidungen (Finanzgericht Stuttgart vom 29. Oktober 1957, Entscheidungen der Finanzgerichte 1958 S. 199; Finanzgericht Schleswig-Holstein vom 25. November 1958, Entscheidungen der Finanzgerichte 1959 S. 191) und verweist auch auf Ausführungen im Schrifttum. Der Senat vertritt diese Auffassung nicht. Soweit Entscheidungen sich auf das WoPG 1952 (BGBl 1952 I S. 139, BStBl 1952 I S. 207) beziehen (so z. B. die genannte Entscheidung in Entscheidungen der Finanzgerichte 1959 S. 191), berühren sie das hier streitige Rechtsproblem nicht, da im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine Beleihung unschädlich war und für die Auszahlung der Bausparsumme eine Sperrfrist nicht galt, vielmehr die Auszahlung selbst als Verwendung zum vertragsmäßigen Zweck angesehen wurde (vgl. Abschn. 15 Abs. 2 Ziff. 1 der Richtlinien zur Durchführung des Wohnungsbau-Prämiengesetzes - WoPR - 1953, BStBl 1953 I S. 54). Soweit jedoch das WoPG 1955 zur Anwendung kommt, würde es sowohl dem Wortlaut als auch dem Zweck des Gesetzes widersprechen, bei vorzeitiger Auszahlung oder Beleihung allein die überlassung der hierdurch erlangten Beträge an einen Dritten zum Wohnungsbau schon als vertragsmäßige Verwendung und damit als prämienunschädlich anzusehen. In den Materialien zum WoPG 1955 ist der Zweck des Gesetzes dahingehend umrissen, daß die Prämienvergünstigung gewährt werden soll für Aufwendungen zur Förderung des Wohnungsbaues, die Sparcharakter haben und zur Schaffung von Wohnraum für den Prämienberechtigten führen (vgl. Drucksache des Deutschen Bundestages, 2. Wahlperiode, Nr. 481 S. 109). Diese Motive haben auch in dem neugefaßten § 2 Abs. 2 WoPG 1955 ihren Niederschlag gefunden durch die Bestimmung, daß die Prämienbegünstigung für Aufwendungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Ziff. 1 WoPG bei vorzeitiger Auszahlung oder Beleihung nur dann erhalten bleibt, wenn der Prämienberechtigte die empfangenen Beträge unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet. Die bloße überlassung der Beträge an einen Dritten, der sie seinerseits für sich zum Wohnungsbau verwendet, ist keine unmittelbare Verwendung zum Wohnungsbau durch den Prämienberechtigten. Unmittelbar liegt hier eine Darlehnshingabe, eine Schenkung usw. vor; nur mittelbar kann sich eine Verwendung zum Wohnungsbau ergeben. Die überlassung der erlangten Beträge an einen Dritten zum Wohnungsbau ist nur dann prämienunschädlich, wenn gerade in der überlassung selbst eine zweckentsprechende Verwendung liegt.

Wann eine Verwendung zum Wohnungsbau vorliegt, sagt das Gesetz nicht. Der Senat hat zu der gleichen Frage in der zu § 10 Abs. 1 Ziff. 2 b EStG 1953 ergangenen Entscheidung VI 187/58 U vom 18. September 1959 (BStBl 1959 III S. 464, Slg. Bd. 69 S. 546) entschieden, daß eine Verwendung zum Wohnungsbau gleichzusetzen ist einer Verwendung als Baudarlehen, und daß dieser Begriff "Baudarlehen" in den EStR (vgl. Abschnitt 76 Abs. 2 EStR 1953, Abschnitt 92 Abs. 2 EStR 1955) zutreffend umrissen ist. Dem entspricht auch die Regelung in Abschnitt 17 Satz 1 WoPR 1956 (BStBl 1956 I S. 365). Entscheidend ist somit, ob der Bf. mit der Beleihung seiner Ansprüche aus dem Bausparvertrag und der überlassung des hierdurch erlangten Gegenwerts an seinen Sohn für sich selbst einen der in Abschn. 92 Abs. 2 EStR 1955 genannten Zwecke verfolgt hat. Das ist zu verneinen.

Der Sohn des Bf. hat den ihm eingeräumten Kredit, auch soweit er auf Grund der Sicherungsabtretung durch den Bf. gewährt worden war, zum Erwerb von Bauland verwendet. Damit hat er für seine Person einen der in Abschnitt 92 Abs. 2 EStR 1955 genannten Zweck erfüllt, wenn man von der Frage absieht, ob nicht der Erwerb von Bauland nur dann als Verwendung zum Wohnungsbau angesehen werden kann, wenn in einem bestimmten zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb auch mit dem Bau begonnen wird (vgl. Abschnitt 19 Abs. 2 letzter Satz und Abschnitt 20 Abs. 3 letzter Satz WoPR 1956). Mag aber für den künftigen Bauherrn und alleinigen Eigentümer des geplanten Hauses die Verwendung von Mitteln für den Erwerb von Bauland schon als Verwendung zum Wohnungsbau angesehen werden, so kann das nicht auch für einen Dritten gelten, der dem künftigen Bauherrn Mittel zum Erwerb von Bauland überläßt, und zwar auch dann nicht, wenn er etwa in dem geplanten Wohnhaus eine Wohnung bekommen soll. Für den Dritten kann eine Verwendung zum Wohnungsbau erst anerkannt werden, wenn er den Bau selbst zum Zwecke der Erlangung einer eigenen Wohnung finanzieren hilft. Es ist daher zutreffend, wenn in Abschnitt 92 Abs. 2 EStR 1955 als Verwendungszweck genannt wird die "Beteiligung an der Finanzierung des Baues oder Aufbaues eines Mehrfamilienhauses gegen überlassung einer Wohnung". Die Beteiligung eines Dritten an der Finanzierung des Erwerbs von Bauland genügt demnach nicht. Es kann daher auch unerörtert bleiben, daß nach den Akten offensichtlich dem Bf. auch nicht eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, sondern dem überlebenden Ehegatten eine Einliegerwohnung in einem Einfamilienhaus überlassen werden soll.

Der Bf. hat die Ansprüche aus dem Bausparvertrag erst am 5. Mai 1958 abgetreten, als die Ansprüche bereits prämienschädlich beliehen waren. Die Vorentscheidung hat zutreffend erkannt, daß durch die nachträgliche Abtretung der prämienschädliche Vorgang der Beleihung nicht geheilt werden konnte. Ob der Bf. durch eine frühere Abtretung oder durch einen an sich zulässigen Vertrag zugunsten eines Dritten den von ihm gewünschten Erfolg ohne Verlust der Prämie hätte erreichen können, kann für die Beurteilung des Streitfalles nicht von Bedeutung sein. Maßgeblich ist der Sachverhalt, wie er sich tatsächlich zugetragen hat. Wer eine Vergünstigung erstrebt, muß sich an den vom Gesetz vorgeschriebenen Weg halten (vgl. Urteil des Senats VI 152/56 U vom 13. März 1959, BStBl 1959 III S. 237, Slg. Bd. 68 S. 623).

 

Fundstellen

BStBl III 1961, 176

BFHE 1961, 484

BFHE 72, 484

StRK, ESt WoPG:2/2 R 3

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