Leitsatz (amtlich)

1. Verwendet ein Bausparer die auf Grund einer Beleihung des Bausparvertrags empfangenen Gelder zum Teil prämienschädlich und zum Teil prämienunschädlich, so braucht er die Wohnungsbauprämien, die er für die bis zur Beleihung geleisteten Beiträge erhalten hat, nur dann teilweise zurückzuzahlen, wenn seine Sparbeiträge höher waren als die prämienschädlich verwendeten Beträge.

2. Ist dagegen der prämienschädlich verwendete Teil der Beleihungssumme höher als die vorher prämienbegünstigten Sparbeiträge, so sind die gewährten Wohnungsbauprämien in voller Höhe zurückzuzahlen.

 

Normenkette

WoPG 1960 § 2 Abs. 2; WoPDV § 2 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Revisionsbeklagte hat mit einer Bausparkasse einen Bausparvertrag über 20 000 DM geschlossen. Wegen der im Jahre 1963 geleisteten Beiträge von 1 155,54 DM ist ihm eine Wohnungsbauprämie von 312,20 DM gewährt worden.

Anfang 1965 forderte das FA die Wohnungsbauprämie zurück, weil der Revisionsbeklagte seine Ansprüche aus dem Bausparvertrag innerhalb der Sperrfrist beliehen habe. Die aus der Beleihung erhaltenen 20 000 DM habe er zwar mit 16 000 DM für den Wohnungsbau verwendet. Die Einzahlung der restlichen 4 000 DM auf den Bausparvertrag sei aber eine nicht begünstigte Verwendung gewesen.

Die Klage hatte Erfolg. Das FG führte aus: Es könne dahingestellt bleiben, ob das FA den Rückforderungsbescheid habe erlassen dürfen, nachdem ihm die Bausparkasse schon vor der Gewährung der Wohnungsbauprämie die Beleihung angezeigt habe; denn die Rückforderung sei jedenfalls aus einem anderen Grunde nicht berechtigt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 3 erster Halbsatz des Wohnungsbau-Prämiengesetzes (WoPG) in der Fassung vom 25. August 1960 (BGBl I 1960, 713, BStBl I 1960, 618) seien Beiträge an Bausparkassen zur Erlangung von Baudarlehen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 WoPG) zwar grundsätzlich nur prämienbegünstigt, wenn die Ansprüche aus dem Bausparvertrag vor dem Ablauf von sechs Jahren seit Vertragsschluß (Sperrfrist) nicht beliehen würden. Die Beleihung sei in diesem Fall jedoch ausnahmsweise prämienunschädlich, wenn der Prämienberechtigte die empfangenen Beträge unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwende (§ 2 Abs. 2 Satz 3 zweiter Halbsatz WoPG). Diese Vorschriften seien nicht so auszulegen, daß bei voller Beleihung der Ansprüche aus dem Vertrag und nur teilweiser Verwendung der dadurch erhaltenen Mittel zum Wohnungsbau der Bausparer die gewährte Wohnungsbauprämie voll zurückzahlen müsse. Bereits nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Wohnungsbau-Prämiengesetzes (WoPDV) in der Fassung vom 23. Juni 1961 (BGBl I 1961, 803, BStBl I 1961, 437) sei die Rückforderung ausgeschlossen, "soweit der Bausparer die (auf Grund der Beleihung) empfangenen Beträge unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet". Demnach komme nach der Auffassung der Bundesregierung höchstens eine teilweise, dem Verhältnis der prämienschädlich zu den prämienunschädlich verwandten Beträge entsprechende Rückforderung der Wohnungsbauprämie in Betracht. Bei Rückzahlung von Bausparbeiträgen vor dem Ablauf der Sperrfrist, die nicht begünstigt verwendet würden, seien jedoch die erhaltenen Beträge zunächst mit den Beiträgen zu verrechnen, die sich nicht prämien- oder steuerbegünstigt ausgewirkt hätten (Abschn. 22 Abs. 1 Satz 5 der Richtlinien zur Durchführung des Wohnungsbau-Prämiengesetzes - WoPR - 1960; Abschn. 93 Abs. 3 Satz 4 EStR 1962). Das gelte auch für den der Rückzahlung gleichgestellten Tatbestand der prämienschädlichen Beleihung. Schließlich könne sich ein teilweise prämienschädlicher Vorgang auch nur auf die zuletzt geleisteten Beträge auswirken (§ 2 Abs. 1 Sätze 2 und 3 WoPDV; Abschn. 93 Abs. 3 Satz 3 EStR), so daß also die zuletzt geleisteten Beiträge als zuerst beliehen gelten müßten. Im Streitfall habe der Kläger zwar die Ansprüche voll beliehen. Dieses prämienschädliche Verhalten sei aber zum Teil bereits dadurch geheilt worden, daß der Kläger 16 000 DM (= 80 v. H. von 20 000 DM) unverzüglich und unmittelbar zum Wohnungsbau verwendet habe. Die restlichen 4 000 DM müsse man zunächst auf die Bausparbeiträge des Klägers anrechnen, die sich nicht prämien- oder steuerbegünstigt ausgewirkt hätten bzw. die er zuletzt geleistet habe. Das aber seien die Beiträge von 4 000 DM, die der Kläger aus dem durch die Beleihung empfangenen Betrag von der Spar- und Darlehnskasse auf sein Bausparkonto habe überweisen lassen. Dem stehe nicht entgegen, daß diese Beiträge erst nach der Beleihung bei der Bausparkasse eingegangen seien; denn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise werde die Beleihung der Ansprüche aus dem Bausparvertrag erst wirksam, wenn der Bausparer den vereinbarten Kredit auch tatsächlich erhalten habe.

Mit seiner Revision rügt das FA die unrichtige Anwendung des § 2 Abs. 2 WoPG. Während das FA zunächst die Wohnungsbauprämie in vollem Umfange zurückgefordert hatte, nahm es später unter Hinweis auf ein Schreiben des Niedersächsischen Finanzministers an den BdF vom 6. Dezember 1966 an, daß sich die Tatsache, daß der Revisionsbeklagte einen Teil der durch die Beleihung empfangenen Gelder unmittelbar und unverzüglich zum Wohnungsbau verwendet hatte, auch auf die Höhe des Rückforderungsbetrags auswirke. Danach sollen 80 v. H. der geleisteten Beiträge prämienbegünstigt bleiben, so daß nur 20 v. H. der gewährten Wohnungsbauprämie (62,40 DM) zurückgefordert werden.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des FA muß zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.

Wie das FG zutreffend ausführt, führt die Beleihung der Rechte aus einem Bausparvertrag innerhalb der Sperrfrist grundsätzlich dazu, daß die für die geleisteten Beiträge gewährten Wohnungsbauprämien zurückzuzahlen sind. Die Beleihung ist nur unschädlich, wenn die auf Grund der Beleihung empfangenen Gelder unmittelbar und unverzüglich zum Wohnungsbau verwendet worden sind. Diese Voraussetzung ist hier nicht für den gesamten Beleihungsbetrag gegeben; denn es wurden nur 16 000 DM in dieser Weise verwendet, während die restlichen 4 000 DM in schädlicher Weise verwendet worden sind, wie der Senat im einzelnen in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil VI R 49/67 vom 22. März 1968 dargelegt hat.

Das FG will die Tatsache, daß nur ein Teil des Beleihungsbetrags prämienschädlich verwendet wurde, als eine nur zum Teil prämienschädliche Beleihung werten und will diese Schädlichkeit auf die 4 000 DM als die zuletzt eingezahlten Beiträge beziehen, so daß der Revisionsbeklagte nichts zurückzuzahlen brauche. Dieser Auffassung kann der Senat nicht folgen. Es ist richtig, daß in einer Beleihung, wenn nur ein Teil des Beleihungsbetrags prämienschädlich verwendet wird, nicht ohne weiteres eine (vorzeitige) Mobilisierung aller vor der Beleihung geleisteten Beiträge liegt und demgemäß nicht ohne weiteres alle Prämien für diese Beiträge zurückgezahlt werden müssen. Wie der Senat in dem Urteil VI R 293/66 vom 22. März 1968 (BStBl II 1968, 402) dargelegt hat, führt aber eine teilweise schädliche Verwendung der erhaltenen Mittel zu einer teilweisen Rückzahlung der erhaltenen Wohnungsbauprämie nur, wenn die bis zur Beleihung geleisteten Beiträge über den prämienschädlich verwendeten Beträgen liegen. Wenn der Bausparer z. B. auf seinen Bausparvertrag über 40 000 DM insgesamt 8 000 DM Beiträge geleistet hat und seine Rechte aus dem Vertrag zur Sicherung eines Kredits von 8 000, 20 000 oder 40 000 DM abtritt, dann braucht er die empfangenen Wohnungsbauprämien nur dann nicht in voller Höhe zurückzuzahlen, wenn er weniger als 8 000 DM prämienschädlich verwendet. Ist aber der prämienschädlich verwendete Betrag wie im Streitfall höher als die zur Zeit der Abtretung (Beleihung) geleisteten Beiträge, so sind die erhaltenen Wohnungsbauprämien voll zurückzuzahlen. Wie das FA mit Recht ausführt, müssen bei der Beurteilung der Frage, ob die geleisteten Beiträge durch die Beleihung vorzeitig mobilisiert worden sind, die auf Grund der Abtretung (Beleihung) empfangenen 4 000 DM außer Betracht bleiben, weil sie, wenngleich sie auf den Bausparvertrag eingezahlt wurden, zur Zeit der Abtretung (Beleihung) noch nicht eingezahlt waren. Auch wenn die Abtretung (Beleihung) erst im Zusammenhang mit der Kreditgewährung voll wirksam geworden ist, so kann doch - entgegen der Ansicht des FG - nicht außer Betracht bleiben, daß die aus der Abtretung (Beleihung) empfangenen 20 000 DM an den Revisionsbeklagten ausgezahlt und erst auf Grund der Beleihung erlangt worden sind.

Das angefochtene Urteil war danach aufzuheben. Die Sache ist, soweit es um die Schädlichkeit der Verwendung der 4 000 DM und ihre Auswirkung auf die dem Revisionsbeklagten gewährten Wohnungsbauprämien geht, spruchreif. Der Revisionsbeklagte kann allerdings, obwohl das FA die volle Prämie zurückfordern konnte, dem Antrag des FA entsprechend nur zur teilweisen Rückzahlung verurteilt werden.

Der Senat kann aber trotzdem nicht gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO abschließend über die Sache entscheiden, weil das FG - von seinem Standpunkt aus zutreffend - bisher offengelassen hat, ob sich gegen die Rückforderung des FA um deswillen Bedenken ergeben, weil das FA die Wohnungsbauprämie am 16. Oktober 1964 gewährt hat, obwohl ihm die Bausparkasse bereits am 19. Mai 1964 mitgeteilt hatte, daß der Revisionsbeklagte die Ansprüche aus dem Bausparvertrag beliehen hatte. Zu dieser Frage muß das FG nunmehr Stellung nehmen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68046

BStBl II 1968, 510

BFHE 1968, 82

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